Hamburg. Wer versucht, das Eimsbütteler Top-Restaurant zu ruinieren? Chef fühlt sich von der Polizei allein gelassen. Die hält sich bedeckt.
Hauke Neubecker ist nervlich am Ende. Seiner Stimme sind die Strapazen der letzte Tage anzuhören, als er am Telefon berichtet, was seinem Restaurant Jellyfish in den letzten Tagen widerfahren ist. Das beliebte Sternerestaurant in der Eimsbütteler Weidenallee wurde innerhalb einer Woche dreimal von Einbrechern heimgesucht, nachdem bereits Ende März die Scheiben eingeworfen worden waren.
Der Schaden des ersten Angriffs der unbekannten Vandalen ist noch zu sehen, die eilig bestellte Notverglasung noch nicht ersetzt, da folgt die nächste Attacke: In der Nacht vom 11. auf den 12. April versuchten Unbekannte, die Eingangstür aufzuhebeln – erfolglos.
Täter stahlen Bargeld – und vernichteten die Vorräte des Jellyfish
Beim nächsten Mal brachen die Täter hinten ein. „Sie kamen über den Hinterhof, demontierten das Schutzgitter vor dem Fenster und zerschlugen dann die Scheibe“, so Jellyfish-Betreiber Neubecker. Mehrere Apple-Rechner und Bargeld in einer vierstelligen Summe nahmen die Täter mit.
Was Neubecker und seine Crew aber weitaus schlimmer traf, war der Vandalismus: „Die Täter rissen die Tiefkühlgeräte und Vorratsschränke auf und verteilten den Inhalt auf dem Boden von Küche und Restaurant. Die komplette Ware war vernichtet“, berichtet Neubecker.
Für das auf Fischgerichte spezialisierte Sternerestaurant ist das eine Katastrophe. „In unseren Gerichten steckt ein handwerklich hohes Niveau. Es kostet viel Zeit, sie herzustellen. Und viel Geld.“ Keine Vorräte, ein verwüsteter Laden – 20 Gästen, die abends im Jellyfish reserviert hatten, musste abgesagt werden.
Jellyfish-Personal muss auf Spurensicherung warten
Doch kaum waren Küche und Gastraum aufgeräumt und die Vorratsschränke wieder gefüllt, folgte der nächste Einbruch. „In der Nacht von gestern auf heute kamen sie erneut“, so Neubecker am Donnerstag. „Wieder wurde Ware vernichtet und Geld gestohlen. Nur Hardware gab es dieses Mal nicht zu holen.“
Seinen Gästen kann er aber nicht schon wieder absagen. „Es ist der Donnerstag vor Ostern. Da mache ich so viel Umsatz wie am Wochenende. Außerdem freuen sich die Leute auf den Abend bei uns.“ Genervt ist er außerdem, weil seine Mitarbeiter nicht aufräumen können: Solange die am Morgen von der Kriminalpolizei angeforderte Spurensicherung noch nicht da war, "darf hier keiner etwas anfassen", so Neubecker. Bis zum Mittag sind die Beamten noch nicht eingetroffen.
Betreiber des Sternerestaurants ist von der Polizei enttäuscht
Ohnehin ist der Inhaber von der Polizei schwer enttäuscht, wie er sagt: Zwar seien Beamte nach den drei Einbrüchen vor Ort gewesen, nach dem Vandalen-Angriff Ende März startete die Polizei sogar eine Öffentlichkeitsfahndung nach den Tätern – doch das reicht Neudecker nicht: „Ich habe mehrfach um Unterstützung und erhöhte Aufmerksamkeit gebeten. Das ist vielleicht naiv, aber mehr kann ich als Bürger und Unternehmer nicht tun“, sagt er.
Einen Wachdienst zu engagieren, kommt für ihn nicht in Frage. Nicht nur, weil das teuer ist. „Dann würde ich quasi davor kapitulieren, dass die Polizei mich nicht schützen kann.“
"Die Ermittlungen laufen", sagte ein Polizeisprecher dem Abendblatt auf Anfrage. Zu Erkenntnissen oder bereits ergriffenen Maßnahmen wollte er sich allerdings aus taktischen Gründen nicht äußern. Zeugen der diversen Attacken würden gebeten, sich unter der Rufnummer 428 65-67 89 zu melden.
Scheiben des Sternerestaurants Jellyfish eingeworfen
Jellyfish „gut im Viertel integriert“ – trotzdem Furcht vor dem 1. Mai
Woher die Täter stammen und ob sie Ressentiments gegen gehobene Gastronomie haben, weiß Neubecker nicht. Ihm zufolge habe es nie Irgendwelche Probleme mit Personen aus dem angrenzenden Schanzenviertel gegeben. „Wir sind gut ins Viertel integriert, sitzen hier seit sieben Jahren, haben auch nichts mit Schickimicki am Hut“, sagt er.
Einbrüche und Einbruchsversuche gab es allerdings von Anfang an – wenn auch nicht in der Häufung wie derzeit. Versicherbar sei er dennoch schon lange nicht mehr. „Ich bleibe auf allen Schäden finanziell sitzen.“
Trotz seiner laut eigener Aussage guten Integration ins Viertel wird Neudecker angesichts der bevorstehenden Demo am 1. Mai mulmig. „Wir haben nur Notverglasung. Die ist leider nicht sehr stabil.“
Jellyfish ist vielfach ausgezeichnet
Das Jellyfish gehört zu den 13 absoluten Toprestaurants in Hamburg. Erst kürzlich hatte der Guide Michelin seinen Stern für das Feinschmeckerlokal in der aktuellen Ausgabe für das Jahr 2019 bestätigt.
Küchenchef Stefan Barnhusen wurde darüber hinaus für seine ungewöhnlichen Fischkreationen von der Zeitschrift "Feinschmecker" im März zum Koch des Monats gewählt.