Hamburg. Stadtteile mit vielen Pkw-Händlern sind besonders stark belastet. Das Täterbild hat sich im Laufe der Jahre stark gewandelt.
Nirgends in der Hansestadt werden so viele Autos aufgebrochen wie in Billbrook – jedenfalls gemessen an der Einwohnerzahl. Was im ersten Moment schlecht für die Billbrooker klingt, ist aber eigentlich eine gute Botschaft für private Autobesitzer. Denn am Stadtteil Billbrook zeigt sich, dass eine nicht unerhebliche Zahl der insgesamt 14.666 Hamburger Taten im vergangenen Jahr offenbar an Fahrzeugen verübt werden, die bei Händlern auf dem Hof standen. Auch andere Stadtteile, in denen Autohändler viele Standorte haben, sind hoch belastet.
Neuland im Bezirk Harburg, nahe an der Autobahn gelegen, etwas einsam mit guten Fluchtmöglichkeiten, ist so ein Stadtteil. Dort reihen sich Autohändler aneinander. Die sonst eher beschauliche Gegend landet auf Platz 14 in der „Negativ-Hitliste“. Auch Hammerbrook, Rothenburgsort, Allermöhe oder der Kleine Grasbrook, ebenfalls Stadtteile mit überdurchschnittlich vielen Autohändlern, liegen auf den vorderen Plätzen. Das zeigt die Häufigkeitszahl, bei der die statistische Belastung der Bevölkerung pro 100.000 Einwohner errechnet wird.
Hausbruch und Eimsbüttel haben viel gemeinsam
Wohnt man in Niendorf, Hoheluft-Ost und -West oder Langenbek, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, Opfer eines Autoaufbruchs zu werden. Auch die ländlichen Gebiete in den Bezirken Bergedorf und Harburg sind deutlich sicherer für Autobesitzer als der Rest der Stadt. In beiden Bezirken liegen sogar vier Stadtteile, in denen überhaupt keine Fahrzeuge aufgebrochen wurden. Natürlich gab es auch keine Autoaufbrüche auf der Insel Neuwerk, die zum Bezirk Mitte gehört. Die Ursache ist klar: Auf der Insel gibt es keine Autos.
Die Statistik zeigt aber noch weitere ungewöhnliche Ergebnisse. Hausbruch liegt mit dem „Fahrradstadtteil“ Eimsbüttel bei den Autoaufbrüchen nahezu gleichauf. Und in Hoheluft-West war die Bevölkerung fast genau so stark durch Autoaufbrüche belastet wie in Ochsenwerder oder Curslack.
Die Hafencity ist stark betroffen
Überdurchschnittlich viele Autos wurden in Bereichen aufgebrochen, wo nicht nur hauptsächlich Anwohner ihre Fahrzeuge abstellen. Dazu gehören die Altstadt und die Neustadt, St. Georg oder St. Pauli. Auch die Hafencity ist, gemessen an der Zahl der Einwohner, durch Autoaufbrüche hoch belastet. Dass sich Harvestehuder Autobesitzer keine größeren Sorgen machen müssen als Bürger in Neu-Allermöhe oder Osdorf, liegt an einem im Laufe der Jahre völlig gewandelten Kriminalitätsfeld. Waren Autoaufbrüche früher ein typisches Delikt der Beschaffungskriminalität, so ist es heute ein Betätigungsfeld für gut organisierte Banden, die gezielt Teile von Fahrzeugen stehlen. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wieder. Wurden 1992 noch 65.217 Autoaufbrüche von der Polizei registriert, kamen im vergangenen Jahr „nur“ noch 14.666 Taten zur Anzeige.
Erklärung zur Grafik: Die Häufigkeitsziffer nennt die Zahl der Straftaten im Stadtteil – hochgerechnet auf 100.000 Einwohner. Ein Beispiel: Hätte Rahlstedt 100.000 Einwohner, hätte es dort im vergangenen Jahr 726 Autoaufbrüche gegeben.
1992 hatten es die Täter noch auf Autoradios abgesehen, die in großen Mengen von Hehlern abgenommen wurde, um sie vornehmlich in Richtung Osteuropa zu verschieben. Noch 2005 war die Zahl der Autoaufbrüche in Hamburg fast doppelt so hoch wie heute. Und das, obwohl fast 100.000 Autos weniger angemeldet waren als jetzt.
Fahrzeuge werden ausgesucht und ausgekundschaftet
Heute sind es vor allem Airbags, Multifunktionslenkräder oder Scheinwerfer und Rückspiegel – alles teure Ersatzteile, in denen viel Elektronik steckt –, die jetzt abmontiert und Richtung Osten gebracht werden. Meist sind es hochwertige Fahrzeuge, von denen diese Teile abgebaut werden. Die Täter suchen sich dafür gezielt Fahrzeuge aus und kundschaften auch die Abstellplätze aus. Meistens sind es die Parkplätze in der Nähe vom privaten Haus oder der privaten Wohnung. In der Nacht, wenn der Besitzer schläft, schlagen dann die Diebe zu.
Der hohe technische Aufwand für die Täter, die Alarmanlagen umgehen oder „Keyless-go“-Schließsysteme austricksen, macht den Autoaufbruch zu einem Feld für Spezialisten. Das gilt auch für den Ausbau von Navis, Scheinwerfern oder Lenkrädern, für den die geschulten Täter nur wenige Minuten brauchen. Gelegenheitsdiebe finden sich dann eher in Bereichen wie St. Georg oder St. Pauli. Ihr Ziel sind weniger Autoteile. Sie haben es auf Laptops, Handys oder Taschen abgesehen, die der Fahrer im Fahrzeug liegen ließ. In den Fällen dürfte nach Einschätzung von Sicherheitsexperten die Beschaffungskriminalität durch Drogensüchtige eine nicht unerhebliche Rolle spielen.