Hamburg. Modelle der VHH nach Pannenserie stillgelegt. Betreiber und Hersteller schweigen. Verkehrsclub warnt vor “einseitiger“ Senatsstrategie.
Sie sollten die Zukunft der Elektromobilität im Hamburger Nahverkehr einläuten, doch jetzt zeigt sich: Die vor zwei Jahren angeschafften Elektrobusse der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) haben so große Mängel, dass sie den regulären Betrieb nie aufgenommen haben und aus dem Verkehr gezogen seit Monaten ungenutzt im Depot stehen.
Den schweren Rückschlag Hamburgs auf dem Weg zur Vorzeigestadt der Elektromobilität hat eine Kleine Anfrage der Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann ans Licht gebracht. Demnach haben die beiden ersten reinen E-Gelenkbusse der Stadt die 30-tägige Testphase nicht überstanden.
Bus ist nie über Probefahrt hinaus gekommen
In der Senatsantwort heißt es: "Aufgrund von herstellerseitig zu vertretenden, qualitativen und betriebsrelevanten Mängeln konnten die beiden E-Gelenkbusse und die dazugehörige Ladeinfrastruktur auf der Strecke sowie auf dem Betriebshof nicht abgenommen werden."
Die silbernen Fahrzeuge des belgischen Herstellers Van Hool sollten eigentlich schon 2017 auf der Metrobuslinie 3 in Betrieb gehen. In Bahrenfeld und Tiefstack sind eigens dafür Ladestationen gebaut worden. Doch über Probefahrten seien die Fahrzeuge nie hinausgekommen, heißt es vom Senat. Auch das Portal nahverkehrhamburg.de hatte über die Pannenbusse berichtet.
Welche Mängel? VHH und Hersteller schweigen
Welche Mängel die Busse aufweisen, durfte eine VHH-Sprecherin dem Abendblatt gegenüber nicht preisgeben. Es handele sich um ein schwebendes Verfahren. Mit dem Bushersteller ist eine vertragliche Verschwiegenheit vereinbart worden. Aussagen zu technischen Details können deshalb nicht getroffen werden.
Den Senatsangaben zufolge wurde vom Hersteller bereits mehrfach versucht, die Mängel zu beheben. Das habe bisher aber "nicht zum erfolgreichen 30-tägigen und fehlerfreien Testbetrieb geführt". Immerhin habe die VHH die Möglichkeit, vom Liefervertrag zurückzutreten und die Kosten für erbrachte Vorleistungen wie das Verlegen von Zuleitungen und Straßenbauarbeiten geltend zu machen.
Verkehrsclub: Senatsstrategie zu einseitig
„Offensichtlich ist die Elektrobus-Strategie des Senats gescheitert", sagt Heike Sudmann. Auf dem Markt gebe es derzeit keine einsatzfähigen Gelenkbusse mit reinem Batterieantrieb. Berlin sei bereits zu diesem Ergebnis gekommen und wolle nun Oberleitungsbusse beschaffen, die auch mit Batterie fahren. Sudmann: "Auch der Hamburger Senat sollte seine Strategie noch einmal vorurteilsfrei überdenken.“
In die gleich Kerbe schlagen die Experten des VCD, des Verkehrsclub Deutschland. Der VCD-Nord bemängele seit Jahren die einseitige Strategie des Senats. E-Gelenkbusse benötigen Batterien, die drei Tonnen wiegen – weniger Fahrgäste sind die Folge. Der VCD fordert Hamburg deshalb auf, der Strategie der Berliner Verkehrsbetriebe zu folgen und Oberleitungsbusse in Erwägung zu ziehen. Ein Pilotbetrieb würde sich auf der kurzen, aber stark frequentierten Metrobuslinie 13 in Veddel und Wilhelmsburg anbieten.
XXL-Busse des Herstellers machten schon zuvor Probleme
Die nun von den Pannenbussen betroffenen Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) betreiben seit 2016 auch zwei kleinere, reine Elektrobusse auf den Linien 48 und 49. Zehn weitere E-Fahrzeuge werden derzeit abgenommen. Bis Ende 2020 will die VHH bis zu 40 Elektrobusse beschaffen.
Zuvor war es schon mit den konventionell angetriebenen XXL-Bussen der belgischen Firma Van Hool in Hamburg zu Problemen gekommen. Zeitweise befand sich jeder sechste XXL-Bus wegen Schäden an den Gelenken in Reparatur. Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum sagte seinerzeit dem Abendblatt, dass die XXL-Busse von Van Hool „deutlich anfälliger“ für Probleme an den Gelenken seien.
Erst vor einer Woche hatte Bürgermeister Peter Tschentscher zur feierlichen Inbetriebnahme des ersten serienreifen Elektrobusses der Hochbahn (ohne Gelenk) gesagt: „Es ist ein großer Tag. Nicht nur für Hamburg. Viele reden über E-Mobilität im Busverkehr, wenige gehen es ernsthaft an.“ Dieser Angang hat nun wieder einen Dämpfer erhalten.