Hamburg. Bahnhofshallen sollen um 70 Meter verlängert werden. Glasdach über Steintorbrücke. Auch ein Hochhaus will die Bahn bauen.

Dass die Deutsche Bahn einen Befreiungsschlag für den hoffnungslos überlasteten Hamburger Hauptbahnhof plant, ist schon länger bekannt. Die konkreten Ideen für die Umgestaltung sind allerdings mehr als spektakulär: "Machbarkeitsstudie" nennt sich das 25-seitige, brisante Konzept, das dem Abendblatt vorliegt. Es sieht unter anderem eine Verlängerung der denkmalgeschützten Bahnhofshalle um rund 70 Meter gen Süden vor. Die Pläne wurden am Donnerstagabend im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Zuerst hatte der Sender NDR 90,3 darüber berichtet.

Glasdach über die Steintorbrücke

Das gigantische neue Glasdach, in der Studie als "Modul B" bezeichnet, soll nach den Plänen sogar die Straße Steintorbrücke überspannen, die Verlängerung der Mönckebergstraße zum Zentralen Omnibusbahnhof ZOB. Unter der 37 Meter hohen Konstruktion könnten Fahrgäste in Busse oder Taxen umsteigen und dort flanieren, dafür müsste die Straße aber für den Durchgangsverkehr gesperrt werden.

In die erweiterte Bahnhofshalle gelangen die Passagiere künftig per Rolltreppen und durch weitere Durchbrüche vom Südsteg der Wandelhalle aus. Die neue Glaskonstruktion soll noch weiter durch Büros und Läden verlängert werden. Dazu würde ein komplett neues Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite errichtet.

Hochhaus und gläserne Markthallen

Die Bahntochter Station & Service, die die Pläne in Abstimmung mit der Hamburger Verkehrs- und der Stadtentwicklungsbehörde erarbeitet hat, will aber offenbar noch mehr: So sind am Hachmannplatz ein Hochhaus mit DB-Logo und gläserne Markthallen für weitere Geschäfte vorgesehen (bahn-intern "Modul C" genannt). Dazu sollen die bestehenden Vorbauten abgerissen und durch weitere, kleinere Glasbauten ersetzt werden. An der Nordseite des Bahnhofs ("Modul D") könnte ein gläserner, mehrgeschossiger Würfel hinzukommen, in dem Fahrräder sicher untergebracht werden können.

"All diese Pläne sind zunächst als reine Vorschläge zu verstehen", sagt der Sprecher der Deutschen Bahn in Hamburg, Egbert-Meyer-Lovis, dem Abendblatt. Insbesondere das neue Hochhaus müsse noch mit zahlreichen anderen Beteiligten wie Oberbaudirektor Franz-Josef Höing und dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden. "Der Hauptbahnhof ist sehr stark frequentiert", so der Sprecher weiter. Es sei das gemeinsame Ziel von Bahn und Stadt, den Komplex mit seinen täglich mehr als 500.000 Besuchern und Reisenden nachhaltig zu entlasten und langfristig als einen attraktiven Verkehrsknotenpunkt und Zugang zur Stadt Hamburg zu erhalten.

Verkehrsbehörde: Planungen nicht endgültig

"Die im Verkehrsausschuss gezeigten Bilder sind weder ein Versprechen, noch ein Programm", erklärt der Sprecher der Hamburger Verkehrs- und Wirtschaftsbehörde, Christian Füldner. "Sie stellen das Ergebnis der Machbarkeitsprüfung dar und sind nicht Bestandteil einer architektonisch überarbeiteten Planung". Keines der vorgestellten Module stehe für eine Pro- oder Contra-Entscheidung. "Das ist die Aufgabe der kommenden Monate und Jahre."

Zusammen mit der Machbarkeitsstudie hat die Behörde auch eine Verkehrsuntersuchung für das Umfeld des Hauptbahnhofes durchführen lassen. Darin werden unter anderem mehrere Varianten für den Steintordamm durchgespielt, vom bisherigen Status Quo, über eine Sperrung nur für den Individualverkehr bis hin zu einer Plaza nur für Fußgänger. Die Variante als sogenannte Kommunaltrasse, in der noch Busse fahren können, wird dabei als besonders vorteilhaft eingestuft.

Wettbewerb soll 2020 abgeschlossen sein

In einem nächsten Schritt soll nun ein Architekten- und Ingenieurswettbewerb ausgelobt werden. Zur Finanzierung und Ausgestaltung dieses Wettbewerbs wird in den nächsten Monaten eine gemeinsame Vereinbarung erarbeitet. Ziel ist es, bis Mitte 2019 eine Absichtserklärung, einen sogenannten „Letter of Intent“ für die weitere gemeinsame Zusammenarbeit zu unterzeichnen. Im Anschluss soll dann der Wettbewerb starten. Er soll bis 2020 abgeschlossen sein. Wann das komplette Projekt umgesetzt werden könnte, dazu wollte sich der Bahn-Sprecher allerdings nicht äußern.

Kurzfristig will die Deutsche Bahn – wie schon berichtet – in der Wandelhalle aktiv werden, um zumindest teilweise für eine Entlastung des aus allen Nähten platzenden Bahnhofs zu sorgen. Auf dem Bahnsteig der Gleise 13 und 14 sollen Aufsichtshäuschen, Shops und Automaten verschwinden, um mehr Platz für die Reisenden zu schaffen. Außerdem werde die Bahn zusätzliche Mitarbeiter zur Lenkung der Reisenden und zur Kundeninformation einsetzen.

Lob und Kritik im Verkehrsausschuss

Im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft sind die Pläne auf Zustimmung, aber auch auf Kritik gestoßen. Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU, sagte: „Architektonisch hat mir das gut gefallen. Aber es war doch sehr ernüchternd, dass keiner sagen konnte, wann der Ausbau des Bahnhofs startet und wie lange er dauert.“ Der Bahnhof sei schon jetzt überlastet, da könne man nicht 20 Jahre warten.

Ole Thorben Buschhüter (SPD), der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, war „beeindruckt“ von der Präsentation der Bahn. „Da kann etwas Großes entstehen“, sagte er. „So könnte der Bahnhof wieder zum Aushängeschild werden.“ Die Bahn habe mittlerweile die Notwendigkeit erkannt, dass am Bahnhof etwas geschehen müsse. „Das war vor einem Jahr noch anders“, so Buschhüter. Es sei eine gute Idee, die Steintorbrücke zur Kommunaltrasse zu machen. Allerdings müsse zunächst die Altmannbrücke, die den Individualverkehr aufnehmen solle, erneuert werden. Sie hat das Ende ihrer Lebensdauer erreicht.