Hamburg. In vier Fällen im Schanzenviertel und in Ottensen übt der Senat sein Vorkaufsrecht aus. Eine weitreichende Entscheidung.

Der rot-grüne Senat macht Ernst im Kampf gegen Luxussanierungen und Verdrängung von angestammten Mietern in angesagten Vierteln: Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hat der zur Finanzbehörde gehörende Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) Immobilien angekauft, weil sich Investoren weigerten, die Regeln der Sozialen Erhaltungsverordnung zu akzeptieren.

Konkret handelt es sich um drei Grundstücke mit Altbauten am Schulterblatt 11 und an der Schanzenstraße 25 und 27 mit insgesamt 20 Wohn- und sechs Gewerbeeinheiten sowie ein Grundstück mit einem Altbau am Nernstweg 19 in Ottensen mit elf Wohneinheiten.

Der vom Hamburger Senat gekaufte Altbau am Nernstweg 19 in Ottensen mit elf Wohneinheiten.
Der vom Hamburger Senat gekaufte Altbau am Nernstweg 19 in Ottensen mit elf Wohneinheiten. © HA/Roland Magunia

Alle vier Immobilien liegen in sogenannten Gebieten der Sozialen Erhaltungsverordnung. Hier gelten zum Schutz der angestammten Bevölkerung strengere Regeln, so müssen etwa Modernisierungen, die zu Mieterhöhungen führen können oder die Umwandlung von Mietwohnungen in gewerblich genutzte Räume oder Eigentumswohnungen genehmigt werden. Potenzielle Käufer von Immobilien müssen sich in einer „Abwendungsvereinbarung“ zur Einhaltung dieser Ziele verpflichten. Insgesamt leben mittlerweile rund 190.000 Hamburger in solchen Gebieten.

Senat spricht von „konsequentem Eingreifen“

Nach Angaben des Senats ist es jedoch „trotz intensiver Verhandlungen“ des Bezirksamts Altona nicht gelungen, mit den Investoren zu so einer Vereinbarung zu kommen. Nach Abendblatt-Informationen soll es sich dabei um zwei Firmen handeln, von denen die eine aus Luxemburg kommt. Daher habe man entschieden, dass der LIG das städtische Vorkaufsrecht ausübt – wie schon im Herbst bei einem Altbau an der Hein-Hoyer-Straße auf St. Pauli.

Die beiden Objekte in der Schanzenstraße 25 beziehungsweise 27.
Die beiden Objekte in der Schanzenstraße 25 beziehungsweise 27. © HA/Roland Magunia

„Wir setzen uns mit ganzer Kraft dafür ein, Hamburgs Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung zu schützen“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). „Wenn es geboten ist, schreiten wir konsequent ein, dafür haben wir die richtigen Instrumente und mit unserem Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen einen erfahrenen Akteur.“ Dieser werde nun auf die Einhaltung der Erhaltungsverordnung achten. Ob der LIG auch langfristig der Vermieter der Gebäude im Schanzenviertel und in Ottensen bleibt oder diese an eine andere städtische Gesellschaft abgibt, etwa die Saga, ist noch offen. Auch zum Kaufpreis äußerte sich der Senat nicht.

„Gerade in den stark nachgefragten zentralen Quartieren wie zum Beispiel in Ottensen und der Sternschanze besteht nach wie vor ein hoher Aufwertungs- und Verdrängungsdruck“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). „Dort kümmern wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Ins­trumenten darum, Mietwohnraum zu erhalten, die Mietsteigerungen zu begrenzen, und sorgen dafür, dass die soziale Durchmischung der Quartiere intakt bleibt.“ Auch Altonas Bezirksamtsleiterin Liane Melzer begrüßte die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Hamburg sagt Spekulanten den Kampf an

„Spekulanten sollen wissen: Wir machen weiter und meinen es ernst mit dem Kampf gegen Immobilienspekulationen auf dem Rücken der Hamburgerinnen und Hamburger“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Auch Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der rund 1,5 Millionen Mieter vertritt, jubelte geradezu über die Entscheidung: „So geht sozial verantwortliche Wohnungspolitik.“

Es sei richtig, dass die Stadt jetzt alles unternimmt, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern: „Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist ein starkes Signal an Spekulanten, die Maximalprofite mit Wohnungen erwirtschaften wollen. ‚Verhaltet euch wie anständige Vermieter, sonst greifen wir ein.‘“

Kritik kam hingegen von der FDP: „Der rot-grüne Wohnraum-Sozialismus in Hamburg schreitet voran“, sagte Stadtentwicklungsexperte Jens P. Meyer. „Rot-Grün schreckt mit solchen Maßnahmen genau diejenigen ab, die ihr Geld in den Bau von Immobilien investieren wollen.“ Sinnvoller sei es, überflüssige Vorschriften zu entrümpeln und schneller Flächen für Neubauten auszuweisen.