Hamburg/Hannover. Niedersachsen will mit einem neuen Konzept für mehr Durchgangsverkehr im Hamburger Hauptbahnhof sorgen.
Die Fraktionen von SPD und CDU im niedersächsischen Landtag wollen mit neuen Vorschlägen den Schienennahverkehr im Hamburger Umland verbessern. Dazu zählen Ticketpreise, die künftig anders als bisher nach den um die Hansestadt Hamburg gezogenen Ringen bestimmt werden und Nahverkehrszüge, die nicht mehr zwangsläufig im Hamburger Hauptbahnhof enden. Die Vorschläge gehen aus einem Änderungsantrag für den Landtag in Hannover hervor, der dem Abendblatt vorliegt.
Der Änderungsantrag ist von der Fraktionen der CDU und SPD abgestimmt
„In beiden Fraktionen ist der Antrag abgestimmt, auch das Wirtschaftsministerium wurde einbezogen“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke dem Abendblatt. Der Änderungsantrag geht am kommenden Freitag in den Wirtschafts- und Verkehrsausschuss und soll am 18./19. Juni im niedersächsischen Landtag beschlossen werden.
„Jüngste Verbesserungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und dem Angebot des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) in der Metropolregion konzentrierten sich auf das Hamburger Stadtgebiet sowie auf die Landesgrenze nach Schleswig-Holstein. Insgesamt besteht bei der Stärkung des südlichen HVV-Netzes weiterer Nachholbedarf“, heißt es in der Antrags-Begründung.
Hauptbahnhof nur noch Zwischenstation für Regionalzüge?
Der Hamburger Hauptbahnhof gilt seit 2011 als überlastet, stellen SPD und CDU in ihrem Papier klar. Immerhin seien dort täglich 800 Nah- und Fernverkehrszüge, 1200 S-Bahnen und mehr als 500.000 Fahrgäste unterwegs. Für mehr Zugfahrten fehle es an Kapazitäten. So seien schon heute Gleise doppelt belegt.
Nahverkehrszüge aus dem Süden und aus dem Norden stören sich dabei zwar nicht, weil sie jeweils wieder in die Richtung abfahren, aus der sie gekommen sind. Das Gleis bleibe jedoch lange belegt. Der Vorschlag aus Hannover: Bahnsteige im Hauptbahnhof dadurch zu entlasten, dass Züge aus Richtung Norden weiter nach Süden, Züge aus Richtung Süden weiter nach Norden fahren – in beiden Fällen also über den Hauptbahnhof hinaus.
Stärkung des "ursprünglichen Charakters" des Hauptbahnhofs
Hierdurch könnten mittelfristig Gleise in voller Länge genutzt und damit bei stark genutzten Abfahrten mehr Waggons angehängt werden. Das Gedränge beim Aus- und Einstieg der Fahrgäste würde schon dadurch nachlassen, dass sie weitere Anschlussbahnhöfe ohne Umsteigen nutzen könnten.
Bei einer Doppelbelegung ist die Zuglänge auf maximal sieben Wagen begrenzt. Mit dem neuen Modell würde zudem „der ursprüngliche Charakter des Hauptbahnhofs Hamburg als Durchgangsbahnhof gestärkt“, heißt es in der Begründung zu dem Änderungsantrag.
Zusammenarbeit der Länder mit der Deutschen Bahn gefragt
„Gemeinsam mit Hamburg und Schleswig-Holstein sowie in Abstimmung mit der DB Netz und weiteren privaten Bahngesellschaften müssen wir jetzt prüfen, ob und wie durch eine Streckenführung über den Hamburger Hauptbahnhof hinaus Standzeiten verkürzt und Kapazitäten auf den Nord-Süd-Gleisen geschaffen werden können“, sagt Schönecke.
Um bei Regionalbahnen auf der Strecke Hamburg – Buchholz – Rotenburg/Wümme – Bremen zunächst überhaupt Züge mit sieben Waggons zu ermöglichen, soll die Landesregierung die Verlängerung der Bahnsteige an den Haltepunkten Hittfeld und Klecken vorantreiben. In diesem Zusammenhang soll gemeinsam mit der Landesnahverkehrsgesellschaft und den Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie der DB Station&Service ein Zeitplan entwickelt werden, um Regionalzüge kurz- und mittelfristig von sechs auf sieben Wagen aufzustocken.
180 Waggons sollen modernisiert werden
Problem dabei: Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) modernisiert seit Dezember 2018 rund 180 ihrer Wagen. Das Programm ist auf vier bis fünf Jahre angelegt und wird nach den Recherchen von SPD und CDU Kosten in Millionenhöhe auslösen. „Das bedeutet, dass für eine signifikante Entspannung im Nahverkehr im Hamburger Umland größere Investitionen notwendig sind“, sagt Schönecke.
Grundsätzlich setzt der CDU-Landtagspolitiker darauf, das Tarifsystems des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) weiter zu entwickeln. Die Landesregierung solle dazu „wohlwollend prüfen“, ob das bisherige Modell zu einem digitalen Bezahlsystem weiterentwickelt werden kann. Derzeit steigen die Preise mit der zunehmenden Entfernung zum Zentrum. „Ich könnte mit vorstellen“, erklärt Schönecke, „dass Fahrgäste beim Ein- und Ausstieg eine digitale Schranke passieren und die Kosten nach der jeweils zurückgelegten Strecke abgerechnet werden.“