Hamburg. Immer häufiger sind in Familien Vater und Mutter berufstätig: Die Aufnahme von Pflegekindern wird so zu einer großen Herausforderung.

In Hamburg werden Pflegefamilien gesucht. Es gebe keine Wartelisten mit Kindern, für die man noch auf der Suche nach geeigneten Familien sei, teilte die Sozialbehörde mit. Die Jugendämter berichteten aber, dass es mehr Bedarf gebe als Pflegefamilien vorhanden seien. Nicht jedes Kind passe in jede Familie, erklärte die Behörde. "Daher wird stets eine möglichst große Bandbreite an Pflegeeltern gesucht, auch mit ganz unterschiedlichem Profil."

Ende Januar waren in Hamburg laut Behörde insgesamt 1167 Pflegekinder in 960 Familien untergebracht. Die Unterbringung kostet die Stadt jährlich zweistellige Millionenbeträge. Familien bekommen derzeit je nach Alter des aufgenommenen Kindes zwischen 852 und 1001 Euro pro Monat. Die Zahl der registrierten Kindeswohlgefährdungen ging zuletzt zurück: von 1057 Fällen im Jahr 2016 auf 880 Fälle 2017. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor.

Alternativen für die Kinder sind Heime und Wohngruppen

Auch in Schleswig-Holstein sei die Gewinnung geeigneter Pflegeeltern ein Dauerbrenner, sagte ein Sprecher des dortigen Sozialministeriums. Damit steht der Norden nicht alleine da: In vielen Bundesländern gibt es laut der zuständigen Behörden zu wenig Pflegefamilien für Kinder und Jugendliche. Alternative Unterbringungsmöglichkeiten sind Heime und Wohngruppen. "Es ist natürlich immer gut und besser für Kinder, in einer familienähnlichen Struktur aufzuwachsen", sagt die Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Cordula Lasner-Tietze. "Das hat etwas mit Bezugspersonen und Bindungen zu tun, aber auch mit Stigmatisierung."

Jugendämter streuen Werbung breiter

Das Problem mit dem Mangel an Pflegefamilien gibt es auch in Niedersachsen. Immer häufiger sind in Familien Vater und Mutter berufstätig: Dies erschwert nach Einschätzung des niedersächsischen Sozialministeriums die Suche nach Pflegeeltern. Das Modell des Ein-Verdiener-Haushalts verliere auch in ländlich geprägten Regionen an Bedeutung, sagte eine Sprecherin. Wenn beide Partner berufstätig seien, bedeute die Aufnahme von Pflegekindern eine große Herausforderung. Aus diesem Grund streuen die Jugendämter ihre Werbung breiter. Gezielt angesprochen werden der Sprecherin zufolge auch Alleinerziehende, homosexuelle Paare oder Paare mit Migrationshintergrund, die bislang eher selten eine Pflegschaft übernommen haben.

Die schwierige Suche nach Pflegeeltern ist nach Ministeriumsangaben kein neues Thema. Allerdings hätten vor 15 Jahren noch vergleichsweise leicht Pflegefamilien für Vorschulkinder gefunden werden können. Nähere Erkenntnisse über die aktuelle Situation werde eine wissenschaftlich Auswertung zu den Strukturen der Vollzeitpflege in Niedersachsen bringen, die voraussichtlich Anfang 2020 erscheint.

Im Jahr 2017 haben die niedersächsischen Jugendämter 5321 Mädchen und Jungen neu in Heimen oder Pflegefamilien untergebracht, von ihnen waren 1360 ohne Eltern aus dem Ausland eingereist. 2016 waren es noch 8347 Kinder und Jugendliche, davon allerdings 4365 unbegleitete minderjährige Ausländer. Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor.