Hamburg. Sechs und mehr Parallelklassen sind nicht selten. Schulleiter an Stadtteilschulen: Schulen nicht größer als fünf- oder sechszügig.
Das Schulsystem steht vor immensen Herausforderungen: Ausgehend von den aktuellen Geburtenzahlen werden bis 2030 rund 25 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler die Hamburger Schulen besuchen. Dabei ist der Platz schon jetzt begrenzt, weil die Kapazitäten bereits in den zurückliegenden Jahren ausgebaut werden mussten.
Allein seit 2017 ist die Zahl der jährlich an einer der 119 staatlichen weiterführenden Schulen aufgenommenen Fünftklässler um rund 1000 auf jetzt knapp 14.500 Jungen und Mädchen gestiegen. Die Folge: Seitdem mussten 74 zusätzliche Parallelklassen eingerichtet werden: 27 an den staatlichen Stadtteilschulen und 47 an den Gymnasien. Gemessen an der Gesamtzahl von 1116 Klassenzügen an beiden Schulformen bedeutet das immerhin eine Steigerung um knapp sieben Prozent.
Die größte Stadtteilschule hat neun Parallelklassen
Fast 40 Prozent der Stadtteilschulen – 22 der 58 Standorte – sind innerhalb dieses Zeitraums erweitert worden. Besonders groß ist das Wachstum mit zwei zusätzlichen Parallelklassen an diesen Schulen: Gyula-Trebitsch-Schule Tonndorf, Stadtteilschule Fischbek/Falkenberg, Julius-Leber-Schule (Schnelsen), Heinrich-Hertz-Schule (Winterhude) und Goethe-Schule Harburg.
In der gerade abgelaufenen Anmelderunde für die fünften Klassen des kommenden Schuljahres verzeichnen diese fünf Schulen erneut die meisten Schülerinnen und Schüler: Ganz vorn liegt die Heinrich-Hertz-Schule mit 265 Anmeldungen, gefolgt von der Gyula-Trebitsch-Schule (236) und der Julius-Leber-Schule (231).
Von den 61 Gymnasien haben sogar gut zwei Drittel (42 Schulen) ihre Kapazitäten seit 2017 ausgebaut. Sechs Standorte sind um gleich zwei Parallelklassen gewachsen: die Gymnasien Ohmoor (Niendorf), Allee (Altona), Lohbrügge, Corveystraße (Lokstedt), Grootmoor (Bramfeld) und Meiendorf.
Die größte Hamburger Schule
Das kontinuierliche Schülerwachstum führt in etlichen Fällen dazu, dass sehr große Systeme entstanden sind. Die größte Hamburger Schule dürfte die Gyula-Trebitsch-Schule in Tonndorf mit neun Parallelklassen sein. Vier Stadtteilschulen haben bereits jetzt acht Parallelklassen, und fünf weitere sind siebenzügig. An 16 weiteren Standorten lernen die Kinder in sechs Parallelklassen.
Dass Stadtteilschulen vergleichsweise groß sind, hat auch historische Gründe. Die Gesamtschulen, die in Stadtteilschulen umgewandelt wurden, waren vielfach für große Schülerzahlen konzipiert. Zudem sind die einzelnen Klassen an Stadtteilschulen aus pädagogischen Gründen kleiner als an Gymnasien: Die laut Schulgesetz zulässige Klassengröße beträgt an Gymnasien 28 Kinder, während es an den Stadtteilschulen generell lediglich 25 Kinder und in den Eingangsklassen fünf und sechs 23 Kinder sind.
Mehr Platz an den Stadtteilschulen
Ebenfalls aus pädagogischen Gründen sind die Stadtteilschulen bei der Bemessung der Schulraumflächen außerordentlich begünstigt. Nach Angaben der Schulbehörde verfügt eine Stadtteilschule im Durchschnitt über 36 Prozent mehr Raumfläche als ein vergleichbar großes Gymnasium.
Das Gymnasium Ohmoor ist derzeit die einzige Schule dieses Typs mit sieben Klassen pro Stufe. Die Niendorfer Schule ist auch das Gymnasium mit den höchsten Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr: Dort und am Walddörfer-Gymnasium in Volksdorf wurden jeweils 192 Jungen und Mädchen für die fünften Klassen angemeldet. Fünf weitere Gymnasien sind mit sechs Parallelklassen organisiert: Lohbrügge, Corveystraße, Grootmoor, Allee und Meiendorf.
Auch vier der knapp 200 staatlichen Grundschulen verfügen mittlerweile über sieben Parallelklassen: die Schulen In der Alten Forst (Eißendorf), Grumbrechtstraße (Harburg), Grundschule Sternschanze und die Elbinselschule (Wilhelmsburg). Weitere fünf Standorte starten mit sechs ersten Klassen. Doch das sind vorerst Ausnahmen: Die durchschnittliche Grundschule hat in Hamburg drei Parallelklassen.
Protest gegen den Ausbau von Standorten
Die Vergrößerung der Schulen stößt nicht überall auf Zustimmung. Eltern, Schüler und Lehrer der Max-Brauer-Schule in Bahrenfeld gingen kürzlich aus Protest gegen den Plan der Schulbehörde, die dortige Grundschule um drei Züge zu erweitern, auf die Straße. Im Sommer 2018 hatte sich die Stadtteilschule Walddörfer (Volksdorf) zunächst geweigert, der Anordnung der Behörde zu folgen, eine siebte Parallelklasse der Jahrgangsstufe fünf einzurichten. Das Argument in beiden Fällen: Das pädagogische Konzept der Schulen sei gefährdet, unter anderem weil mehr Räume zur Unterbringung der zusätzlichen Schüler benötigt würden, die dann nicht mehr für andere Zwecke genutzt werden könnten.
Die Vereinigung der Schulleiter an Stadtteilschulen sprach sich dafür aus, dass ihre Schulen nicht größer als fünf- oder höchstens sechszügig sein sollten. Unterstützt werden die Pädagogen von der Gemeinschaft der Elternräte an Stadtteilschulen (GEST), die in einem Brief an Landesschulrat Torsten Altenburg-Hack bereits „eine Demontage der Stadtteilschulen“ befürchtete.