Hamburg. Im neuen MINTarium in Mümmelmannsberg kann spielerisch experimentiert werden. Der Bürgermeister bekam gleich Nachhilfe.

Unschlüssig dreht Peter Tschentscher den blauen Würfel in seiner Hand hin und her. Was soll er damit tun? Der 53-Jährige steht an einem Holztisch, auf dem sich bunte Klötze und Kugeln stapeln. Dahinter haben sich Fotografen und Kameraleute aufgebaut, in Erwartung irgendeiner Aktion des SPD-Bürgermeisters, der sich nun von zwei Lehrerinnen die Übung erklären lassen will. Plötzlich zwängt sich ein kleines Mädchen durch den Pulk und springt Tschentscher zur Seite. „Ich weiß, wie das funktioniert“, ruft Kaya (9).

Dann erklärt sie, dass je nach Würfel bestimmte Zahlen unterschiedlich oft vorkommen. Wer einen Würfel erwischt, auf dem mehr höhere Zahlen stehen als auf dem Würfel, den der Mitspieler bekommt, ist im Vorteil. Es geht also um Wahrscheinlichkeiten. Die beiden würfeln – und es wird schnell klar, wer das Nachsehen hat. „Du hast mich überrundet“, ruft Tschentscher und grinst. Kaya erklärt ihm gleich noch die nächste Übung. Der Bürgermeister beugt sich zu Schulsenator Ties Rabe (SPD), der mit am Tisch steht: „Hier muss man ganz schön knobeln, meine Herren ...“

Kaya, die Mathematik mag, aber derzeit noch vorhat, später einmal Tierärztin zu werden, gehört zur Zielgruppe des neuen MINTariums in Mümmelmannsberg, das Tschentscher und Rabe am Mittwoch offiziell eröffneten. Gewidmet den MINT-Fächern (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), richtet sich das Erlebnislabor an Hamburger Schüler ab Klasse drei, an Lehrer und die interessierte Öffentlichkeit. Es ist nun neben dem Schülerforschungszentrum Hamburg an der Grindelallee in Rotherbaum die zweite große von der Stadt geförderte Einrichtung, in der vor allem Kinder und Jugendliche spielerisch experimentieren und forschen können.

Stadt investierte 3,3 Millionen Euro

Für alle Interessierten geöffnet sein wird die Mitmach-Dauerausstellung Mathematik im MINTarium, das sich neben der Stadtteilschule Mümmelmannsberg befindet. Nur für Schulklassen gedacht sind weitere Angebote in dem Gebäude: Werkstätten zu den Themen Schiffbau, Luftfahrt und computergestützte Kon­struktion und Fertigung (CAD/CAM) sowie Exponate und Angebote zur Robotik.

Für alle Angebote werden nach der dreiwöchigen Eröffnungsphase geringe Gebühren anfallen. Informationen dazu soll es von Ende April an auf der Internetseite des MINTariums geben. Für das Labor auf insgesamt 1450 Quadratmeter Fläche haben Stadtentwicklungs- und Schulbehörde, der Landesbetrieb Schulbau Hamburg und der Bezirk Mitte zusammen rund 3,3 Millionen Euro investiert. Davon stammen rund 1,9 Millionen Euro aus Mitteln des Rahmenprogramms integrierte Stadtentwicklung (RISE).

Es heiße oft, dass Technik nur etwas für Spezialisten sei, was Schüler entmutigen könne, sagte Peter Tschentscher. „Aber man muss ja auch nicht gleich in der Bundesliga anfangen, sondern kann erst einmal ein bisschen kicken, um zu sehen, ob einem das liegt.“ Das MINTarium­ biete einfache Zugänge zu verschiedenen mathematisch-naturwisenschaftlichen Phänomenen. Tschentscher betonte, die Naturwissenschaften seien „für alle da“. Er berichtete von einem Treffen mit Airbus-Technikchefin Grazia Vittadini. Die Italienerin zeige, dass herausragende Technik-Jobs nicht nur Männern vorbehalten sein müssen.

Naturwissenschaften „greifbar“ machen

Der Leiter des MINTariums, Thomas Hagemann, hat 19 Jahre lang als Biologie- und Chemielehrer an der Max-Brauer-Schule in Altona gearbeitet. Vor allem Mädchen hätten sich in seinem Unterricht oft schwer mit Naturwissenschaften getan, weil diese wenig „greifbar“ seien, erzählte Hagemann. Das MINTarium soll hier Abhilfe schaffen.

Das funktioniert offenbar gut, zumindest nach der Erfahrung von Matthias Sannmann. Der Grundschullehrer in Mümmelmannsberg hatte das Labor schon vor der offiziellen Eröffnung mehrfach mit Schülern der Klassen drei und vier besucht, unter ihnen die neunjährige Kaya. „Die Experimente regen dazu an, dass die Schüler nach der Ursache eines Phänomens fragen“, sagte Sannmann. „Für viele meiner Schüler ist der Zugang durch Anfassen und Ausprobieren leichter, als sich über Texte mit Naturwissenschaften zu beschäftigen.“

Schulsenator Ties Rabe sagte, das MINTarium erfülle auch eine Brückenfunktion und solle in den Stadtteil Mümmelmannsberg hineinwirken. Er hoffe, dass Eltern die Chance nutzten, ihre Kinder in dem Labor experimentieren zu lassen.