Hamburg. Die 7b der Julius-Leber-Schule aus Schnelsen plant im August ein großes Abenteuer. Route verlangt den Wanderern einiges ab.

Klassensprecherin Karin Pulc (13) geht mit gutem Beispiel voran. Täglich will sie jetzt Ausdauersport treiben. Auch die anderen Schülerinnen und Schüler der Klasse 7b werden mitmachen, möglichst jeden Tag joggen und ein Krafttraining absolvieren. Denn die Zeit drängt, damit alle fit sind.

Die zwölf bis 13 Jahre alten Schüler der Julius-Leber-Schule in Schnelsen stehen vor der bislang größten Herausforderung ihres Lebens – sie wollen mit ihren Lehrern Hannah Jonas und Simon Kutzner und zwei weiteren Betreuern im August die Alpen überqueren. Zu Fuß.

Los geht es gleich am ersten Schultag nach den Sommerferien. Am Donnerstag, 8. August, mit der Bahn nach Oberstorf und dann auf dem Europä­ischen Fernwanderweg E5 rund 140 Kilometer weit nach Meran, das ist der Plan. Die Rückkehr ist für den Sonnabend, 17. August, 24 Uhr, in Hamburg geplant. Am Montag darauf beginnt dann wie gewohnt der Unterricht.

„Schüler sollen Selbstwirksamkeit erleben“

Was einst der Karthager Hannibal mit seinen Elefanten und der deutsche König Heinrich IV. mit seinem berühmten Gang nach Canossa schafften, wollen auch die 25 Mädchen und Jungen erreichen – zu deutlich komfortableren Bedingungen auf der touristisch exzellent erschlossenen Route des Europäischen Fernwanderweges E5.

Die Julius-Leber-Schule in Schnelsen trägt den Namen des SPD-Reichstagsabgeordneten und NS-Widerstandskämpfers Julius Leber (1891 bis 1945), gehört mit 1700 Schülern zu den größten Hamburger Schulen und ist für inklusives Lernen bekannt. Ein neues pädagogisches Konzept trägt den Titel „Herausforderung“. Und genau darum geht es bei dem Projekt der Alpenüberquerung. Lehrer Kutzner stammt aus dem bayerischen Schongau, kam wegen des für ihn attraktiven Hamburger Bildungssystems in die Hansestadt und sagt: „Die Schüler sollen Selbstwirksamkeit erleben.“ Das bedeutet, schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können.

Einige Schüler haben Angst

Bekanntlich verlangt die Route den alpinen Wanderern einiges ab. Die Similaunhütte am Niederjoch ist mit 3019 Metern Höhe der Gipfel der Tour. Danach führt der letzte Talabstieg auf 325 Meter hinab. Für die Oberschenkel ist das Zammer Loch mit ungefähr 1800 Metern Abstieg die wohl größte Herausforderung. Im Schnitt wollen die Hamburger Schüler täglich zwischen fünf und neun Stunden unterwegs sein. Übernachtet wird in Berghütten.

„Einige Schüler haben Angst, wollen aber nicht offen darüber sprechen“, sagt Klassensprecherin Karin Pulc. Neben den sportlichen Herausforderungen spiele die Trennung von Eltern und Geschwistern eine Rolle. „Für viele ist es das erste Mal, zehn Tage lang von den Eltern weg zu sein“, sagt sie.

Klasse hat Teamgeist

Es ist aber nicht das erste Mal, dass Hamburger Schüler die Alpen überqueren. Vorreiter waren im Schuljahr 2006/2007 Mädchen und Jungen der Winterhuder Stadtteilschule. Ihr Erfolg spornte nicht nur die Berliner Heinz-Brandt-Schule, sondern eben auch die Julius-Leber-Schule an. Ein Hamburger Schüler, der damals dabei war, wird im August die Klasse 7b sachkundig begleiten.

Auch wenn noch viel zu trainieren und vorzubereiten ist, werden alle mitmachen, ist sich Klassensprecher Shirsad Zarrini (13) sicher. „Wir werden uns gegenseitig helfen, damit keiner auf der Strecke bleibt.“

Dass die Klasse über Teamgeist verfügt, hat sie bereits unter Beweis gestellt. Um die Reise inklusive Bahnkosten zu finanzieren, wurden 5000 Euro gesammelt. Zum Beispiel mit musikalischen Auftritten in Hotels und Senioren­heimen. Wer aus finanziell schwachen Verhältnissen stamme, werde unterstützt, sagt Lehrer Kutzner.

Gepäck nicht schwerer als zehn Kilogramm

Jetzt müssen sich die jungen Wanderer entsprechende Ausrüstung für die große Reise bei Wind und Wetter besorgen. Das Gepäck soll nicht schwerer als zehn Kilogramm sein. Karin Pulc will auf jeden Fall eine Ersatzhose, ein Foto ihrer Familie und einen kleinen Stoffhasen einpacken.

„Smartphones dürfen von den Schülern nicht mitgenommen werden“, sagt Lehrer Kutzner. Er plant, die Eltern regelmäßig selbst per SMS über die neuesten Ereignisse zu informieren. Ansonsten ist er optimistisch. „Diese Herausforderung wird gelingen, und zwar gemeinsam.“