Hamburg. Christdemokraten feiern im Gewerkschaftshaus ihren designierten Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl.

Er war Bezirksabgeordneter, saß in der Bürgerschaft, war vier Jahre Landesvorsitzender und vertritt seine Partei seit 2005 im Bundestag. Doch obwohl Marcus Weinberg in der Hamburger CDU fast alles erlebt hat, war dieser Auftritt für ihn doch etwas Besonderes: Am Dienstagabend trat der 51-Jährige erstmals als designierter Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl in elf Monaten auf einem CDU-Parteitag auf.

Im Musiksaal des Gewerkschaftshauses am Besenbinderhof bekam Weinberg die Rückendeckung der Mitglieder, die er sich erhofft hatte. Minutenlang applaudierten die knapp 200 Christdemokraten stehend dem Mann, der für sie im Optimalfall das Rathaus zurückerobern soll – obwohl die CDU in Anbetracht der mageren Wahl- und Umfrageergebnisse (um 15 Prozent) erstmals keinen „Bürgermeister-Kandidaten“ nominiert.

Der „Selbstzufriedenheit“ den Politikwechsel entgegensetzen

Weinberg machte zu Beginn seiner rund 30-minütigen Rede deutlich, wie viel ihm der Rückhalt der Partei bedeutet: „Mir war wichtig, dass man mir das Vertrauen ausgesprochen hat“, sagte der Familienpolitiker aus Altona mit Blick auf die Landesvorstandssitzung am Sonntag, in der er einstimmig als Spitzenkandidat vorgeschlagen worden war. Dort habe er auch die „Kraft und Motivation“ gespürt, die CDU wieder nach vorn zu bringen.

Wie zuvor Parteichef Roland Heintze und Fraktionschef André Trepoll warf Weinberg dem rot-grünen Senat vor, die Stadt nur zu verwalten und keine Ideen für die Zukunft zu entwickeln. „Drüben im Rathaus sitzen die Machtverwalter“, sagte Weinberg. „Die Gestalter sind hier, das sind wir.“ Der „Selbstzufriedenheit“ des Senats wolle er einen „Politikwechsel“ entgegensetzen, so der designierte Spitzenkandidat, der offiziell im Herbst zusammen mit der Landesliste der CDU gekürt werden soll. Die Bürgerschaftswahl findet am 23. Februar 2020 statt.

Weinberg ist Fan des FC St. Pauli

Hämische Kommentare in nahezu jedem Beitrag musste sich Weinberg nur aus einem Grund gefallen lassen: Er ist bekennender Fan des FC St. Pauli – innerhalb der CDU ganz offensichtlich nicht mehrheitsfähig. „Deine einzige Schwäche, aber darüber sehen wir hinweg“, sagte der Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß mit einem Schmunzeln.

„Marcus Weinberg ist unser Brückenbauer, er soll für uns Wahlen gewinne und wieder Mitgestaltung ermöglichen“, sagte der CDU-Landesvorsitzende Roland Heintze, der die Erwartung formulierte, dass der als liberal geltende Spitzenkandidat „Brücken“ in die Gesellschaft baut und sich als „anschlussfähig“ zu politischen Mitbewerbern zeigt. Eine wichtige Zwischenstation dafür seien im Mai die Wahlen zu den Bezirksversammlungen und zum Europaparlament – für das Heintze sich bewirbt: „Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass in Hamburg jedes Rathaus sozialdemokratisch regiert wird“, so Heintze.

Auch Fraktionschef Trepoll, der seinerseits auf die Spitzenkandidatur verzichtet hatte, lobte Weinberg. Der werde dafür sorgen, dass die Wahl spannend wird. Angesichts von SPD-Kommentaren zur CDU, die er als arrogant empfunden habe, meinte Trepoll: „Warten wir mal den Wahltag ab. Ich freue mich jetzt schon darauf, wie die Sozias dumm aus der Wäsche schauen und wir zeigen, dass wir wieder da sind.“