Hamburg/Kiel. Fast die Hälfte aller Stellen in Hamburg Commercial Bank werden gestrichen. Sozialplan unterzeichnet. Kiel und Hamburg betroffen.
Stefan Ermischs Zukunftsperspektive für die Hamburg Commercial Bank (HCoB) klingt nicht gerade bescheiden: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir zu einer der besten deutschen Banken werden können“, sagte der Vorstandschef der früheren HSH Nordbank am Donnerstag bei der ersten Bilanzpressekonferenz des Instituts nach der Privatisierung Ende November.
Mit Blick auf das im Dezember vorgestellte drastische Sparprogramm, das den Abbau von deutlich mehr als 700 Vollzeitstellen bis 2021 vorsieht, und auf vorangegangene Stellenstreichungen sagte Ermisch: „Was anderen Häusern noch bevorsteht, haben wir schon hinter uns.“ Er ließ offen, ob er damit die derzeit in Fusionsgesprächen befindlichen Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank meinte oder auch Landesbanken wie die Nord/LB in Hannover.
Ermisch geht allerdings davon aus, dass die Privatisierung der Ex-HSH „Signalwirkung“ haben wird. Insgesamt gebe es im deutschen Bankensektor einen „unglaublichen Restrukturierungsrückstau“, der erst in der jüngsten Zeit zum Thema geworden sei.
Besonders stark vom Abbau betroffen ist der Standort Kiel
Nachdem die Zahl der Vollzeitstellen in der HCoB bereits 2018 von 1926 auf 1716 gesunken ist, soll sie mittels des aktuellen Abbauprogramms bis Mitte 2021 weiter auf rund 955 Vollzeitkräfte zurückgehen. Besonders stark betroffen ist der Standort Kiel. Dort sollen von 658 Stellen (Ende 2018) nur noch 235 erhalten bleiben. In Hamburg gehen dem Plan zufolge 293 der 938 Vollzeit-Arbeitsplätze verloren – also fast jeder dritte.
Nach Darstellung des Vorstands fallen vor allem Funktionen weg, die nach der Privatisierung und dem nahezu vollständigen Abbau der Altlasten nun nicht mehr erforderlich sind. Außerdem wird unter anderem das Vermögensverwaltungsgeschäft für Privatkunden eingestellt, die Betriebskantinen sollen ausgelagert werden. Mit solchen Maßnahmen will der HCoB-Vorstand das Institut zu einer „ganz normalen Bank“ machen. In den kommenden Jahren soll die Eigenkapitalrendite von aktuell etwa zwei Prozent auf mehr als acht Prozent steigen.
Im Neugeschäft allerdings kommt die Bank nicht so recht voran. Es verringerte sich 2018 leicht auf 8,4 (8,6) Milliarden Euro, gerade auch in der Unternehmenskunden-Sparte. „Da tun wir uns in der Branche alle etwas schwer“, so Ermisch. Die HCoB wolle sich jedenfalls nicht am derzeit „ruinösen Preiswettbewerb“ im Geschäft mit der Vergabe von Firmenkrediten beteiligen. Auf längere Sicht ergeben sich für die Norddeutschen jedoch nach Einschätzung des Bankchefs gute Perspektiven: „Wir sind ein Spezialfinanzierer, der mittelständischen Kunden auf Augenhöhe begegnet – was Großbanken nicht tun.“
Der Gewinn 2018 resultiert aus einem Sondereffekt
Während das Neugeschäft in der gewerblichen Immobilienfinanzierung praktisch stagnierte, hat es sich im Bereich Schiffsfinanzierung auf niedrigem Niveau auf 1,0 Milliarden Euro verdoppelt. „Wir glauben, dass hier künftig wieder einiges möglich ist“, so Ermisch.
Für das vergangene Jahr wies die HCoB einen Gewinn vor Steuern von 97 Millionen Euro aus, nach einem Verlust von 453 Millionen Euro 2017. Allerdings sind beide Zahlen von erheblichen Sondereffekten geprägt. Nachdem diese im Vorjahr mit der Vorbereitung auf die Privatisierung zusammenhingen, stand 2018 ein kräftiger Sonderertrag in der Größenordnung von fast einer Milliarde Euro als Folge der Kündigung von bestimmten Anleihen – so genanntem Hybridkapital – im Vordergrund.
„Ohne diese Aktion hätte die Bank erneut einen hohen Verlust ausweisen müssen“, kommentierte das Norbert Hackbusch, finanzpolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion der Linken. Sie bezeichnet das Gebaren der HCoB als „unverschämt“. Mit den jetzt veröffentlichten Zahlen wolle sie demonstrieren, dass sie als Privatbank erfolgreich sei, nachdem sie jahrelang mit staatlichen Milliarden am Leben gehalten werden musste. „Bei der Bank hat sich nichts geändert: Wie immer müssen andere die Last tragen“, so Hackbusch. In den Jahren seit 2009 seien es die Steuerzahler gewesen, jetzt die Gläubiger, die solche nun von der Bank einseitig gekündigten Anleihen gekauft haben. Für je 100 Euro Anlagebetrag wolle die HCoB nur noch weniger als 15 Euro zurückzahlen.
Im Streit über die Kündigung hat eine Gruppe von Gläubigern Klage eingereicht und fordert von der Bank eine Milliarde Euro. Die Kapitalmaßnahme sei aber mit den Aufsichtsbehörden „vorabgestimmt“ gewesen, sagte Finanzvorstand Oliver Gatzke. „Aus unserer Sicht sind die Argumente der Kläger weitgehend substanzlos.“ Das Rechtsrisiko schätze man als gering ein.
Folgt dem Verkauf nach fünf bis zehn Jahren ein Börsengang?
Für 2019 erwartet Ermisch ein „leicht positives“ Ergebnis vor Steuern. Entscheidend wird für die Bank jedoch der Halbjahresabschluss 2021 mit dem Ausblick auf das Gesamtjahr sein. Denn auf der Basis dieser Informationen wird sich erweisen, ob der Bundesverband der Privatbanken die HCoB wie vorgesehen in seinen Sicherungsfonds aufnimmt. Aus der Haftungsgemeinschaft der Sparkassen und Landesbanken müssen die Norddeutschen aufgrund der Privatisierung ausscheiden.
Besitzer der HCoB ist heute eine Gruppe von US-Finanzinvestoren. Bei solchen Investoren sei eine Haltedauer ihrer Beteiligungen von fünf bis zehn Jahren üblich, sagt Ermisch. Dann sei auch ein Börsengang möglich.
Für den Vorstand hat sich die Privatisierung schon jetzt ausgezahlt: Laut Geschäftsbericht hat die Gesamtvergütung der vier Mitglieder im vorigen Jahr von 2,5 Millionen auf knapp 3,5 Millionen Euro zugelegt. Von der Bank hieß es dazu, bis zur Ablösung der staatlichen Garantien seien die Gehälter auf je rund 500.000 Euro gedeckelt gewesen. Diese Beschränkung sei mit dem Verkauf jedoch weggefallen.