Hamburg. Ermittlungen gestartet. Segelschiff war mit Containerschiff kollidiert und gesunken. Video zeigt Sekunden vor der Kollision.
Es schwimmt wieder: Das auf der Elbe bei Stade nach einer Kollision gesunkene historische Schiff "No. 5 Elbe" ist in der zu Montag gehoben worden. Jetzt liegt es am Pier in der Schwinge-Mündung.
Bei der Bergung waren nach Angaben von Joachim Kaiser von der Stiftung Maritim auch zahlreiche Schaulustige anwesend. Man habe wegen des hohen Publikumsandrangs kurzfristig ein Absperrgitter anbringen müssen. Zwölf spanische Bergungsexperten hatten den hölzernen Zweimaster mit großen gelben Hebesäcken, die mit Luft gefüllt waren, aus dem Schlick gehoben. Zugleich wurde das Wasser aus dem Schiff herausgepumpt.
Segelschiff erst kürzlich für 1,5 Millionen Euro saniert
Die Pumpen waren auch am Montagvormittag noch im Einsatz. Im Anschluss sollen die Begutachtungen folgen, von denen abhängt, wie das Schiff zurück nach Hamburg kommt. Also, ob es die ganze Strecke auf dem Wasser gezogen werden kann oder auf anderem Wege transportiert werden muss.
Wie groß der Schaden ist, ließ sich am Montagvormittag noch nicht sagen. Joachim Kaiser sagte aber: „Wir gehen fest davon aus, dass das Schiff bald wieder einsatzbereit sein wird.“ Der Zweimaster war erst kürzlich für 1,5 Millionen Euro saniert worden. „Wahrscheinlich hat das Schiff die Kollision nur wegen der Sanierung überlebt“, so Kaiser weiter.
Acht verletzte Personen
Nach der Kollision am 8. Juni mit einem Containerschiff hatte der Schiffsführer den 136 jahre alten Lotsenschoner noch bis ans Ufer der Schwinge, ein Nebenfluss der Elbe, manövriert. Dort sank das historische Segelschiff. Zuvor konnten alle 43 Menschen, davon 14 Besatzungsmitglieder, von der Feuerwehr und der DLRG gerettet werden. Bei der Havarie wurden acht Personen leicht verletzt.
Die Ermittlungen zur Unfallursache hat die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchungen, kurz BSU, übernommen. Mitarbeiter der Bundesbehörde waren bei der Bergung des Segelschiffes vor Ort. Angaben zum Ermittlungsstand macht das BSU derzeit nicht. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren“, erklärt Ulf Kaspera, Direktor der Bundesstelle. Für den Untersuchungsbericht der Behörde mit Sitz in Hamburg werden alle Beteiligten vernommen. Der 82 Jahre alte Schiffsführer sowie die Besatzungsmitglieder können dabei ihre Aussage verweigern, wenn sie sich selbst belasten würden.
Video dokumentiert die Sekunden vor der Kollision
Neben den Aussagen ist für die Ermittler der Bundesstelle auch eine Video interessant, das die letzten Minuten vor der Kollision dokumentiert. Auffällig ist dabei, dass mehrfach ein Schiffshorn ertönt und vermutlich vor der Kollision warnt. Zudem rufen Besatzungsmitglieder „hart backbord“, die Pinne des Segelschiffs wird aber in die falsche Richtung gedrückt. Wenige Sekunden später kommt es zur Havarie.
Auch die Polizei hat ihre Ermittlungen in diesem Fall aufgenommen. Im Unterschied zur Bundesstelle für Seeunfalluntersuchungen, die den Unfallhergang untersucht und anschließend Sicherheitsempfehlungen abgibt, erfolgt durch die Polizei auch eine strafrechtliche Verfolgung. Die Beamten ermitteln gegen den Schiffsführer wegen des Verdachts der Gefährdung des Schiffsverkehrs und der fahrlässigen Körperverletzung. Der 82-Jährige habe sich inzwischen einen Anwalt genommen.
Segelschiff war auf der falschen Fahrwasserseite unterwegs
Auch für die Ermittler der Polizei ist das Video, das ein Fahrgast gemacht hat, von besonderem Interesse und fließt in die Untersuchungen ein. Nach derzeitigen Ermittlungsstand war der Traditionssegler auf der falschen Fahrwasserseite unterwegs. "Segler müssen gegen den Wind fahren und somit auch das Fahrwasser kreuzen", erklärt Daniel Ritterskamp, Sprecher der Wasserschutzpolizei in Hamburg und fügt hinzu: "Allerdings dürfen Segler bei solchen Manövern niemanden gefährden."
Um den Unfall zu rekonstruieren, wollen die Ermittler auch den "Voyage Data Recorder" von Bord des Containerschiffs "Astrosprinter" auswerten. "So erfahren wir, welche Absprachen an Bord getroffen wurden", sagt Ritterskamp. Fest steht inzwischen auch, dass der Schiffsführer der "No. 5 Elbe" vor der Kollision mehrfach per Funk gewarnt wurde, aber nicht reagiert hatte. "Ein Grund dafür könnte sein, dass das Funkgerät nicht von jeder Stelle des Schiffes gehört wird. Zudem könnten andere Geräusche der Grund gewesen sein, warum die Warnungen nicht gehört wurden", so der Polizeisprecher.