Hamburg/Berlin. Bund und Länder einigen sich auf Abgabenberechnung für Gebäude und Flächen. Viele Details sind aber noch offen.

Die Eckpunkte sind festgezurrt. Nach langem Ringen haben sich Bund und Länder auf Grundzüge der Reform der Grundsteuer für Gebäude und Grundstücke in Deutschland geeinigt. Der Abgabe soll künftig eine Kombination aus Fläche, Lage und tatsächlichen Nettomieten zugrunde gelegt werden, nannten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und seine Länder-Kollegen am Freitag das Kernergebnis.

„Es ist eine sozial gerechte Lösung“, so der SPD-Politiker Scholz, der als Hamburger Bürgermeister stets für eine Lösung gekämpft hatte, die die Bürger nicht stärker belastet. Auf dieser Basis soll nun baldmöglichst ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, dem auch die Länder zustimmen müssen.

Grundsteuer: Worum geht es?

Die Grundsteuer A gilt für land- und forstwirtschaftliches Eigentum wie Felder; die Grundsteuer B wird für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude erhoben. Die Steuereinnahmen werden zur Finanzierung der kommunalen Infrastruktur, für Schulen, Schwimmbäder und Theater genutzt. Der Wert der Grundstücke basiert bisher auf Zahlen aus den Jahren 1964 (West) und 1935 (Ost). Das sei völlig veraltet, urteilte das Verfassungsgericht, nötig sind neue Bemessungsgrundlagen. Steht bis Ende 2019 kein Gesetz, fällt die Steuer weg. Daher der Zeitdruck: Das Gesetzgebungsverfahren müsste bis Ostern starten, um die Reform fristgerecht zu schaffen.

Wie wichtig ist die Grundsteuer?

Sie deckt 15 Prozent kommunaler Steuereinnahmen – nach Gewerbe-, Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer ist es die drittwichtigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden. Die Einnahmen aus der Grundsteuer A lagen 2017 bei 400 Millionen Euro. Die Grundsteuer B brachte 13,56 Milliarden Euro.

Warum zahlen auch Millionen Mieter die Grundsteuer?

Der Vermieter kann die Grundsteuer des Gebäudes als Betriebskosten auf die Nebenkosten umlegen. Daher zahlen auch Mieter in Deutschland indirekt Grundsteuer, obwohl sie keine Anteile an der Immobilie besitzen. Unter anderem SPD, Grüne und Linke fordern, die Grundsteuer nicht mehr auf Mieter abzuwälzen – dann könnte diese aber in die Kaltmieten eingepreist werden. Mieter zahlen 19 Cent im Schnitt pro Quadratmeter, bei 100 Quadratmetern 19 Euro im Monat.

Wie sieht der Kompromiss aus?

Es sollen zur Steuerberechnung vor allem drei Punkte herangezogen werden: das Alter des Gebäudes, der regionale Bodenrichtwert, also der Wert der Fläche, dazu die durchschnittlichen Nettokaltmieten. Die meisten Werte sind im Internet verfügbar, sodass Steuererklärungen nicht zu bürokratisch werden sollten. „Für Gebäude, die vor 1948 erbaut wurden, genügt aus Vereinfachungsgründen in der Erklärung die Angabe ,Gebäude erbaut vor 1948‘“, heißt es in dem Eckpunktepapier. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) betont, dass es gerade für Gewerbegrundstücke keine Mehrbelastung geben soll. Unterschiedliche Steuermesszahlen sollen sicherstellen, dass die Steuerverteilung in etwa so bleibt wie heute.

Wie wird die Grundsteuer überhaupt bisher berechnet?

Das Berechnungsmodell wird in etwa gleich bleiben. Sie berechnet sich aus dem Wert mal die Steuermesszahl mal Hebesatz. Jede Kommune kann den Hebesatz selbst festlegen, weshalb auch Modellrechnungen schwierig sind – die Steuerbelastung ist überall unterschiedlich, im Prinzip werden Tausende unterschiedliche Sätze gezahlt. Im Ruhrgebiet ist der Hebesatz besonders hoch, da viele Kommunen klamm sind. Ein Beispiel: Der Einheitswert der Immobilie beträgt 100.000 Euro. Für ein Wohnhaus beträgt die Steuermesszahl 3,5 Promille. Daraus errechnet sich ein Grundsteuermessbetrag von 350 Euro (100.000 geteilt durch 1000 multipliziert mit 3,5). Diese 350 Euro werden dann mit dem Hebesatz multipliziert. Liegt dieser bei 500 Prozent, sind 1750 Euro Grundsteuer im Jahr zu zahlen – in vierteljährlichen Raten.

Wie können Mehrbelastungen in Großstädten vermieden werden?

Scholz setzt darauf, dass in Städten über den Parameter des individuellen Hebesatzes und die Steuermesszahl dafür gesorgt wird, dass die Belastungen für Mieter nicht zu stark steigen. Dass sie also nach unten angepasst werden, damit beim Multiplizieren ein ähnliches Ergebnis wie bisher herauskommt. Die FDP hält das immer noch für viel zu kompliziert. Florian Toncar: „Wohnen in Ballungsräumen wird so noch teurer werden. Das ist ein Schlag ins Kontor für die Mieter.“

Finanzsenator sieht erhebliche Fortschritte

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte nach Ende der Gespräche in Berlin: „Wir sind unter den Finanzministern heute auf dem Weg zu einem Konsens bei der Grundsteuer noch nicht am Ziel, aber deutlich vorangekommen. Entlang der auch von Hamburg betonten Grundsätze von Machbarkeit, Einfachheit, Bezahlbarkeit und Aufkommensneutralität war das heute ein wichtiger Zwischenschritt, bei dem sich alle bewegt haben.“ Auf dieser Grundlage solle mit den Vorarbeiten für einen Gesetzentwurf begonnen werden.

Dressel sagte weiter: „Bei der nicht von Hamburg, aber von den meisten Ländern gewollten Berücksichtigung von Bodenwerten können die Finanzverwaltungen der Länder jetzt stark vereinfacht Wohnlagen einfließen lassen und sinnvoll zusammenfassen.“ Wertentwicklungen würden dadurch maßvoll geglättet, was für Hamburg angesichts der Lage am Immobilienmarkt besonders wichtig sei.

Es gebe nun noch viel Arbeit, sagte der Senator: „Positiv ist, dass wir die Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich erst entscheiden und regeln wollen, wenn das Modell steht – auch da werden wir genau hinschauen.“

,