Hamburg. Wenn sich Ausländerinnen mit fingierten Vaterschaften ein Aufenthaltsrecht verschaffen, sind Behörden oft machtlos.

Das Problem, das die Hamburger CDU jetzt angehen will, hat viele Namen: Von „Scheinvaterschaften“ sprechen die einen, von „gekauften Vaterschaften“ andere. Im Behördendeutsch ist meist umständlich von „missbräuchlicher Anerkennung der Vaterschaft“ die Rede. Gemeint ist aber immer das gleiche: Ausländische Frauen, die von Ausweisung oder Abschiebung bedroht sind, überreden einen deutschen Mann, gegen eine entsprechende Gegenleistung die Vaterschaft für ihr Kind anzuerkennen. Das Kind erhält dann automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, und die Mutter zwecks „Ausübung der Personensorge“ ebenfalls ein Aufenthaltsrecht. Alternativ reicht es auch, wenn der angebliche Vater eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hat.

Dass diese Regelung missbrauchsanfällig ist, ist Politik und Behörden lange bewusst. 2017 gab es einen großen Aufschrei, als der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) aufdeckte, dass es allein in der Hauptstadt bis zu 700 solcher Fälle geben soll und Frauen sich die Unterschrift eines deutschen Mannes unter eine Vaterschaftsanerkennung bis zu 5000 Euro kosten lassen sollen. Auch aus Bremen wurde über dieses Geschäftsmodell und ähnliche Summen berichtet: Die Ausländerbehörde wisse von Männern, die bis zu 14 Vaterschaften anerkannt hätten, berichtete der „Weserkurier“. Besonders skurril: Der rbb schilderte auch einen Fall, in dem ein bekannter Neonazi die Vaterschaft für das Kind einer Vietnamesin anerkannt haben soll.

Auch in Hamburg sind die Vorgänge bekannt

Auch in Hamburg sind solche Vorgänge bekannt, hier sprechen die Behörden allerdings bislang nur von „Einzelfällen“. In der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der AfD hieß es, dass von Anfang 2015 bis Herbst 2018 in 4383 Fällen ein Aufenthaltsrecht für ein Elternteil zwecks „Ausübung der Personensorge“ erteilt worden sei. Allerdings lässt diese Zahl noch keine Rückschlüsse auf Missbrauch zu. Denn nur in 13 Fällen ging die Ausländerbehörde einem Missbrauchsverdacht nach: In drei Fällen bestätigte sich dieser, in acht nicht, zwei Fälle befanden sich seinerzeit noch in Prüfung.

Allerdings, und hier setzt nun der Vorstoß der CDU an: Von sich aus tätig werden, darf die Ausländerbehörde gar nicht. Das habe das Bundesverfassungsgericht 2013 entschieden, teilte die Behörde auf Abendblatt-Anfrage mit. Vaterschaftstests seien in dem Zusammenhang generell nicht erlaubt, und eine einmal beurkundete Vaterschaft dürfe seitens der Ausländerbehörde auch nicht mehr angezweifelt werden. Einem Missbrauchsverdacht nachgehen darf das der Innenbehörde unterstellte Amt überhaupt nur, wenn die beurkundenden Stellen, etwa Notare oder Standesämter, einen Hinweis geben.

Zwei Maßnahmen

Prominente Hamburger CDU-Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries (CDU), die Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Gladiator und Joachim Lenders, die stellvertretende Landesvorsitzende Nathalie Hochheim sowie die JU-Vorsitzende Antonia Haufler, schlagen daher nun zwei Maßnahmen vor: Erstens solle „die Anerkennung der Vaterschaft bei ausländischen Kindern durch deutsche Väter unter den Zustimmungsvorbehalt der zuständigen Ausländerbehörde“ gestellt werden, heißt es in ihrem Antrag.

Sie würden damit nicht nur im Ausnahmefall, sondern regelhaft und vor allem vor der Entscheidung über die Vaterschaft involviert werden. Und zweitens wollen die Christdemokraten das Staatsangehörigkeitengesetz so ändern, dass nicht nur ein Elternteil, sondern beide im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein müssen, damit ihr in Deutschland geborenes Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt.

CDU-Landesparteitag soll entscheiden

Der Antrag wird am Dienstag auf dem Landesparteitag der CDU behandelt und soll – Zustimmung vorausgesetzt – dann an die Union-Fraktion im Bundestag gehen. „Die Akzeptanz des Asylrechts in unserer Gesellschaft hängt entscheidend auch davon ab, dass seine missbräuchliche Inanspruchnahme konsequent bekämpft und abgestellt wird“, sagte de Vries, der früher familienpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion war. „In Hamburg und anderen deutschen Großstädten gibt es eine erhebliche Zahl von Scheinvaterschaften durch deutsche Männer oder Ausländer mit Aufenthaltsrecht, die ausschließlich dem Zweck dienen, ausreisepflichtigen Müttern und ihren zuvor geborenen Kindern rechtsmissbräuchlich ein Bleiberecht zu verschaffen.“

Dieses „Geschäftsmodell“ habe folgenschwere Konsequenzen, laufe aber bislang weitgehend unter dem Radar der Ausländerbehörden, weil diese nicht in den Anerkennungsprozess eingebunden seien, so de Vries. „Wir wollen diese Form der Erschleichung von Aufenthaltsrechten beenden, indem wir die bestehenden Lücken schließen.“