Hamburg. Die Hochbahn befürchtet Wassereinbrüche und Tunnelverformung. Was Stadt und Investor sagen.

Am Klosterwall hat der aufwändige Abbruch des City-Hofs begonnen. Doch die Diskussion um den Abriss des Denkmals geht weiter. Nach Unterlagen, die dem Abendblatt vorliegen, sieht die Hochbahn ein Risiko . Durch den geringen Abstand zwischen der geplanten Baugrube und dem benachbarten U-Bahntunnel befürchtet sie eine Gefährdung des U-Bahnbetriebs.

So könnten zum Einen durch eine Grundwasserabsenkung mögliche „Setzungen der Bestandsanlage“, also dem benachbarten U-Bahntunnel, auftreten. Durch Verformungen der Tunnelanlage wiederum könnten sich Gleise verschieben, was zu Zusammenstößen und Entgleisungen von Zügen sowie zu Wassereinbrüchen führen könnte. Aufgrund der „kontinuierlichen und bauphasenabhängigen Einwirkungen“ sei eine ständige Überwachung durch ein Monitoring vorzunehmen, so die Hochbahn. Wie dicht die U-Bahn an der Baugrube liegt, verdeutlichen die Abstände, die der Investor zu den Hochbahn-Anlagen einhalten muss,. Sie betragen seitlich und nach oben lediglich 1,50 Meter.

„In den Boden zu gehen, ist immer gefährlich“

Riskant könnte es aber auch für die welterbegeschützten Kontorhäuser werden. Der renommierte Bauingenieur Peter Bartram, der sich auf Bitte des Hamburger Denkmalrates mit den geplanten Baumaßnahmen befasst, schätzt diese als „hoch brisant“ für Sprinkenhof und Mohlenhof ein. Er fordert, die möglichen Auswirkungen von Abriss und Neubau auf die Nachbarschaftsgebäude zu untersuchen.

„In den Boden zu gehen, ist immer gefährlich“, erläutert Bartram. Als warnende Beispiele nennt er das Staatsarchiv in Köln, das 2009 wegen Bauarbeiten für einen U-Bahntunnel einstürzte, und die Friedrichswerdersche Kirche in Berlin, die seit 2012 gesperrt ist, weil sie durch den Bau von benachbarten Tiefgaragen schwer beschädigt wurde.

Um vergleichbare Schäden an den Hamburger Kontorhäusern zu verhindern, müssten Gutachten erstellt werden – so, wie bei der Hochbahn. Solche habe er unter den von der Stadt zur Verfügung gestellten Dokumenten jedoch nicht entdeckt. „Wenn versäumt wurde, sie zu erstellen, halte ich das für grob fahrlässig“, so Bartram, der oft als Statiker und Privatgutachter in Hamburg tätig ist auch in den Umbau des Wilhelmsburger Energiebunkers eingebunden war.

Weltkulturerbe nur zehn Meter entfernt

Auf den City-Hof „angesetzt“ hatte ihn Elinor Schües, die damalige Vorsitzende des Hamburger Denkmalrates. „Der Sprinkenhof liegt nur zehn Meter vom City-Hof entfernt. Es geht hier also nicht nur um die Gestaltung, sondern um die Gefährdung unseres materiellen Erbes“, sagt die Architektin. „In Anbetracht der zu erwartenden riesigen Baugrube und dem hohem Grundwasserspiegel braucht man für Abriss und Neubau viel Fingerspitzengefühl“.

150 Meter lang und 40 Meter breit wird die Hauptbaugrube. „Das Wasser wird hier laut dem Gutachten des Investors um 5,50 Meter bis 6,50 Meter abgesenkt“, sagt Bartram. „Das ist technisch machbar, aber schon eine enorme Herausforderung.“

Denkmalschützerin und Bauingenieur beklagen, dass die Stadt Informationen zum Bauvorhaben nur „bröckchenweise“ und auf Aufforderung zur Einsicht herausgibt. Auch zum Thema Grundwasser wurde lange nichts bekannt. Dabei laufen nach Abendblatt-Informationen seit Jahrzehnten Pumpen unter dem City-Hof, um das Eindringen von Wasser in die Tiefgarage zu verhindern. Weder der Investor Aug. Prien, der den City-Hof durch einen Neubau ersetzen will, noch Architekt Volkwin Marg, der einen Entwurf für die Sanierung des Gebäudekomplexes gemacht hatte, wussten von der Problematik. In der Ausschreibung wurde sie nicht erwähnt. Die Stadt wusste davon zu der Zeit noch nichts.

Investor und Stadt schließen Risiken aus

„In unserem Fall war es nicht wichtig, von der Grundwasserabsenkung Kenntnis zu haben“, so Marg. „Da Keller und Tiefgarage intakt waren, hätten wir sie übernommen und weiterhin durch Pumpen das Eindringen von Wasser verhindert.“

Anders kann es sich aber verhalten, wenn neu gebaut wird. Um eine neue Gründung und ein neues Fundament zu schaffen, muss man weitaus tiefer gehen als jetzt. „Gerade unter dem Platz vor dem Chilehaus, am Fuße des Geesthangs, steht das Grundwasser vermutlich besonders hoch. Dort eine tiefe Baugrube auszuheben, könnte riskant für das Gebäude sei“, gibt Peter Bartram zu bedenken. Doch Unterlagen zum Grundwasserstand fehlten.

Dem Investor zufolge sind Risiken für die Nachbargebäude nicht zu erwarten. „Nach dem oberirdischen Abriss verfüllen wir die Kellergeschosse“, sagt Frank Holst, Geschäftsführer bei Aug. Prien Immobilien. Da eindringendes Wasser dann keine Rolle mehr spiele, würden die Grundwasser-Pumpen nach und nach abgestellt. So steige der Grundwasserspiegel langsam auf sein altes Niveau. „Das entspricht der Höhe, die das Grundwasser früher hatte, bevor die City-Höfe gebaut wurde. Es gefährdet die Kontorhäuser also nicht“, erläutert Holst. Erst danach werde eine Baugrube ausgehoben. Durch entsprechend tief eingebrachte Schlitzwände werde sie wasserdicht sein, so dass die dann dort für die Baumaßnahmen vorgenommenen Grundwasserabsenkung ebenfalls keine Auswirkungen auf die Nachbargebäude habe. Diese werde zudem überwacht. Schäden wie in Köln oder Berlin wären durch die „sorgfältige Arbeitsweise“ von Aug. Prien ausgeschlossen.

Auch die Stadtentwicklungsbehörde sieht keinen Grund zur Besorgnis: „Die Baugrundverhältnisse am Klosterwall sind nichts Ungewöhnliches. Die für die Maßnahme am Klosterwall gewählte Bauweise wird bei sehr viel beengteren und schwierigeren Situationen angewandt.“ Die Baumaßnahmen würden durch Prüfingenieure überwacht, die Sorgen der Denkmalschützer halte man daher für unbegründet.