Hamburg. Frederik und Gerrit Braun: Die Gründer des Miniatur Wunderlands zitieren Artikel 14 „Eigentum verpflichtet“.
Gerrit: Das Grundgesetz ist ein wundervolles, fast philosophisches Werk. Die wenigsten wissen, was für eine wunderbare Verfassung wir haben. Sonst würde es in unserem Lande anders aussehen.
Frederik: Die philosophischen Dinge entstehen meistens, wenn etwas am Boden ist, aus dem Staub heraus. Wir haben die schwärzeste Zeit erlebt, weil wir so ein tolles Grundgesetz nicht hatten. Deutschland war nach den Schrecken der Nazizeit und des Zweiten Weltkriegs am Boden. Die Situation war emotional perfekt, so ein Meisterwerk zu erschaffen. Die Jahre davor haben so klar bewiesen, warum wir so eine starke, stabile Verfassung brauchen.
Dessen sollte man sich immer erinnern, dass so etwas nicht wieder passieren darf. Das kann einen ganz schnell wieder einholen. Wenn man es möchte, kann einen das Bewusstwerden der Verfassung ganz schön glücklich machen. Insgesamt ist das Grundgesetz eine tolle Sache. Und viele Artikel sind auch eindeutig. Aber gerade der Artikel 14, der besagt, dass Eigentum verpflichtet, könnte konkreter formuliert sein. Wozu verpflichtet Eigentum? Was ist mit meinem Haus, meinem Auto? Was habe ich zu beachten?
Gerrit: Je mehr du hast, desto größer ist die Verpflichtung, auch dem Gemeinwohl zu dienen. Du kaufst dir keinen gelben Lamborghini, um mit 123 Dezibel über den Gänsemarkt zu knallen. Oder die 100-Millionen-Jacht. Das steht da drin: Das machst du nicht.
Frederik: Es ist schon eine Auslegungssache. Der Egoist würde es vielleicht anders verstehen als der, der gern teilt. Wenn man das Glück hat, Besitz zu haben, sollte man auch dafür dankbar sein. Wir sollten uns vergegenwärtigen: Was besitzen wir? Wenn wir diese Verpflichtung des Eigentums positiv auslegen, würde sich ganz viel tun.
Gerrit: Versuche, deinen Besitz für etwas zu verwenden, was zugleich dem Allgemeinwohl dient. Die Väter des Grundgesetzes haben nicht geahnt, wie weit die Schere zwischen Arm und Reich eines Tages auseinander gehen würde. Wir haben ein wunderbares Grundgesetz. Und wenn die großen Konzerne sich auch daran halten würden, wäre die Welt noch besser.
Ich würde es gern den Top-Managern auf den Tisch knallen, nach dem Motto: Lies das. Die halten sich grundsätzlich nicht ans Gemeinwohl. Reformbedürftig beim Grundgesetz wäre vielleicht die Sprache. Sie stammt ja aus der damaligen Zeit, ist eine juristische Sprache und sehr abgehoben. Wenn man das in eine zeitgemäße Sprache hereinholen würde, wäre das ein Bestseller.
Frederik: Andererseits ist es auch eine getragene, würdevolle Sprache, die die Bedeutung des Grundgesetzes noch unterstreicht. Und ich finde auch, dass es wichtig ist, den 70. Jahrestag der Verfassung zu würdigen. Man hat nur Vorteile, warum man daran denken sollte. Es gibt so viele Menschen, die sich nicht damit befassen. Wenn du es liest, es ist toll. Sich dessen zu gedenken, ist eine Riesenchance!
Gerrit: Wenn das Grundgesetz 70 Jahre alt ist, leben aktuell 90 Prozent der Bürger unseres Landes, ohne je eine andere Zeit, eine Zeit ohne diese tolle Verfassung, gekannt zu haben. Das Grundgesetz braucht eine Lösung, dass dieser Wert und die Wichtigkeit gesehen werden. Aber was das sein soll, kann ich dir nicht sagen.
Frederik: Da habe ich eine Idee: Lasst uns noch stärker versuchen, die vielen Geflüchteten so zu integrieren, dass sie unsere Verfassung leben können. Sie haben anderes erlebt und werden uns das Geschenk in unseren Händen erklären können.
Gerrit: Und steht da eigentlich, dass Eigentum immer „kapitalistisch“ sein muss? Kann das nicht auch Selbstvertrauen oder Liebe sein? Oder Gelassenheit, Demut, Freude, Achtsamkeit, Kreativität, Kochkunst, Stimme, na klar auch Geld, Kontakte, Verständnis? Für mich kann Artikel 14 auch die Grundlage dafür sein, dass in der Gesellschaft die Fähigkeit entsteht, wirklich zusammenzu- arbeiten und zu leben. Auf eine Art, die nicht alle über einen Kamm schert. Tja, eine Lebensaufgabe.