Hamburg. Keine Mehrheit für Scholz-Modell bei Länderfinanzministern. Finanzsenator Dressel wirbt für Kompromiss, der „bezahlbar“ ist.
Die Reform der Grundsteuer, bei der Hamburger Akteure eine zentrale Rolle spielen, entwickelt sich immer mehr zu einem politischen Krimi. Bei einem Treffen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit den Länderfinanzministern am späten Montagnachmittag in Berlin wurde erneut keine Einigung erzielt. Nach Abendblatt-Informationen soll nun beim nächsten Treffen am 1. Februar zumindest eine Richtungsentscheidung getroffen werden, welches Reform-Modell weiterverfolgt wird.
Dabei drängt die Zeit: Auf Anordnung des Bundesverfassungsgerichts muss die Reform bis Ende 2019 beschlossen und fünf Jahre später – also spätestens Ende 2024 – in Kraft gesetzt sein. Karlsruhe hatte das alte Modell für verfassungswidrig erklärt, weil die Ermittlung der Steuerhöhe bislang auf völlig veralteten Werten basierte.
Scholz favorisiert werabhängiges Modell
Wie berichtet, favorisiert Scholz ein wertabhängiges Modell, bei dem für rund 36 Millionen Grundstücke und Gebäude der Steuersatz individuell berechnet und weitere Faktoren wie die Nettokaltmiete berücksichtigt werden. Da die Steuer auf die Mieten umgelegt werden kann, könnte das in gefragten Gegenden wie Hamburg zu Mietsteigerungen führen. Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) steht dem Vorschlag daher skeptisch gegenüber. Die Unionsfraktion im Bundestag, aber auch etliche Länder lehnen das Modell kategorisch ab, auch wegen des hohen Bürokratieaufwands. Der Scholz-Vorschlag habe keine Mehrheit, sagte Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). Er forderte wie der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) ein Modell, bei dem nur die Fläche eines Grundstücks oder eines Gebäudes die Steuerhöhe beeinflusst.
Das Pikante daran: Genau so ein Flächenmodell hatte Scholz als Hamburger Bürgermeister vertreten. Und Finanzsenator Dressel hält daran fest, auch wenn er das Scholz-Modell nicht kategorisch ablehnt und die Experten seiner Behörde derzeit durchrechnen lässt, was dieser Vorschlag konkret für die Hansestadt bedeuten würde.
Richtungsentscheidung nach dem nächsten Treffen?
„Hamburg wird sich aktiv für einen Kompromiss bei der Grundsteuer einsetzen“, sagte Dressel dem Abendblatt nach dem Treffen. „Er muss für Mieter und Eigentümer bezahlbar und für die Steuerverwaltung machbar sein. Klar ist nach der Sitzung heute, dass keines der Modelle in Reinkultur durchsetzbar ist.“ Ebenso klar sei: „Beim nächsten Finanzministertreffen am 1. Februar muss es eine Richtungsentscheidung geben, damit wir die Fristen des Verfassungsgerichts halten können.“
Die Grundsteuer wird von Immobilienbesitzern direkt gezahlt und von Mietern indirekt über die Miete – sie betrifft im Prinzip also alle Bürger. Weitgehend Einigkeit zwischen Bund und Ländern besteht darin, dass das Gesamtaufkommen von rund 14 Milliarden Euro im Jahr – davon entfallen rund 475 Millionen Euro auf Hamburg – nach der Reform gleich bleiben soll.
Dirk Kienscherf, SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft, nannte als oberste Prämisse für die Reform: „Dabei darf es grundsätzlich nicht zu Mehrbelastungen für Eigentümer sowie Mieterinnen und Mieter kommen.“