Hamburg. Das neue Expeditionsschiff von Hapag-Lloyd wurde in kleinem Kreis getauft. Am Sonntag startet die Jungfernfahrt.
Nicht schon im April, wie ursprünglich geplant, sondern erst an diesem Wochenende hat Hapag-Lloyd Cruises sein neues Expeditionsschiff "Hanseatic nature" der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Schiff, das noch bis Sonntag in Altona liegt und dann von dort aus mit den Premieren-Passagieren über Schottland nach Norwegen fährt, war von der Vard-Werft mit mehrwöchiger Verspätung übergeben worden, sodass die ursprünglich geplante große Taufzeremonie ins Wasser fiel. Stattdessen fand diese nun am Sonnabend im kleinen firmeninternen Kreis statt, als Taufpatin agierte Isolde Susset, die den Bereich Expeditionen bei Hapag-Lloyd Cruises leitet.
Maximal 230 Gäste, in der Antarktis nur 199
Die „Hanseatic nature“ ist eines von drei neuen Expeditionsschiffen, die von der TUI-Tochter bis 2021 in die Flotte aufgenommen werden. Das Schiff ist 138 Meter lang, 22 Meter breit und bietet mit 120 Kabinen und Suiten Platz für maximal 230 Passagiere. Fährt es in der Antarktis oder rund um Spitzbergen, sinkt die Zahl der Gäste aufgrund von Zugangsbeschränkungen auf 199.
Zur Crew um Kapitän Thilo Natke gehören 175 Mitarbeiter, die einen für Expeditionsreisen deutlich verbesserten Service anbieten. Die Größe der Kabinen startet bei 21 Quadratmetern und reicht bis zur Grand Suite mit 71 Quadratmetern. Fast alle haben einen vollwertigen Balkon, der Rest einen Französischen Balkon ohne Sitzfläche.
Drei Restaurants, eines mit Büfett-Angebot
Gastronomisch soll sich das Schiff ein Stück weit am hohen Standard der "Europa 2" orientieren. Es gibt drei Restaurants ohne feste Tischordnung oder Tischzeiten, davon eines, in dem Gäste vorab reservieren müssen. Zuzahlungen sind für Speisen nicht vorgesehen, auch die Mini-Bar auf den Kabinen ist inkludiert. Beim Design ließ man sich nach Angaben der Reederei von der Natur inspirieren. So soll der von Bruchlinien durchzogene blaue Teppichboden an Eisschollen erinnern, im Restaurant dienen Korallen als Design-Vorbild.
Doch auch zum Thema Nachhaltigkeit finden sich an Bord Denkanstöße in Form von Kunstwerken, so etwa ein aus alten Flipflops modellierter Pinguin am Meerwasserpool und eine mit leeren Plastikflaschen beklebte Wand vor dem Lido-Restaurant. Wobei Karl J. Pojer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hapag-Lloyd Cruises, nicht müde wird zu betonen, dass Plastikmüll in Meeren an sich gar kein Thema der Kreuzfahrt-Branche sei: "Alle, die solche Schiffe betreiben, unterliegen strengsten Auflagen. Da fliegt nichts über Bord."
Ab 2020 nur noch mit Marine-Diesel unterwegs
Eine andere Frage stellt sich bei Kreuzfahrten indes schon, nämlich die nach einem ökologisch unbedenklichen Antriebskonzept. Während der jüngste Spaßdampfer von Aida schon mit Flüssiggas (LNG) betrieben wird, hat man bei der „Hanseatic nature“ nicht auf dieses Verfahren gesetzt. Den Grund verrät Henning Brauer, Projektleiter Neubauten der Reederei: "Wir sind in so vielen exotischen Gebieten unterwegs, in denen es gar keine Möglichkeit gibt, LNG zu tanken. Daran wird sich in den nächsten 20 Jahren auch nicht viel ändern."
Zudem sei das Hapag-Lloyd-Schiff eher wie ein Versorgungsschiff mit Kabinen konzipiert und nicht wie ein klassisches Kreuzfahrtschiff. Man müsse und könne viel länger autark unterwegs sein, 20 bis 36 Tage am Stück seien möglich. Immerhin verspricht die Reederei, ab Sommer 2020 nur noch Marinediesel einzusetzen, zudem sei die Abgasnachbehandlung mit SCR-Katalysatoren so weit ausgereift, dass der Schadstoffausstoß in sensiblen Regionen im Rahmen bleibe. Alle Neubauten können in Häfen mit Landstrom versorgt werden, in Altona hängt das Schiff derzeit am externen Netz.
Von der Sauna aus hinaus aufs Meer schauen
Wie es sich für ein modernes Schiff der Luxusklasse gehört, ist auch ein Spa-Bereich vorhanden. Neben mehreren Behandlungsräumen sticht hier besonders die Finnische Sauna hervor, von der aus man durch große Fenster direkt aufs Meer schauen kann. Nebenan im Fitnessraum hilft ein Coach bei den Übungen. Doch letztlich geht es bei Expeditionsfahrten vor allem um Naturerlebnisse und sachkundige Begleitung. Deshalb erklären Lektoren mit Hilfe großer Projektionswände, was die Passagiere in den Fahrtgebieten erwartet und worauf sie besonders achten sollten. Am Ziel angekommen, bringen 17 Zodiac-Schlauchboote, einige davon mit Elektroantrieb, die Gäste an die entscheidenden Schauplätze. Wer will, kann sogar mal in einem Zelt auf einer Eisscholle übernachten.
An Bord des neuen Schiffes fällt auf, dass Passagiere freien Zutritt zum Vorschiff haben. Dort gibt es einen "Nature Walk" genannten Umlauf, der einen guten Blick in Fahrtrichtung ermöglicht. Ohnehin bietet die "Hanseatic nature" viele Möglichkeiten, Zeit an der frischen Luft zu verbringen, oder mal dem Kapitän auf der Brücke einen Besuch abzustatten.
Lange Tradition im Tourismussegment
Dass viele Reedereien zurzeit in neue Schiffe in ähnlicher Größe investieren, sieht Karl J. Pojer nicht als sonderlich kritisch für die eigene Expansionsstrategie an. Sein Credo: "Expedition lässt keinen Spielraum für Experimente." Was als Verweis auf die lange Tradition in diesem engen und mitunter sensiblen Tourismussegment verstanden werden soll. Die Buchungszahlen seien bislang sehr gut, und es handele sich keineswegs nur um Wiederholer. Für Jedermann ist das Angebot allerdings nicht gemacht, schließlich kostet ein Tag an Bord im Durchschnitt um die 500 Euro pro Person, und das ohne Anreise.