Hamburg. Die vier Gebäude sollen bis Juni 2020 abgebrochen sein. 250 Millionen Euro werden in das Quartier investiert.
Die Zeit der vier City-Hochhäuser ist abgelaufen. Der Abbruch des in den 50er-Jahren errichteten grauen Gebäudekomplexes am Klosterwall, der über Jahrzehnte der Sitz des Bezirksamts Mitte war und auch unter dem Namen City-Hof bekannt ist, hat begonnen.
Nach jahrelangen Diskussionen über einen möglichen Erhalt der maroden Immobilien, erteilte die Stadt die Abrissgenehmigung. Vor wenigen Wochen hat die Aug. Prien Immobilien das Grundstück offiziell von der Stadt für 35,2 Millionen Euro erworben. Jetzt wird es Ernst.
Erste Abrissarbeiten durchgeführt
Das rund 7000 Quadratmeter große Areal ist weiträumig abgesperrt. Ein Sicherheitsdienst achtet darauf, dass keine Unbefugten das Gelände betreten. Im Erdgeschoss, hier waren das Kundenzentrum des Bezirks und diverse Geschäfte und Gastronomie untergebracht, wurden bereits Zwischendecken und Wände herausgerissen.
Einige Fensterscheiben sind zerborsten. Im Hof liegen Betonplatten, Holzleisten und Türen. Zurzeit sind rund 30 Mitarbeiter des Hamburger Abbruchunternehmens Ehlert&Söhne im Einsatz. „Alles muss raus“ könnte das Motto heißen: „In den Gebäuden werden jetzt die Leitungen, Fußböden, Wände und Fahrstühle ausgebaut.
Erst wird das Gebäude leergeräumt
Auch Tresore, Küchen und Toiletten werden herausgerissen. Wenn sozusagen das gesamte Gebäude leer geräumt ist, dann wird mit dem eigentlichen Abriss begonnen“, sagt Bastian Kaden beim exklusiven Baustellentermin mit dem Abendblatt. Der Ingenieur von Aug. Prien ist für die Bauleitung verantwortlich.
Während des Abbruchs tragen die Arbeiter blaue Schutzanzüge und einen Atemschutz: „Dass in diesen Gebäuden Asbest verbaut wurde, ist kein Geheimnis. Die Gesundheit der Menschen, die hier arbeiten, hat höchste Priorität.“ Deshalb werde das, was aus dem Gebäude herausgerissen wird, auch sorgfältig getrennt und in verschiedenen Containern abtransportiert. Alles, was gesundheitsgefährdend ist, wird laut Kaden „auf Spezialdeponien entsorgt.“
Das gilt auch für die Eternitplatten, die an der Fassade hängen und per Hand einzeln abgenommen werden. Auch deshalb wird ab Mai mit der Einrüstung der Gebäude begonnen. „Wir reden hier von rund 14.000 Quadratmetern Fläche“, sagt Frank Holst, Geschäftsführer von Aug. Prien Immobilien. Mit einer Gesamtinvestition von rund 250 Millionen Euro rechnet der Investor. Allein der Abbruch kostet rund fünf Millionen Euro.
Neues Quartier mit Hotel geplant
150 Wohnungen, eine Kita auf dem Dach, Büros, Einzelhandel und Gastronomie sind geplant. Auch ein Vier-Sterne-Hotel und Flächen für Künstler sollen hier unweit des Hauptbahnhofs entstehen. Bis Ende 2023 soll das neue Quartier fertiggestellt sein, so der aktuelle Zeitplan.
Aber das ist alles noch Zukunftsmusik: „Die größte Herausforderung sind nun erst mal der Abriss und die Baugrube. Denn dabei können immer wieder neue Überraschungen auftreten“, sagt Aug.-Prien-Geschäftsführer Jan Petersen.
Das Hamburger Familienunternehmen hatte in seiner mehr als 140-jährigen Geschichte nur wenige Abbrüche mit diesen Ausmaßen: „Aber wir haben ja mit Ehlert&Söhne Experten für den Abriss beauftragt, und wir beaufsichtigen nur die Arbeiten. Wenn es dann an den Neubau geht, sind wir mit unserer Expertise gefragt“, sagt Petersen. Demnächst sollen die Flachbauten zwischen den Hochhäusern abgebrochen werden.
Einsatz eines 100-Tonnen-Großbaggers
Die Gebäude werden nacheinander abgerissen. Gestartet wird im Juli mit dem Haus A, das an die Steinstraße grenzt. Die ersten vier der zwölf Stockwerke werden „händisch. Das heißt, mit einem kleinen ferngesteuerten Bagger abgetragen“, sagt Kaden. Von Oktober an kommt auch der 100-Tonnen-Großbagger vom Typ Liebherr R960 zum Einsatz und reißt den Rest des Gebäudes ab. Es darf zu keinen Verzögerungen kommen, denn dieses Spezialgerät steht laut Petersen nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung.
Das Haus D, das letzte der vier Gebäude, soll im Juni 2020 abgerissen sein. Als letzte Maßnahme wird die rund 15 Meter tiefe Baugrube ausgehoben, die durch eine spezielle Schlitzwand gesichert wird: „Das ist sehr aufwendig und nimmt viel Zeit in Anspruch“, sagt Projektentwickler Petersen. Dann kommen auch Experten zum Einsatz und suchen nach möglichen archäologischen Funden.
Wenn nichts Gravierendes zutage kommt, dürfte der Termin eingehalten werden, dem Frank Holst und Jan Petersen entgegenfiebern: Im Februar 2021 soll die Grundsteinlegung sein für eines der größten Bauvorhaben in der Hamburger Innenstadt.