Hamburg. Wie viele Kreuze darf man machen und kann man ohne Wahlbenachrichtigungskarte abstimmen? Die wichtigsten Antworten zum Wahltag.

Zwei Wahlen an einem Tag, die eine regional bedeutend, die andere mit internationaler Strahlkraft. Zwei völlig unterschiedliche Wahlsysteme. Hier ein fast ein Meter langer Stimmzettel, aber nur eine Stimme – dort zwei dicke Hefte, in denen zehn Stimmen „kumuliert“ oder „panaschiert“ werden können. Keine Frage: Dieser 26. Mai 2019 ist nicht nur politisch spannend, er stellt die Wähler vor allem in Hamburg auch vor Herausforderungen. Das Abendblatt fasst daher die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Wahl zusammen.


Was wird gewählt?

In 28 EU-Staaten sind die Bürger aufgerufen, über die Zusammensetzung des Europaparlaments abzustimmen. Es hat zwar weniger Rechte als die meisten nationalen Parlamente. Dennoch hat es als oberste Vertretung aller EU-Bürger starken Einfluss auf die EU-Politik.

In einigen Bundesländern finden parallel noch weitere Wahlen statt, in Bremen etwa die der Bürgerschaft. In Hamburg werden die sieben Bezirksversammlungen gewählt. Deren Wahl war bis 2011 an die der Bürgerschaft gekoppelt, findet seit 2014 aber als eigene Abstimmung statt – das soll die Bedeutung der Bezirke stärken.


Wer ist wahlberechtigt?

Exakt 1.420.499 Hamburger ab 16 Jahren dürfen an den Wahlen zu den Bezirksversammlungen teilnehmen. Bei den Europa-Wahlen sind dagegen nur 1.302.505 Hamburger wahlberechtigt. Der Unterschied hat zwei Gründe: Erstens sind bei den EU-Wahlen die 28.102 Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren noch nicht wahlberechtigt. Und zweitens leben in der Hansestadt rund 100.000 EU-Ausländer, die aufgrund ihres Wohnsitzes in Hamburg bei den Bezirkswahlen in jedem Fall stimmberechtigt sind, beim EU-Urnengang aber nicht automatisch: Dann müssen sich diese Menschen entscheiden, ob sie ihre Stimme in ihrem Heimatland abgeben wollen (was eher die Regel ist) oder lieber an ihrem Wohnsitz Hamburg. Von dieser Möglichkeit machen nur wenige EU-Ausländer Gebrauch.


Was sind überhaupt Bezirke?

Hamburg ist in sieben Bezirke unterteilt, die aber, anders als etwa Gemeinden in Flächenländern, keine eigenständigen Gebietskörperschaften mit hoheitlichen Rechten sind, sondern Verwaltungseinheiten der Stadt Hamburg. Grob gesagt wird in den Bezirksämtern alles erledigt, was nicht von landesweiter Bedeutung ist und damit nicht in die Verantwortung von Senat und Fachbehörden fällt. Dementsprechend sind die Bezirksversammlungen offiziell auch keine Parlamente, sondern Verwaltungsausschüsse. De facto agieren sie aber wie regionale Volksvertretungen und haben großen Einfluss auf Entscheidungen auf Bezirks- und Stadtteilebene. Die Bezirksamtsleiter werden zum Beispiel vom Senat nur auf Vorschlag der Bezirksversammlungen ernannt.

Muster-Stimmzettel für die Bezirkslisten
Muster-Stimmzettel für die Bezirkslisten © Landeswahlamt


Wie funktioniert die Europawahl?

Ganz einfach: Der zehnfach gefaltete Stimmzettel ist zwar abschreckende 96 Zentimeter lang. Aber jeder Wähler kann nur ein Kreuz machen – damit entscheidet er nur über die Sitzverteilung im EU-Parlament.


Wie funktioniert die Bezirkswahl?

Hier ist das Wahlrecht komplizierter und entspricht im Prinzip dem bei Bürgerschaftswahlen. Jeder Wähler hat insgesamt zehn Stimmen: Je fünf für die Bezirkslisten und für die Wahlkreise, die er nach Belieben kumulieren (anhäufen) oder panaschieren (aufsplitten) kann.

Mit dem gelben Bezirkslisten-Stimmheft entscheiden die Wähler über die Sitzverteilung in ihrer Bezirksversammlung. Sie können alle fünf Stimmen in diesem Heft einer Partei oder einem Kandidaten geben oder aber auch auf verschiedene Parteien und Kandidaten aufteilen. Dabei gilt: Ob Sie ihre Kreuze bei der „Gesamtliste“ einer Partei machen oder direkt Kandidaten dieser Partei geben, ändert nichts an dem Gewicht der Stimmen und an der Sitzverteilung. Aber: Jede Stimme, die direkt auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten entfällt, erhöht dessen Chance auf ein Mandat. Die Wähler haben damit also die Möglichkeit, die von Parteien festgelegte Reihenfolge zu verändern.

Mit dem roten Wahlkreis-Stimmheft wird ausschließlich darüber abgestimmt, welche Vertreter aus Ihrem Wahlkreis in die Bezirksversammlung einziehen. Jeder Bezirk ist dafür in fünf bis zehn Wahlkreise aufgeteilt, hamburgweit gibt es 54. Im Wahlkreis-Stimmheft können Sie keine Liste, sondern nur direkt Kandidaten ankreuzen. Auch hier haben Sie fünf Stimmen, die Sie anhäufen oder verteilen können. Ganz wichtig für beide Hefte: Weniger als fünf Kreuze zu machen ist erlaubt, aber bei mehr als fünf Kreuzen wird der Stimmzettel ungültig.


Wie kann ich mich informieren?
Die Bürgerschaft hat eigens die Website www.du-bist-entscheidend.de eingerichtet und informiert dort über die Parteien, Wählervereinigungen und Einzelpersonen, die zur Wahl stehen. Alle 1540 Kandidierenden der Bezirksversammlungswahlen werden dort ebenso vorgestellt wie die 34 Hamburger Kandidierenden für das Europaparlament.


Kann ich noch Briefwahl beantragen, zum Beispiel bei Krankheit?

Die Frist zur Beantragung von Briefwahlunterlagen ist zwar am Freitag, 18 Uhr, abgelaufen. Bei plötzlicher Erkrankung kann die Briefwahl aber auch noch am Wahlsonntag bis 15 Uhr beantragt werden. Der Briefwahlantrag, der der Wahlbenachrichtigung beigefügt ist, enthält die Möglichkeit, eine Person zu bevollmächtigen, die die Unterlagen in der Wahldienststelle abholen darf. Der Antrag muss vom Wähler persönlich unterschrieben sein und die Krankheit muss belegt werden, etwa durch ein Attest.

Muster-Stimmzettel für die Wahlkreis-Kandidaten
Muster-Stimmzettel für die Wahlkreis-Kandidaten © Landeswahlamt


Was tue ich, wenn ich meine Briefwahlunterlagen nicht erhalten habe?

Das kommt vereinzelt vor – mal liegt der Fehler bei der Wahlbehörden, mal bei der Zustellung. Systematische Probleme gebe es aber nicht, so das Landeswahlamt. In jedem Fall gilt: Sie können Sie noch bis Sonnabend, 12 Uhr, in Ihrer Wahldienststelle einen Ersatzwahlschein mit Briefwahlunterlagen beantragen. Wichtig: Wer Briefwahlbeantragt hat, kann nicht im Wahllokal wählen.

Bis wann muss ich meine Briefwahlunterlagen abgeben?

Die roten Umschläge mit den Wahlbriefen müssen bis spätestens am Wahlsonntag um 18 Uhr bei der Bezirkswahlleitung eingegangen sein. Man kann sie auch direkt im Bezirksamt abgeben oder dort in den Briefkasten einwerfen.

Was tue ich, wenn ich meine Wahlbenachrichtigungskarte verloren habe?

Abstimmen kann man auch ohne Vorlage der Karte: Dann muss man stattdessen seinen Personalausweis oder Reisepass vorlegen. Welches Wahllokal für einen zuständig ist, erfährt man online mit dem Wahllokalfinder oder telefonisch unter der Wahl-Hotline (siehe unten).


Wie viele Bürger haben schon per Briefwahl gewählt?

Bis Freitag, 15.45 Uhr, hatten bereits 305.000 Wähler Briefwahlbeantragt – das sind rund 100.000 oder 50 Prozent mehr als 2014. Landeswahlleiter Oliver Rudolf wollte sich noch nicht festlegen, ob das nur dem generellen Trend zur Briefwahl geschuldet ist oder auf eine steigende Wahlbeteiligung hinweist.

Wann ist mit den Wahlergebnissen zu rechnen?

Während die Europawahl noch am Sonntag ausgezählt wird und bis zum späten Abend mit Ergebnissen zu rechnen ist, werden die Bezirkswahlen erst am Montagmorgen ausgezählt, ab etwa 10 Uhr rechnet das Statistische Amt mit der Vorlage der Ergebnisse. Alle Prognosen, Hochrechnungen und Ergebnisse finden Sie selbstverständlich auch auf abendblatt.de.


Noch Fragen offen?

Die Stadt hat eine Wahl-Hotline eingerichtet: Sie ist am Sonnabend und Sonntag von 8 Uhr bis 18 Uhr unter der Telefonnummer 115 zu erreichen.