Hamburg. Vergiftete Flüsse und verschwenderischer Konsum: Experten diskutierten darüber, wie die Modeindustrie die Umwelt verschmutzt.

Es müsse inzwischen jedem klar sein, dass an einem T-Shirt für 5 Euro Blut klebe! Bei der Diskussionsrunde über nachhaltige Kleidung legte Viola Wohlgemuth von Greenpeace gleich richtig los: „Hinter dem Catwalk verbirgt sich eine Welt, die du nicht sehen sollst!“ Und zwar eine dreckige Welt. In China sind die Flüsse teilweise Rot oder Grün verfärbt, je nachdem, welche Farbe gerade en vogue ist, oder blubbern toxisch vor sich hin, denn die Nass- und Waschprozesse von Kleidung finden meistens in Asien statt. Wohlgemuth hat selbst seit zehn Jahren kein neues Kleidungsstück erworben, sie geht zu Tausch-Partys, wenn ihr nach neuer Garderobe ist.

„Wasser ist die gefährdetste Ressource, die wir haben, doch die Textilindustrie vergiftet unsere Gewässer, und auch Zweidrittel aller Kleidungsstücke enthalten giftigen Chemikalien“, sagte die Greenpeace-Aktivistin. Die Umweltschutzorganisation hat eine „Entgiftet unsere Kleidung“-Kampagne gestartet, die bislang ziemlich erfolgreich verläuft: Bereits 80 Unternehmen, darunter große Player wie Adidas, H&M und Aldi (ahnt man nicht, ist aber einer der größten Textillieferanten in Deutschland) haben sich verpflichtet, bis 2020 Schadstoffe durch ungefährliche Substanzen zu ersetzen.

Fehlkäufe vermeiden

Doch wenn weiterhin nach dem Viel-und-billig-Prinzip gekauft werde, reiche auch das nicht, erklärte Thekla Wilkening von der Kleiderei. Die Gründerin des Kleider-Leihmodells (vier Stücke im Monat für 26 Euro) stellte dem Publikum die Frage, ob man Kleidung überhaupt besitzen müsse? Die Deutschen kaufen im Schnitt 100 neue Kleidungsstücke pro Jahr, 40 Prozent werden nur leider nie getragen, und so werden in Europa jedes Jahr 5,2 Millionen Tonnen Anziehsachen weggeworfen.

Wer sich Röcke oder Hosen miete (ein guter Anbieter für Damenmode ist auch „stay awhile“), vermeide Fehlkäufe und verfüge fortan über einen „unendlichen Kleiderschrank“, sagte Wilkening, denn die Stücke werden jeden Monat ausgetauscht. Ob das Verschicken von Paketen nicht auch ökologisch problematisch sei, fragte ein Herr aus dem Publikum. „Natürlich würde ich die Sachen am liebsten persönlich mit dem Rad vorbeibringen“, antwortete Wilkening. „Doch wenn du eine Revolution starten willst, dann musst du die Masse erreichen können.“

Große Mengen Wasser

Ein Blick in die Etiketten der Kleidung hilft, um zu wissen, wie ökologisch sie produziert wurde. Das Umweltbundesamt berechnete, dass 25 Prozent des weltweiten Insektizideinsatzes beim Anbau von Baumwolle anfallen. Die großen Mengen Wasser, die für den Anbau und die Verarbeitung von Baumwolle benötigt werden, lassen ganze Gebiete austrocknen, wie etwa den zentralasiatischen Aralsee. Das Label „Cotton made in Africa“ (von Dr. Michael Otto 2005 ins Leben gerufen) setzt an diesem Problem an, es schult die Kleinbauern, wie sie ihre Felder nach neuesten, umweltschonenden Methoden bestellen und ihre Baumwolle ohne dein Einsatz von Pestiziden schützen. Das Credo: Hilfe zur Selbsthilfe durch Handel.

Große Partner von Cotton made in Africa sind Bon Prix und Otto. Daran sehe man, dass nachhaltige Kleidung nicht unbedingt teuer sein müsse, sagte Christina Ben Bella, Fachfrau für zertifizierte Baumwolle der Aid by Trade Foundation.

Faire Mode kann sexy sein

„Grundsätzlich sollten wir Kleidung aber schon einen größeren Wert beimessen“, ergänzte Bina Nöhr, Hamburger Bloggerin (stryleTZ) und Modedesignerin aus dem Bereich Fair und Green Fashion. Vor zehn Jahren sei sie ein Fashion-Junkie gewesen, „ich hätte den kompletten H&M Katalog nachstellen können.“ Doch nun zeigt die Influencerin auf ihrem Instagram-Account, wie sexy faire Mode aussehen kann. „Sicher, der komplette Verzicht auf neue Kleidung wäre noch besser, aber ich fürchte, die Gesellschaft ist noch nicht ganz so weit.“ Die Veranstaltung wurde von der Hamburger Klimawoche organisiert, die in diesem Jahr vom 22. bis 29.9. stattfinden wird.

Die Veranstaltung wurde von der Hamburger Klimawoche organisiert, die in diesem Jahr vom 22. bis 29. September stattfinden wird.