Hamburg. Einkaufen und genießen hinter historischen Mauern. 300-Millionen-Euro-Investition. Brücke über Alsterfleet eröffnet im Juni.
Gut drei Jahre nach der Grundsteinlegung befindet sich eine der spektakulärsten Projektentwicklungen in der Innenstadt auf der Zielgeraden. Die Rede ist von dem Gebäudekomplex der ehemaligen Vereins- und Westbank am Alten Wall neben dem Rathaus.
Die Gerüste und die Baustelleneinrichtung sind weitgehend abgebaut, und die rund 150 Meter lange historische Sand- und Natursteinfassade wurde behutsam aufgearbeitet und erstrahlt in neuem Glanz. Hinter den denkmalgeschützten Mauern ist ein neues Quartier zum Arbeiten, Einkaufen und Genießen nach den Entwürfen der Hamburger Stararchitekten gmp von Gerkan, Marg und Partner entstanden. Durch die Passage am Alten Wall können die Fußgänger künftig über die neue Marion-Gräfin-Dönhoff-Brücke – die von Anfang Juni an geöffnet werden soll – den Alsterfleet überqueren und so über die Rathausarkaden zum Neuen Wall gelangen.
Büroflächen auf sechs Etagen
Auf rund 18.000 Quadratmetern ist Platz für Büroflächen auf sechs Etagen geschaffen worden. Der Innenhof ist mit einer 90 Meter langen Glasfläche überdacht. Mit der international tätigen Anwaltskanzlei DLA Piper, dem Coworking-Anbieter Contora Office Solutions und dem Schiffsversicherungsmakler Georg Duncker sind bereits die ersten Büromieter eingezogen. Demnächst sollen auch Flächen an die Kanzleien Linklaters und Oberthür & Partner übergeben werden. Die Tiefgarage mit 220 Plätzen hat bereits geöffnet.
Die Büroflächen seien nahezu alle vergeben, nach und nach würden nun die Mieter einziehen, sagte Johannes Lichtenthaler dem Abendblatt. Lichtenthaler ist der Niederlassungsleiter von Art-Invest. Das Immobilienunternehmen hat rund 300 Millionen Euro in die Sanierung des bestehenden Gebäudeensembles und den Neubau investiert.
Modegeschäfte und ein Juwelier
Auf rund 10.000 Quadratmetern sind Flächen für Geschäfte und Gastronomie entstanden. Die Namen der Mieter, die hier einziehen werden, behält Lichtenthaler noch für sich. Einen hatte das Abendblatt bereits genannt: Die japanische Modemarke Uniqlo soll hier dem Vernehmen nach als Ankermieter einziehen. Insgesamt gibt es je nach Zuschnitt etwa 15 Flächen ab rund 70 Quadratmetern bis hin zu mehrgeschossigen Flagship-Stores.
Das Abendblatt hat erfahren, dass dort weitere Modegeschäfte und ein Juwelier eröffnen werden: „Die Nachfrage nach den Einzelhandelsflächen ist ordentlich, die ersten Mieter werden nun demnächst mit dem Ausbau beginnen und im Herbst die ersten Geschäfte eröffnen“, sagte Lichtenthaler.
Der Kopfbau mit der imposanten neoklassizistischen Fassade hin zum Rathausmarkt wurde komplett erhalten und aufwendig saniert. Auf der ehemaligen Fläche des Bucerius Kunst Forums, das innerhalb des Gebäudekomplexes umgezogen ist und am 7. Juni eröffnen wird, entsteht ein Geschäft über vier Ebenen. Dessen Mittelpunkt bildet ein denkmalgeschütztes Atrium mit einer Glaskuppel, Säulen und mit Tausenden Mosaikfliesen verkleideten Decken, es wird nach Fertigstellung ein Blick vom Fleetgeschoss bis in den Hamburger Himmel bieten.
Der Alte Wall wird zur Flaniermeile
Auch gastronomisch soll das neue Quartier ein Hotspot werden: Eine der Einheiten ist direkt mit dem Foyer des Bucerius Kunst Forums verbunden und hat rund 1000 Quadratmeter Fläche über drei Ebenen. Dort sollen ein Bistro und eine Brasserie einziehen. Eine weitere rund 420 Quadratmeter große Gastronomie über zwei Etagen soll eine Mischung aus Gin-Bar und Restaurant werden. Beide Flächen haben einen Blick auf den Alsterfleet und den Alten Wall: „Es werden hier innovative und hochwertige gastronomische Konzepte eröffnen“, sagte Lichtenthaler. Die Eröffnung ist ebenfalls für den Herbst geplant. Die Lokale werden auf dem Alten Wall Terrassen aufbauen.
Der Alte Wall soll zu einem Flanierboulevard umgestaltet werden. Dafür hatte die Stadt eigens einen Wettbewerb veranstaltet, bei dem das Hamburger Büro WES LandschaftsArchitektur den Zuschlag erhalten hatte. Als Hingucker werden zwei Werke des dänischen Künstlers Olafur Eliasson aufgestellt, die Art-Invest finanziert. Zum Ausruhen soll eine 23 Meter lange und 3,30 Meter breite Sitzlandschaft aufgebaut werden.
Nach der Neugestaltung solle sich der Platzbelag „wie ein eleganter kostbarer Teppich zwischen die beiden prachtvollen Gebäuden legen“ – gemeint sind das Rathaus und das Art-Invest-Projekt – hatte Wolfgang Betz, geschäftsführender Gesellschafter von WES, bereits nach dem Wettbewerb angekündigt.
Kosten liegen bei rund zwei Millionen Euro
Die Kosten für den Umbau liegen bei rund zwei Millionen Euro. Eigentlich sollte die Umgestaltung längst begonnen haben. Das BID (Business Improvement District) Nikolaiquartier realisiert die Umgestaltung. Ein konkretes Datum gibt es allerdings noch nicht: „Abhängig vom Hochbau planen wir aktuell mit einem Baubeginn im Sommer“, sagte Sebastian Binger, Geschäftsführer der Otto Wulff BID Gesellschaft, dem Abendblatt. Es wird mit einer Bauzeit von etwa einem Jahr gerechnet.
Die Konkurrenz in der Innenstadt ist groß. Nur einige Hundert Meter entfernt sind die Stadthöfe an der Stadthausbrücke entstanden. Dort stehen zahlreiche Einzelhandelsflächen leer. Demnächst sollen dort verschiedene Lokale und ein Fitnessstudio eröffnen.