Hamburg. Zwei Männer als unwissende Helfer? Erst kurz vor der Festnahme hätten sie die Drogen im Wert von 160 Millionen Euro gesehen.

Die mutmaßlich untere Hierarchie-Ebene des spektakulären und krachend gescheiterten Kokain-Coups vom vergangenen November hat Tabula Rasa gemacht. Zumindest sollten die von ihren Verteidigern am Donnerstag verlesenen, Erklärungen die beiden geständigen Angeklagten offenbar so aussehen lassen: wie kleine Helferlein, die eben nicht in den großen Plan eingeweiht waren. Als er an jenem 8. November auf dem Gelände einer stillgelegten Tankstelle an der Reginenstraße das in Pakete verpackte Kokain erstmals sah, habe ihn die „große Menge erschreckt“, heißt es gar in der Erklärung von Lorenzo U.

Prozessauftakt Anfang Mai: Fünf der acht Angeklagten (mit verdeckten Gesichtern) warten im Gerichtssaal neben ihren Verteidigern auf die Verlesung der Anklage.
Prozessauftakt Anfang Mai: Fünf der acht Angeklagten (mit verdeckten Gesichtern) warten im Gerichtssaal neben ihren Verteidigern auf die Verlesung der Anklage. © dpa | Axel Heimken

Eine Mitwirkung zu leugnen, wäre in diesem Fall wenig hilfreich, denn am 8. November 2018 hatte die Polizei die beiden Angeklagten und weitere Angeklagte beim Entladen der Tatbeute festgenommen. Als die Beamten zuschlugen, hatten sie von den in einem Lkw versteckten 1100 Kokain-Paketen mit einem Gesamtgewicht von 1,1 Tonnen bereits 1091 in einen Lagerraum gebracht und gestapelt. Ermittler schätzen den Straßenverkaufswert der Drogen auf rund 160 Millionen Euro.

Die Drogen kamen per Schiff aus Brasilien

Der Container mit dem Rauschgift war zwei Tage zuvor mit einem Schiff aus Brasilien im Hamburger Hafen angekommen. Die Kokain-Päckchen waren hinter einer Ladung Gelatine versteckt worden. Mit dem Lkw sollte der Container am 8. November nach Eberswalde transportiert werden, doch auf einem Parkplatz an der Autobahn 7 bei Garlstorf sollen fünf der acht angeklagten Männer den Laster abgefangen haben, indem sie eine Polizeikontrolle vortäuschten. Während drei Angeklagte in einem Pkw mit dem gefesselten Lkw-Fahrer nach Harburg fuhren, brachten Michael M. und Andrzey H. den Laster zur Entladung auf das Gelände an der Reginenstraße, so die Anklage.

SEK-Einsätze in Hamburg gegen Drogendealer

Polizeibeamten führen einen Mann ab.
Polizeibeamten führen einen Mann ab. © TV Newskontor
Die Polizei hat einen Mann festgenommen.
Die Polizei hat einen Mann festgenommen. © TV Newskontor
Polizisten führen einen Verdächtigen ab.
Polizisten führen einen Verdächtigen ab. © TV Newskontor
Die Polizeibeamten stellten Bargeld und Ausweispapiere sicher.
Die Polizeibeamten stellten Bargeld und Ausweispapiere sicher. © TV Newskontor
Die Polizisten stellten während des Einsatze Bargeld und Ausweispapiere sicher.
Die Polizisten stellten während des Einsatze Bargeld und Ausweispapiere sicher. © TV Newskontor
Ein festgenommener Mann liegt mit Handschellen am Boden.
Ein festgenommener Mann liegt mit Handschellen am Boden. © TV Newskontor
Die Polizei im Einsatz
Die Polizei im Einsatz © TV Newskontor
Schwerbewaffnete Polizeibeamte
Schwerbewaffnete Polizeibeamte © TV Newskontor
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Bereits im Oktober sei ihnen der Job angeboten worden, heißt es in den fast gleichlautenden Erklärungen der Angeklagten Lorenzo U. und Sammy C. am Donnerstag. Ob er Geld verdienen wolle, habe ihn „eine Person“ in einem Fitnessstudio gefragt, so Lorenzo U. Es ginge um den Transport und das Entladen von „Waren“. Ihm sei bewusst gewesen, dass die Tätigkeit „natürlich“ keinen legalen Hintergrund hatte, dennoch habe er eingewilligt. „Ich konnte das Geld gebrauchen“, so Lorenzo U. Beide Angeklagten gaben an, ihnen seien 5000 Euro versprochen worden, 500 Euro hätten sie jeweils als Vorschuss erhalten, außerdem ein Mobiltelefon mit zwei eingespeicherten Nummern.

Angeklagten bereuen Mitwirkung am Drogen-Deal

Per Handy seien sie angewiesen worden, einen Transporter bei einem Autoverleih nahe Hagenbecks Tierpark abzuholen. Auf dem Gelände an der Reginenstraße hätten sie stundenlang auf den Laster gewartet, gegen 18 Uhr sei er eingetroffen. Nachdem sie die Gelatine entladen hatten, seien sie auf die Kokain-Pakete gestoßen. „Mir war schnell klar, dass es sich um eine große Menge Kokain handelte“, so Lorenzo U. Plötzlich seien Polizisten auf sie zugestürmt und hätten sie festgenommen. Beide Angeklagten beteuerten, dass sie ihre Mitwirkung an dem Drogen-Deal bereuen. Der Angeklagte Markus G. will am nächsten Prozesstag aussagen.