Hamburg. BUND und CDU warnen vor Kostenanstieg durch teure Entsorgung des Erdaushubs – und fordern Preiskalkulation. Planfeststellung startet.
Zuerst die gute Nachricht für alle, die seit Jahrzehnten auf einen Anschluss ihres Stadtteils an das Hamburger Schnellbahnnetz warten: Die Hochbahn hat jetzt die Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren für den ersten Bauabschnitt der U 5 von Bramfeld nach Steilshoop bei der zuständigen Wirtschaftsbehörde eingereicht. „Hier wird nun die Vollständigkeitsprüfung durchgeführt. Im Anschluss daran werden die Unterlagen öffentlich ausgelegt“, sagte Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum dem Abendblatt.
„Wann die Auslegung erfolgt, ist noch nicht final geklärt. Der Abschluss der Entwurfs- und Genehmigungsplanung ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Realisierung der U 5. Auf dieser Basis kann nun eine verlässliche Kostenschätzung erfolgen.“
„Fehlende Kostentransparenz zur U 5 ist befremdlich“
Eine solche Kalkulation allerdings fordern Teile der Opposition schon seit geraumer Zeit. Hochbahn und Senat dagegen betonen, dass eine Kostenschätzung erst dann seriös abzugeben sei, wenn der Verlauf der Linie genau feststehe und alle wesentlichen Details geprüft seien – und nicht vorher.
„Die fehlende Kostentransparenz zur U 5 ist schon sehr befremdlich“, sagt dagegen Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Es sollen bereits mindestens 45 Millionen Euro in die Planung geflossen sein. Da muss es für die Wirtschaftsbehörde möglich sein, eine belastbare Kostenschätzung auf den Tisch zu legen.“
BUND rechnet mit 127.000 Lkw für Boden-Abtransport
Zugleich verweist der BUND-Chef auf die Gefahr massiver Preissteigerungen und extremer Verkehrsbelastungen durch die Bauarbeiten durch einen bisher wenig beachteten Kostenfaktor. Nach Berechnungen des BUND müssen für den Bau der bisher geplanten Strecke rund 4,8 Millionen Kubikmeter Erde ausgehoben werden. Nur etwas mehr als 1,3 Millionen Kubikmeter Erde davon aber können nach BUND-Kalkulation wieder eingebaut, also zurück in den Untergrund befördert werden.
Die restlichen rund 3,5 Millionen Kubikmeter Boden müssten zum einen über die Jahre des Baus jeweils mit Kolonnen von Lkw quer durch Hamburg abtransportiert werden – was die Behauptung, durch U-Bahn-Bau entstünden kaum Verkehrsbehinderungen, infrage stellen könnte. Nach Berechnungen des BUND würden rund 127.000 Lkw-Fahrten zum Abtransport nötig.
Zu wenig Deponien für die Entsorgung des Aushubs
Zum anderen könnte die Entsorgung der Erdmassen laut BUND die Baukosten massiv in die Höhe treiben. Denn es gebe zu wenig Deponien, und die Preise für die Deponierung hätten erhöht. Das habe sich zuletzt schon bei anderen Bauprojekten gezeigt.
„Die Entsorgung von Bodenaushub kann bei der U 5 ein Fass ohne Boden werden“, sagte Braasch dem Abendblatt. „Nach unseren Schätzungen fallen mindestens 3,5 Millionen Kubikmeter an, die entsorgt werden müssen. Deponieraum ist aber knapp und vor allem teuer. Logistisch kann der Abtransport per Lkw mitten durch die Stadt zum Albtraum werden. Es wird Zeit, dass die Wirtschaftsbehörde das Entsorgungskonzept präzise erläutert.“
Konkrete Aussagen zu Berechnung derzeit „nicht möglich“
Behördensprecherin Susanne Meinecke betonte, dass bei den Planungen „potenzielle Verkehrsführungen, Verkehrsbelastungen, Bodenverwertungschancen und Deponiekapazitäten berücksichtigt und abgewogen“ würden. Exakte Aussagen zu Berechnungen seien aber „mit derzeitigem Planungsstand nicht möglich“, so die Sprecherin.
Dazu gebe es noch zu viele Faktoren, wie die „Abhängigkeiten von Geometrien und Lagen der Haltestellen, Tunnelquerschnitten, Trasse und Gradiente“, so Meinecke. „Wir erläutern das Konzept für den Bodenaushub, wenn es fertig ist, und nicht, wenn ein Verband es fordert.“
CDU-Abgeordneter Ploß unterstützt Kritik des BUND
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß pflichtet derweil dem BUND bei und sieht ebenfalls Probleme bei der Bodenentsorgung. „Die Zahlen sind sehr plausibel – die Kosten für den Erdaushub werden enorm sein“, sagte Ploß dem Abendblatt. „Dass SPD und Grüne bis heute keine Kosten für den Bau der U-5-Linie vorgelegt haben, ist inakzeptabel und gefährdet das Projekt. Dies ist deswegen so ärgerlich, da wir auf Initiative der CDU die Bundesmittel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland deutlich erhöht haben.“
Die Bundesmittel könnten aber nur abgerufen werden, „wenn der Bau der U 5 einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis entspricht“, so Ploß. „Der rot-grüne Senat muss die Kosten für den Bau der U 5 endlich offenlegen.“
Hochbahn betont, man plane seriös und zuverlässig
Bei der Hochbahn legt man derweil großen Wert darauf, seriös zu arbeiten – und nicht voreilig Zahlen in die Welt zu setzen. Dass man seriös und zuverlässig plane, habe man schließlich gerade erst bei der Verlängerung der U 4 zu den Elbbrücken bewiesen. Die wurde bekanntlich mehr als 30 Millionen Euro billiger als zunächst kalkuliert.
BUND-Chef Braasch allerdings bleibt derweil bei seiner Warnung vor einem massiven Preisanstieg des Projekts. „Sollte sich eine Kostenexplosion abzeichnen und zudem die Entsorgung des Bodenaushubs echte Probleme machen, muss die Entscheidung für die U 5 jetzt auf den Prüfstand“, so Braasch. „,Augen zu und durch‘ geht in keinem Fall – zumal es mit der Stadtbahn eine wirklich bessere und günstigere Alternative gibt.“