Hamburg.

Landeswahlleiter Oliver Rudolf hat vor der Europawahl sehr viele Briefe verschickt. Allein 100.000 Schreiben gingen an die Unionsbürger, die in Hamburg leben, aber noch nicht im Wählerverzeichnis stehen. Sie wurden auf die Möglichkeit hingewiesen, sich eintragen zu lassen.

Wenn ein ausländischer Unionsbürger die Aufnahme ins Wählerverzeichnis beantragt, erhält der Bundeswahlleiter im elektronischen Verfahren eine Mitteilung und informiert den Heimatmitgliedsstaat. Im Melderegister werde dann gespeichert, dass der Betreffende bei der nächsten Europawahl automatisch aufgenommen werde, so Rudolf – auch wenn derjenige umzieht.

Rund 103.800 Bürger aus der Europäischen Union mit alleiniger oder Hauptwohnung, die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind, leben in Hamburg, Davon wurden etwa 2500 in das vorläufige Wählerverzeichnis in Hamburg aufgenommen. Dazu kommen die Menschen, die Doppelstaatsbürger sind und in Deutschland oder in ihrem EU-Herkunftsmitgliedsstaat wählen dürfen.

Ihre genau Zahl steht nach Angaben von Alice Mannigel, Sprecherin des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein, nicht fest. Laut Mi­krozensus 2017 gibt es in Hamburg 52.000 deutsche Doppelstaatler (sie besitzen also neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch eine weitere). „Von den 52.000 Personen hatten 17.000 Personen als zweite eine EU-Staatsangehörigkeit“, so Mannigel. Eine Ausweisung nach Altersgruppen sei aber nicht möglich, so die Sprecherin. Deshalb ist auch unklar, wie viele davon tatsächlich wahlberechtigt sind.

Jeder darf nur einmal wählen – sonst macht er sich strafbar

2014 gab es große Aufregung, als der Doppelstaatsbürger und Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo zugab, er habe für zwei Länder abgestimmt – für Italien und für Deutschland. „Das sollte grundsätzlich nicht möglich sein“, sagt Landeswahlleiter Rudolf. Weil es seit 1999 ein Datenaustauschsystem gebe, das „mehr oder weniger gut funktioniert“.

Lebt ein Hamburger im EU-Ausland, muss er in Hamburg einen Antrag stellen, um für Deutschland wählen zu dürfen. „Wir schicken dann eine Durchschrift an den Bundeswahlleiter“, sagt Rudolf. Würde er dagegen in Frankreich wählen wollen und einen Antrag auf Aufnahme ins dortige Wählerverzeichnis stellen, „dann würde der Bundeswahlleiter von Frankreich eine Mitteilung bekommen“. Das sollte im elektronischen Austauschverfahren erfolgen. Wer im Hamburger Wählerverzeichnis eingetragen ist, bleibe darin, so Rudolf, und eben auch dann, wenn er umzieht. Nur beim Umzug ins Ausland erlösche der Eintrag. Ein europäisches Melderegister, wie es immer wieder diskutiert wird, gibt es nach wie vor nicht.

Doppelstaatler im Inland mit deutscher und einer weiteren Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates brauchen hier keinen Antrag zu stellen, sie werden automatisch in das Wählerverzeichnis aufgenommen wie alle anderen deutschen Wahlberechtigten im Inland. Er müsse darin grundsätzlich jeden Deutschen aufnehmen, der laut Hamburger Melderegister bei der Europawahl wahlberechtigt ist, sagt Rudolf. Hier habe man aber keine Informationen darüber, ob auch andere Staaten in der EU Doppelstaatler auf die Möglichkeit zur Aufnahme in das dortige Wählerverzeichnis hinwiesen.

Eines sei aber klar: „Jeder darf nur einmal wählen. wer doppelt wählt, macht sich strafbar.“ Darauf stehen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Gegen di Lorenzo war das Verfahren wegen geringer Schuld gegen eine finanzielle Auflage beendet worden. Wie hoch diese Zahlung war, ist nicht bekannt.