Hamburg. Streit über Schließung des Schutzzentrums für geflüchtete Frauen und Kinder, die Gewalt und sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren.
Die Zahl der nach Hamburg kommenden Flüchtlinge ist im vergangenen Jahr erneut leicht zurückgegangen. Nur noch 8927 aus Krisen- und Kriegsgebieten geflohene Menschen wurden im Jahr 2018 in Hamburg registriert, 4780 blieben in der Hansestadt, die übrigen wurden nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel in andere Bundesländer verteilt. Von den in Hamburg verbliebenen Menschen wurden 2947 öffentlich untergebracht, die anderen suchten sich selbst eine Bleibe. Im Jahr 2017 waren mit 9006 Flüchtlingen noch etwas mehr Schutzsuchende nach Hamburg gekommen, 5408 waren in der Stadt geblieben und 3321 öffentlich einquartiert worden. Das hat der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) des Senates am Donnerstag mitgeteilt.
Damit liegt die Zahl der aufgenommen Flüchtlinge weiter deutlich unter den Zahlen vor der Flüchtlingskrise. Im Jahr 2015 waren 61.598 Geflüchtete nach Hamburg gekommen, von denen 22.299 hier bleiben durften und 20.987 in öffentlichen Einrichtungen untergebracht wurden. 2016 sank die Zahl der in die Hansestadt gelangenden Flüchtlinge auf 40.868, es wurden nach der bundesweiten Umverteilung mit 22.315 aber sogar etwas mehr Menschen hier aufgenommen als 2015. Im Jahr 2014, also noch vor der großen Flüchtlingswelle von 2015, waren mit 13.042 deutlich mehr Schutzsuchende nach Hamburg gekommen als im vergangenen Jahr 2018.
Vier Folgeunterkünfte wurden geschlossen
Im Dezember 2018 wurden noch 709 Flüchtlinge in der Hansestadt registriert, von denen 369 Hamburg in der bundesweiten Verteilung zugewiesen wurden und daher hierblieben – der zweitniedrigste Stand nach April und Juni. 237 Frauen, Männer und Kinder erhielten einen Platz in einer öffentlichen Unterkunft.
Im Dezember hatte der Bezirk Hamburg-Nord laut ZKF die Folgeunterkunft „Pehmöllers Garten“ an der Papenreye, Ecke Borsteler Bogen mit einer Gesamtkapazität von rund 400 Plätzen eröffnet. Im Bezirk Eimsbüttel wurde zudem der zweite Bauabschnitt am Standort Alma-Ohlmann-Weg (früher Hagendeel) mit etwa 290 Plätzen in Betrieb genommen. Darüber hinaus seien vier Folgeunterkünfte aus rechtlichen oder baulichen Gründen geschlossen worden, so der ZKF: die Folgeunterkünfte Borsteler Chaussee und Kiwittsmoor (P+R) in Hamburg-Nord, Waldreiterring in Wandsbek sowie Bahrenfelder Straße in Altona. Insgesamt sind in Hamburg derzeit noch sechs Erstaufnahmeeinrichtungen sowie das Ankunftszentrum in Betrieb. Dort lebten am 31. Dezember 2018 insgesamt 1224 Menschen, 450 Personen im Ankunftszentrum und 774 in Erstaufnahmen. Es gibt außerdem jetzt 128 Folgeunterkünfte mit 34.227 Plätzen.
FDP fordert Klarheit über Schutzräume für Frauen
Angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen gibt es hier und da Konflikte über geplante Schließungen von Einrichtungen. So räumte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) Ende November in der Bürgerschaft ein, dass die Innenbehörde die Schutzeinrichtung für geflüchtete Frauen und Kinder am Kaltenkircher Platz/Kaltenkirchener Straße „zurückbauen“ wolle. Dort sind Frauen untergebracht, die Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen waren und eines besonderen Schutzes bedürfen. Die Einrichtung ist aber vom Status her eine Erstaufnahme und daher nicht für die längerfristige Unterbringung konzipiert. Leonhard sicherte zwar zu, dass es eine andere Perspektive für die Frauen geben solle, äußerte sich aber dabei noch nicht zu konkreten Plänen.
FDP-Integrationspolitikerin Christa Nicolaysen forderte jetzt Klarheit zur Zukunft der besonders schutzbedürftigen Frauen und Kinder. „Bis zu 150 Frauen und Kinder finden in der Erstaufnahme am Kaltenkircher Platz Schutz. Nicht wenige von ihnen sind Opfer von Gewalt“, so Nicolaysen. „Der Senat lässt weiterhin offen, wie er geflüchteten Frauen und Kindern zukünftig Sicherheit bieten will. Die Ergebnisse unserer Anfrage zeigen, dass der Bedarf nach wie vor hoch ist. Höchste Zeit, dass Sozialsenatorin Leonhard hier Klarheit schafft.“
Nach alternativen Standorten wird gesucht
Die FDP-Politikerin bezieht sich dabei auf eine Antwort des Senates auf ihre Kleine Anfrage zu dem Thema. Danach war die Auslastung der Einrichtung zwar gesunken, allerdings waren dort im Dezember 2018 immerhin noch 79 Menschen untergebracht, 41 Frauen und 38 Kinder. Allerdings zeigen die monatlichen Belegungszahlen seit Januar 2017 einen deutlichen Rückgang. Seit Sommer 2018 wohnen in der auf 150 Personen ausgelegten Einrichtung durchweg weniger als 100 Frauen und Kinder. Auch die Jahreszahlen zeigen einen deutlichen Rückgang bei der Nutzung der Erstaufnahme für Frauen. Waren hier 2017 über das gesamte Jahr verteilt noch 1328 Menschen untergebracht, so lebten hier 2018 nur noch 1094 Frauen mit ihren Kindern.
In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Innenpolitikerin Christiane Schneider betont der Senat, dass ihm „der Schutz von Frauen und ihren Kindern, die von Gewalt betroffen sind, ein großes Anliegen“ sei. Allerdings würden die Kapazitäten in der Kaltenkirchener Straße wegen der sinkenden Flüchtlingszahlen nicht mehr ausgeschöpft. „Die zuständigen Behörden sind gemeinsam mit f & w fördern & wohnen und der Koordinierungsstelle savîa steps against violence (savîa) bereits auf der Suche nach alternativen Standorten für eine öffentlich–rechtliche Unterkunft, die den Schutzbedarf der Frauen weiterhin gewährleisten“, so der Senat. „Alle Beteiligten sind sich einig, dass Frauen, die in ihrem Herkunftsland, auf der Flucht oder seit ihrer Ankunft von Gewalt betroffen sind, einen besonderen Schutz- und Unterbringungsbedarf haben.“ Derzeit würden mögliche Standorte geprüft.