Hamburg. Stiftung sorgt sich um historische Ausstattung. Kapitän zieht Rechtsbeistand hinzu. Die Besatzung hat eine eigene Sicht des Vorfalls.
Der gesunkene Traditionssegler "No. 5 Elbe" wird nach dem Unfall mit einem Containerschiff offenbar frühestens am Wochenende aus der Elbe geborgen werden können. Möglicherweise könnten sich die Arbeiten sogar noch bis zur kommenden Woche verzögern, heißt es aus dem Umfeld der Stiftung Hamburg Maritim. Noch immer ist keine endgültige Entscheidung über das richtige Vorgehen gefallen – die Stiftung sorgt sich sowohl um die Grundstruktur des 136 Jahre alten Schiffes als auch seine historische Innenausstattung.
Laut dem Stiftungsvorstand Joachim Kaiser habe es eine hohe Priorität, dass Holzverzierungen und die Einrichtung, darunter historische Kojen mit Stockbetten, gerettet werden können. "Das Innere des Schiffes ist das, was das Schiff in Verbindung mit seiner Bauweise und Geschichte zu einem Kulturdenkmal macht", sagt Kaiser. "Entsprechend müssen wir versuchen, es so gut wie möglich zu erhalten."
Bergung der "No. 5 Elbe" birgt Risiken
Das gesunkene Schiff, das backbordseitig von dem Containerschiff gerammt worden war, soll sehr vorsichtig geborgen werden. Dazu wird es voraussichtlich erst aufgerichtet und anschließend von einem Schwimmkran angehoben. '"Es gilt zu verhindern, dass das Schiff dabei in mehrere Teile bricht", sagte Joachim Kaiser. Die Versicherung hat bei der Planung das letzte Wort und wird ein Bergungsunternehmen auswählen.
Auch nach dem Herausheben des Schiffes wird Eile geboten sein. Sehr viel Schlick sowie Habseligkeiten schwämmen noch im Innenraum, so Kaiser. "Die Inneneinrichtung muss unbedingt getrocknet werden, bevor der Schlick sich verhärtet". Mit einer schnellen Trockenlegung könnten auch die drei Motoren des Schiffes möglicherweise noch gerettet werden. Die restliche Bordelektronik müsse dagegen in jedem Fall wohl ersetzt werden.
Kapitän des Lotsenschoners zieht Rechtsanwalt hinzu
Die Polizei ermittelt gegen den 82-jährigen Kapitän der "No. 5 Elbe", Dietmar P., wegen fahrlässiger Körperverletzung und der Gefährdung des Schiffsverkehrs. Er hat inzwischen einen Rechtsanwalt zu seiner Verteidigung hinzugezogen. Am Mittwoch sollte zudem ein Gespräch zwischen Dietmar P. und dem Stiftungsvorstand stattfinden. Der erfahrene Schiffserführer sei "tief erschüttert" von dem Unfall, hieß es nach Pfingsten aus der Stiftung. Gegenüber der Polizei machte er bislang keine detaillierten Angaben.
Die Ermittler werten derzeit noch Funksprüche und Radardaten aus. Nach Abendblatt-Informationen soll Dietmar P. auf mehrere warnende Funksprüche eines vorausfahrenden Frachters nicht reagiert haben. Wie aus dem Umfeld der Ermittlungen zu hören ist, machen mehrere andere Besatzungsmitglieder der "No. 5 Elbe" jedoch auch den Kapitän des Containerschiffes teilweise für die Kollision verantwortlich.
Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung eingeschaltet
Inzwischen hat sich auch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in die Aufklärung des Unfalls eingeschaltet. Bei der Kollision waren acht Menschen verletzt worden, darunter zwei Kinder. Die Polizei äußerte sich mit Blick auf die laufenden Ermittlungen noch nicht detailliert zum Unfallhergang.