Hamburg . SPD-Finanzsenator reagiert auf Vorwürfe gegen Hamburg Energie, für Grüne zu werben. CDU mit neuer Kritik.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hat sich in die Debatte über parteipolitische Werbung von städtischen Unternehmen eingeschaltet und neue Regeln angekündigt. Anlass war der Abendblatt-Bericht darüber, wie Hamburg Energie bei Facebook die jüngsten Wahlergebnisse bejubelt und die von den Grünen gewonnenen Bezirke in einer Karte extra herausgestellt hatte. Dies war von SPD, CDU und FDP als parteipolitische Werbung der Firma für die Grünen kritisiert worden.

Die Behörde von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne), der dem Aufsichtsrat von Hamburg Energie vorsitzt, hatte das kritisierte Facebook-Posting des Unternehmens selbst als Verstoß gegen die Neutralitätspflicht gewertet. Nach der Abendblatt-Anfrage löschte das Unternehmen den Beitrag und entschuldigte sich.

FDP: „Einschreiten der Aufsicht unausweichlich“

„Danke für die notwendige Klarstellung im konkreten Fall“, twitterte Finanzsenator Dressel am Freitag als Reaktion auf den Abendblatt-Bericht. Die Finanzbehörde werde „die parteipolitische Neutralitätspflicht in die in Vorbereitung befindliche Compliance-Rahmenrichtlinie für die öffentlichen Unternehmen mit aufnehmen“. Zuletzt hatte es immer wieder Debatten über die parteipolitische Neutralität städtischer Firmen gegeben.

„Es ist dringend notwendig, dass Senator Dressel die Compliance-Regeln für öffentliche Unternehmen anpasst und dem Verhalten des von Jens Kerstan beaufsichtigten Unternehmens Hamburg Energie damit einen Riegel vorschiebt“, sagte FDP-Fraktionschef Michael Kruse am Freitag. „Da Hamburg Energie auch im Nachgang zum eigenen Posting zunächst nicht bereit war, den Post zu löschen, ist ein Einschreiten der Aufsicht unausweichlich“, so der FDP-Politiker. „Dass die parteipolitische Beeinflussung grün beaufsichtigter Unternehmen öffentlich vom Koalitionspartner gerügt und unterbunden wird, sagt viel über den Zustand der Koalition aus. Die Koalitionspartner belauern sich mittlerweile argwöhnisch. In den nächsten neun Monaten wird bei Rot-Grün nicht mehr mit-, sondern gegeneinander regiert.“

Jens Kerstan: „Verletzung des Neutralitätsgebotes“

Auch der CDU reichen die Erklärungen aus der Umweltbehörde nicht aus. „Dass Kerstans Riesenapparat einen ganzen Tag braucht, um zu merken, dass ein Staatsunternehmen Jubel-Posts für seine Partei absetzt, ist wenig glaubwürdig“, sagte ihr Umweltpolitiker Stephan Gamm am Freitag. „Kerstan und sein Stab könnten von all den Problemen in ihrer Behörde, wie dem drohenden Fernwärmedebakel und den Sinnlos-Fahrverboten, abgelenkt gewesen sein. Dass Hamburg Energie nichts gelernt hat, wird dadurch erkennbar, dass noch immer eine grüne Jubelbotschaft zur Europawahl in der Chronik prangt.“ Zudem habe die CDU Hinweise, dass Hamburg Energie Werbung auf einem einschlägigen Online-Dating-Portal für „politisch motivierte Werbebotschaften schalten soll“. Gemeint ist offenbar Tinder.

SPD-Wirtschaftspolitiker Hansjörg Schmidt hatte Hamburg Energie ebenfalls kritisiert. Städtische Firmen seien zu politischer Neutralität verpflichtet, so Schmidt. „Dies gilt für Wahlkampf wie für die Kommentierung von Wahlergebnissen.“ Kerstans Sprecher Jan Dube hatte das ebenso eingeschätzt. „So etwas geht nicht“, sagte Dube. Senator Kerstan habe im Gespräch mit dem Geschäftsführer deutlich gemacht, „dass er hier eine Verletzung des Neutralitätsgebotes für öffentliche Unternehmen sieht“.