Hamburg. Senat noch unentschieden, ob Elektro-Gefährte auf Gehwegen unterwegs sein dürfen. Dennoch startet ein Vermieter nächste Woche.
Nachdem sie in anderen europäischen Städten wie Paris, Madrid, Athen oder Wien schon länger unterwegs sind, rollt der Boom der Miet-E-Scooter nun auch auf Hamburg zu. "Grundsätzlich sind umweltfreundliche und innovative Mobilitätsformen in Hamburg sehr willkommen, da sie das Potenzial haben, den innerstädtischen Verkehr zu entlasten", sagt Christian Füldner von der Wirtschafts- und Verkehrsbehörde, die nach seinen Angaben "mit einer ganzen Handvoll" Sharing-Anbieter im Gespräch ist. Sie stehen in den Startlöchern, ihre Roller auch in der Hansestadt fahren zu lassen, sobald die rechtlichen Voraussetzungen dafür in Deutschland geschaffen sind.
Umstritten ist aber noch, wo die unterschiedlich schnellen Roller fahren dürfen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will alles, was nicht mehr als zwölf Stundenkilometer schafft, auf den Gehweg lassen. Schnellere Scooter bis zu 25 km/h sollen die Radwege beziehungsweise die Straße benutzen. Kritiker sehen insbesondere auf den Fußwegen ein erhöhtes Unfallrisiko. Der Versicherer Allianz warnte erst am Donnerstag vor deutlich höheren Unfall- und Verletztenzahlen.
Meinungsbildung in Hamburg nicht abgeschlossen
Wie der rot-grüne Hamburger Senat zur Scheuer'schen Verordnung steht, die voraussichtlich Mitte Mai final im Bundesrat beraten werden soll, ist noch nicht klar. Die Meinungsbildung sei noch nicht abgeschlossen, sagt Füldner. Um die Verkehrssicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum zu wahren, müssten aber "Konflikte zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln zwingend vermieden werden". Auch darum drehten sich die Gespräche mit den Sharing-Anbietern.
"Wir haben klassisch und traditionell ein sehr gutes Verhältnis zu den Behörden der Städte und sprechen mit ihnen darüber, wie wir unseren Service am besten anbieten können", sagt Dennis Heinert von der Daimler-Tochter MyTaxi, die unter der Marke Hive bereits in Paris, Athen, Lissabon und Warschau über eine App Roller zur Miete anbietet.
Anbieter Hive sieht großes Potenzial in Hamburg
"In Großstädten wie Hamburg sehen wir ein sehr großes Potenzial für E-Scooter." Das zeige das ausgiebige Nutzungsverhalten in anderen Metropolen, in denen ebenfalls gleich mehrere Anbieter am Start seien. Das Hive-Angebot ziele "ganz klassisch auf die first und die last Mile", sagt Heinert. Morgens könnten die Kunden auf dem Weg ins Büro mit dem E-Roller zur U-Bahn fahren und dann abends von der U-Bahn wieder nach Hause.
Darüber hinaus habe sich ein zweites Nutzungsfeld entwickelt, "nämlich das des Ausflugs-Scooters für etwas längere Strecken", erzählt er. In Athen, Paris und Lissabon habe sich zudem gezeigt, dass die Scooter auch viel von Touristen genutzt werden. "Und das dürfte dann auch in Hamburg so sein."
Pilotprojekt auf dem Desy-Campus
Mit wie vielen Scootern Hive in Hamburg am Start sein wird, wenn es denn so weit ist, will Heinert noch nicht verraten. "Als Faustregel gilt, dass ein Anbieter in einer Stadt mit mindestens 200 E-Scootern präsent sein muss, um einen Netzwerkeffekt zu erzielen und als Marke wahrgenommen zu werden. In Hamburg müssten das aber sicherlich mehr Scooter sein." Erste Erfahrungen wollen die Stadt und das Unternehmen ab kommender Woche in einem Pilotprojekt auf dem Campus des Desy-Forschungszentrums in Bahrenfeld sammeln. Dort sollen die rund 3000 Wissenschaftler und Mitarbeiter 100 Scooter nutzen können.
´"Mit einem Elektro-Scooter zu fahren macht Spaß und schützt das Klima", zeigt sich Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin (Grüne), schon überzeugt. Der Desy-Campus sei ideal zum Ausprobieren und Optimieren der Roller. «Von den Erfahrungen, die hier in Sachen Sicherheit und Fahrpraxis gemacht werden, können wir in Hamburg insgesamt profitieren und so einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende leisten.»