St. Pauli. 1400 Gäste strömten in die Rindermarkthalle, um norddeutsche Sterneküche zu kosten – und ein Gericht nach dem Rezept von Oma Erna.

Bei Spitzenköchen in die Töpfe gucken, sehen, wie sie die Suppe oder Soße so sämig hinbekommen, das Fleisch würzen, die Sushirolle aufschneiden, das Dessert garnieren? Am Sonntag hatten rund 1400 Besucher in der Rindermarkthalle Gelegenheit dazu. An 15 Stationen probierten sie beim „Pottkieker Kochfestival“ einen ganzen Nachmittag lang, was die Profis ausschenkten und anrichteten.

Zum Beispiel Jens Rittmeyer. Der Sternekoch aus Buxtehude servierte in Meersalz gegarte Zwiebel mit Sellerie-Petersilien-Pürree, Apfel-Cider-Soße, Rapskernöl-Hollandaise und Getreideknusper. Ein vegetarisches Vergnügen mit sehr gelungener Tunke. „Wir sind zum ersten Mal dabei und sind sehr gespannt“, sagte der als Soßen-Experte bekannte Küchenchef. 1200 Portionen hatte er im Gepäck.

Lange Schlangen vor den Kochstationen

Auch Dirk Luther hatte in der heimischen Küche in Glücksburg vorgearbeitet und 100 Kilo Fleisch für seine Rinderbäckchen mit Rotwein-Jus geschmort. „Das ist das Klassentreffen von norddeutschen Spitzenköchen“ sagte der mit zwei Michelin-Sternen Ausgezeichnete. Deshalb durften die Hamburger Kollegen Thomas Martin aus dem Jacob mit seiner Bouillabaisse sowie Karlheinz Hauser vom Süllberg mit asiatischem Hühnchen-Ragout nicht fehlen. An ihren Kochstationen bildeten sich lange Schlangen.

Hauser kam direkt aus Berlin, wo er das Catering für 1400 Gäste bei der Gala der Goldenen Kamera verantwortet hatte. „Ich habe eine Stunde geschlafen, die letzten Gäste gingen heute um 6.30 Uhr.“

Noch mehr Genuss-Stände in der Rindermarkthalle

Ausrichter des Gourmet-Festivals war die Edeka Nord mit Sitz in Neumünster. „Wir wollen Lebensmittel und Genuss erlebbar machen“, sagte Jörg Meyer. Er betreibt mehrere Supermärkte und auch das Edeka-Center in der Rindermarkthalle. „Nach dem Erfolg im vergangenen Jahr haben wir dieses Mal noch mehr Genuss-Stände aufgebaut. Und die Planungen für 2020 laufen.“

Als Partner begrüßte Meyer Francesco Mutti, Chef eines 120 Jahre alten Familienunternehmens für Tomaten-Produkte aus Parma. „Das ist eine tolle Veranstaltung“, so der Italiener. „Essen ist nicht einfach Nahrungsaufnahme, sonder Kunst und Vergnügen.“ Dieser Meinung waren auch Heidi und Richard Neff, die mit einer Gruppe von Abendblatt-Lesern das kulinarische Stelldichein besuchten. „Mein Mann hat mir die Karten zum Geburtstag geschenkt“, so die 75-Jährige, „denn ich koche jeden Tag frisch und probiere Neues aus.“ „Und ich profitiere davon“, sagte ihr 83-Jähriger Ehemann, „es schmeckt immer alles sehr gut.“

Schweinebauch-Rezept von Oma Erna

Gibt es bei dem Bergedorfer Ehepaar vielleicht demnächst Sushi? Die hatte nämlich Heiko Stock aus dem gleichnamigen Lokal im Alstertal im Gepäck. Zarter Fisch mit klebrigem Reis, scharfer Sauce und Sesam landete appetitlich auf den Tellern. „Ein sehr gutes Konzept, ich hatte gleich Lust, hier teilzunehmen“, so der Küchenchef. Wie Wein-Expertin Natalie Lumpp war auch Matthias Gfrörer aus der Gutsküche zum zweiten Mal dabei. Er bewertete das Gaumen-Festival als „buntes Potpourri von gutem Handwerk“ und servierte Bauch vom Wulksfelder Ferkel mit Kartoffel-Sellerie-Pürree, Birne, dreierlei Bohnen und Speckjus.

Diese Sterneköche kochten beim Pottkieker Festival 2019

  • Thomas Martin, Jacobs Restaurant, Hamburg
  • Dirk Luther, Restaurant Meierei Dirk Luther, Glücksburg
  • Karlheinz Hauser, Süllberg, Hamburg
  • Jens Rittmeyer, Hotel Navigare , Buxtehude
  • Matthias Gfröer, Gutsküche Wulksfelde, Tangstedt
  • Marco D'Andrea, The Fontenay, Hamburg
  • Lutz Niemann, Maritim Seehotel, Timmendorfer Strand
  • Pierre Nippkow, Ostseelounge, Ostseebad Dierhagen
  • Heiko Stock, STOCK'S, Hamburg

„Seit drei Monaten habe ich die Schweinebäuche gesammelt, insgesamt 78 Kilo“, so der Chef aus dem Bio-Restaurant kurz hinter der Stadtgrenze. Das Rezept stammt von seiner Oma Erna. „Ich habe mir immer dieses Gericht von ihr gewünscht.“ Nach Olivenöl- und Schinken-Verkostung, Limonaden und Käse, Kaffee und Säften lockte das Dessert von Marco D’Andrea, Chef-Patissier im Fontenay Hotel. Zusammen mit drei Kollegen stellte er Chai Latte Eis, in Rum eingelegte Früchte, Schwarztee-Granite, Haselnuss-Cake, Mandelcreme, Mini-Portwein-Feigen, essbare Blüten, Baiser-Knusper und Blattgold zu einem süßen Vergnügen zusammen. „Vier Tage haben wir vorbereitet, insgesamt 24.000 Handgriffe für vier Leute“, sagte der Experte, der einzelne Komponenten in kleinen Pizzakartons aufbewahrte.