Hamburg. Ver.di streikt ausgerechnet in Ferien. Mehr als 50 Flüge fallen aus. Viele Reisende müssen umbuchen. Urlauber sitzen auf Mallorca fest.
Der Aufruf zum Warnstreik der Gewerkschaft Ver.di am Hamburger Flughafen hat am Donnerstag zu Dutzenden Flugstreichungen geführt. Bis zum Nachmittag fielen 54 Flüge aus, jeweils zur Hälfte an- und abgehende Maschinen.
Dadurch seien bereits Tausende Passagiere betroffen, sagte eine Flughafen-Sprecherin. Von 12.30 Uhr an, als die rund 1000 Beschäftigten der Gepäck- und Flugzeugabfertigung zur Arbeitsniederlegung aufgefordert waren, sollte es ursprünglich rund 250 Flüge mit 30.000 Passagieren geben.
Die Gewerkschaft Ver.di teilte am Nachmittag mit, dass sich rund 150 Mitarbeiter der Bodenverkehrsdienste an dem Warnstreik beteiligen. Irene Hatzidimou, Verhandlungsführerin auf Gewerkschaftsseite, sagte, es sei nun an den Arbeitgebern, "ein diskussionsfähiges Angebot" vorzulegen: "Alles weitere ist davon abhängig. Die Tarifkommission wird versuchen, die Öffentlichkeit rechtzeitig zu informieren, sollte es zu weiteren Warnstreiks kommen müssen."
Arbeitgeber: "Streik trifft vor allem Familien"
Der Warnstreik mitten in den Hamburger Ferien sei völlig verantwortungslos und sozial zutiefst ungerecht, sagte der Geschäftsführer der HAM Ground Handling, Christian Noack. "Ver.di trifft damit vor allem die jetzt reisenden Familien." In der Tochterfirma des städtischen Flughafens sind die Bodenverkehrsdienste (BVD) gebündelt.
Betroffen von den Flugstreichungen waren Ziele wie Porto (Portugal), Palma de Mallorca (Spanien) und Las Palmas (Gran Canaria/Spanien). "Familien, die gerade auf Mallorca Urlaub machen, können nun nicht zurückkehren. Das hat die Gewerkschaft zu verantworten", so die Sprecherin des Flughafens, Katja Bromm, zum Abendblatt. Auch manche Geschäftsreisende nach Düsseldorf, Köln oder Stuttgart hatten ein Nachsehen.
Kein Flug nach Edinburgh
Diejenigen Passagiere, die sich trotz des Streiks zum Flughafen aufgemacht hatten, mussten starke Nerven mitbringen. "Ich sollte eigentlich mit Ryanair nach Edingburgh fliegen und muss jetzt eigenständig einen Alternativflug buchen", sagte die Hamburgerin Lisa Steinfatt. Von dem Warnstreik habe sie erst am Morgen durch das Abendblatt erfahren. Trotz der Schwierigkeiten konnte sie die Forderungen der Streikenden aber nachvollziehen.
Der aktuelle Flugplan am Hamburger Airport
So viel Verständnis konnte Susanne Schröder aus Flensburg hingegen nicht aufbringen, die am Airport um ihren Flug nach Gran Canaria bangte. "Mal streiken die Piloten, mal das Bodenpersonal", sagte sie. "Das nächste Mal fliege ich lieber von Billund, das ist auch nah an Flensburg."
Demo auf dem Gänsemarkt am Nachmittag
Die BVD-Mitarbeiter hatten durch einen Ausstand bereits am 4. Februar den Flughafen für einen Tag lahmgelegt. Sie demonstrierten am Nachmittag auf dem Hamburger Gänsemarkt vor der Finanzbehörde, um zu verdeutlichen, dass eine Einigung im Tarifkonflikt mit dem städtischen Unternehmen "vor allem vom politischen Willen der Stadt Hamburg abhängt". Sie ist Mehrheitseignerin des Flughafens.
Grund für den erneuten Ausstand bis Betriebsschluss sind die festgefahrenen Tarifverhandlungen. Die Arbeitnehmervertreter wollen vor allem einen sofortigen Mindeststundenlohn von zwölf Euro durchsetzen. In der von der HAM Ground Handling GmbH angestrebten Tarif-Laufzeit von 24 Monaten werde für die Anlerntätigkeit ein Einstiegsgehalt erreicht, das deutlich über zwölf Euro liege, bekräftigte der HAM-Chef. "Wir sind bis an die Grenze dessen gegangen, was bei den Bodenverkehrsdiensten im derzeitigen Luftverkehrsmarkt wirtschaftlich leistbar ist."
Ver.di: Gewinne für höhere Löhne nutzen
Ver.di hält dem HAM-Manager und der Stadt die Gewinne des Flughafens von knapp 47 Millionen Euro (2017) vor und verlangt, hiervon Abstriche zugunsten des Personals zu machen. Nach europäischen Richtlinien sei es verboten, die BVD durch Mittel der Muttergesellschaft zu subventionieren, hält der HAM-Chef dieser Forderung entgegen.
Die Arbeitnehmervertreter forderten zuletzt eine Tariferhöhung von acht bis zwölf Prozent, bei einer Laufzeit von 20 Monaten, sowie angemessenere Zeit- und Schichtzuschläge. Die Arbeitgeberseite hat nach eigenen Angaben eine Lohnerhöhung von 7,0 Prozent angeboten. In fünf Tarifrunden gab es keinen Durchbruch, die nächste ist für den 20. März angesetzt.