Hamburg. Die von der FDP geforderte Aktenvorlage wird wohl scheitern. Die CDU will dem Antrag nicht zustimmen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Ermittlungsverfahren gegen 15 Abgeordnete der Bezirksversammlung Nord in der Rolling-Stones-Ticketaffäre eingestellt. Der Vorwurf der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Annahme von Frei- oder Vorzugskarten für das Konzert der britischen Rockband am 9. September 2017 im Stadtpark ließ sich nicht erhärten.

Einer der Abgeordneten ist der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksversammlung Nord, Thomas Domres, der sein Amt nach Bekanntwerden der Vorwürfe ruhen gelassen hatte, aber zur Bezirksversammlungswahl am 26. Mai antritt. Eine anonyme Anzeige vom 22. August 2018 gegen Domres hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Wie berichtet, hatte der frühere Nord-Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) 100 Freikarten und 300 reservierte Kaufkarten an Mitarbeiter, Parteifreunde, Senatsmitglieder und Abgeordnete verteilt. Da die Staatsanwaltschaft über die Listen mit den Namen derjenigen verfügt, die Karten angenommen haben sollen, wurden die Ermittlungen auf die 14 weiteren Bezirksabgeordnete ausgeweitet.

Im Zentrum der Affäre steht Ex-Bezirksamtsleiter Rösler

Zwar sieht es die Generalstaatsanwaltschaft als erwiesen an, dass die Abgeordneten die Tickets angenommen haben. Für Mandatsträger generell gelten aber beim Vorwurf der Bestechlichkeit besondere Voraussetzungen. Die Annahme eines Vorteils – wie des Stones-Tickets – muss direkt mit einer mandatsspezifischen Handlung verknüpft sein. „Eine solchermaßen qualifizierte Unrechtsvereinbarung – etwa hinsichtlich eines Verzichts des Beschuldigten auf eine parlamentarische Erörterung oder Beschlussfassung in der Bezirksversammlung – ließ sich trotz eingehender Prüfung nicht beweiskräftig feststellen“, erklärte die Staatsanwaltschaft.

In diesem Punkt sind auch die Ermittlungen gegen Ex-Bezirksamtschef Rösler eingestellt worden. Rösler steht aber weiterhin im Zentrum der Ticket-Affäre: Gegen ihn, einen weiteren Mitarbeiter des Bezirksamts sowie zwei Mitarbeiter des Konzertveranstalters FKP Scorpio ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Dabei geht es vor allem um den Vertrag zwischen dem Bezirksamt und dem Veranstalter des Stones-Konzerts.

Sieben Verfahren haben bereits zu einer Anklage geführt

Aus diesem sogenannten Mutterverfahren sind mehr als 30 Einzelverfahren ausgegliedert worden, in denen nach wie vor gegen Männer und Frauen ermittelt wird, die Frei- oder Vorzugskarten von Rösler angenommen haben sollen. In bislang acht weiteren Fällen wurden die Ermittlungen mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Sieben Verfahren haben bereits zu einer Anklage geführt: gegen die frühere Staatsrätin Elke Badde, die zwischenzeitlich designierte Bezirksamtsleiterin Yvonne Nische (beide SPD) und sechs weitere Bezirksamtsmitarbeiter in gehobenen Positionen.

Unterdessen scheint es unwahrscheinlich, dass der FDP-Bürgerschaftsantrag auf Vorlage aller Akten, E-Mails und sonstiger Dokumente zum Thema Stones-Konzert, über den das Abendblatt exklusiv berichtet hatte, die nötige Zustimmung erhält. Ihm müssten laut Hamburgischer Verfassung mindestens 25 Abgeordnete zustimmen. Die FDP selbst stellt nur neun Abgeordnete, hatte aber auf Zustimmung der CDU mit ihren 20 Mandatsträgern gehofft. Die aber will den Antrag vorerst nicht unterstützen.

„Jetzt ist nicht die Zeit, monatelang Akten zu wälzen“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll dem Abendblatt. „Der Bürgermeister als damals zuständiger Senator muss endlich Klarheit schaffen. Die Salamitaktik muss enden und der größte Skandal auf Bezirksebene seit Jahren noch vor der Bezirkswahl aufgeklärt werden“, forderte Trepoll. Das sei Peter Tschentscher „den Hamburgern schuldig, die am 26. Mai entscheiden müssen, ob sie weiter diesen SPD-Filz mittragen wollen“, so Trepoll.

CDU: Bürgermeister muss Regierungserklärung abgeben

„Wir fordern, dass er in der nächsten Bürgerschaftssitzung im Rahmen einer Regierungserklärung klar Stellung bezieht und Licht in die Angelegenheit bringt“, sagte der CDU-Politiker. Wenn Tschentscher dies nicht tue, könne man allerdings später andere Instrumente nutzen – neben einem Aktenvorlageersuchen auch etwa einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA).

FDP-Fraktionschef Michael Kruse zeigte sich enttäuscht von der Entscheidung der CDU. „Warum sich die CDU-Fraktion daran nicht beteiligen möchte, ist rätselhaft“, sagte Kruse. Der Antrag könne zur Not auch ohne die CDU das nötige Quorum erreichen, hieß es aus der FDP-Fraktion.