Hamburg. In Unesco-Kreisen werden Pläne scharf kritisiert. Die Zerstörung eines Denkmals neben dem Chilehaus sei „befremdlich“
In die Diskussion um den Abriss der denkmalgeschützten City-Hochhäuser am Hamburger Hauptbahnhof ist neue Dynamik gekommen. Nach einer Experten-Anhörung vor dem Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft gibt es Sorgen, dass ein Abriss den Weltkulturerbe-Titel von Speicherstadt und Kontorhausviertel mit dem Chilehaus gefährden könnte.
Es sei „befremdlich“, dass Hamburg nicht einmal ein Jahr nach der Aufnahme in die Welterbe-Liste ein Denkmal in unmittelbarer Nähe des Kontorhausviertels abreißen lassen wolle, sagte Berthold Burckhardt vom Internationalen Rat für Denkmalpflege (Icomos), eine Institution, die das Unesco-Komitee in Paris berät. Weder das Welterbe-Komitee noch der Denkmalrat seien von der Stadt bei der Ausschreibung des Investoren-Wettbewerbs eingebunden worden. „Die Pufferzone um ein Welterbe herum ist ein sensibler Bereich“, so Burckhardt. „Jede Veränderung muss auf ihre Verträglichkeit überprüft werden. Das ist bis jetzt nicht passiert.“ Die vier Bürogebäude des City-Hofs, die derzeit das Bezirksamt Mitte beherbergen, zählen zu den ersten Hochhäusern Hamburgs nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bauten wurden als architektonischer Aufbruch in die Moderne gepriesen. Heute allerdings werden sie mit ihrer nachträglich eingebauten grauen Fassade von vielen als wenig attraktiv empfunden. Das Bauunternehmen Aug. Prien, das den Zuschlag im Investorenwettbewerb erhielt, will dort ein neues Büro- und Geschäftsgebäude errichten. Die Bürgerschaft muss noch zustimmen.
In Unesco-Kreisen heißt es, der Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudes neben einem Welterbe werde als schlechtes Zeichen für den Titel gewertet. Möglicherweise werde das Thema auf der nächsten Sitzung des Welterbe-Komitees im Sommer in Istanbul diskutiert. Das Gremium entscheidet über Neuaufnahmen in die Welterbe-Liste – und auch über den seltenen Fall der Aberkennung.
Scharfe Kritik kommt von der FDP, die den geplanten Abriss einen „eklatanten Fehler“ nennt. Architekt Volkwin Marg, der im Wettbewerb ein in letzter Sekunde ausgebootetes Sanierungskonzept entworfen hat, findet die Abrissabsichten „skandalös“. Sein Konzept widerlege, dass eine Sanierung der Häuser wirtschaftlich unzumutbar sei.
Seite 2 Kommentar Seite 12 Bericht