Hamburg. Die größten Probleme gibt es bei den Themen Verkehr und Wohnen. Trotzdem leben 88 Prozent gern in der Stadt.


Die Identifikation mit der Stadt ist sehr hoch, die Hamburger leben gern hier. Aber das verstellt ihnen nicht den Blick für die Probleme der Metropole – und die sehen sie vor allem im Bereich Verkehr und außerdem beim Thema Mieten und Wohnungsangebot.

Laut der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Abendblatts wohnen 88 Prozent der Befragten gern in Hamburg. Nach Angaben von Forsa ist das ein überdurchschnittlicher Wert, verglichen mit anderen Städten und Regionen. Die Zustimmung ist bei Männern und Frauen gleich hoch und variiert auch nach Altersgruppen nur gering: Während 84 Prozent der 18- bis 29-Jährigen zufrieden mit ihrer Situation sind, sind es bei den über 60-Jährigen sogar 92 Prozent. Bei den Berufsgruppen fallen die Schüler und Studierenden etwas heraus, von denen „nur“ 75 Prozent gern in Hamburg leben.

Die deutlichsten Abweichungen ergeben sich nach den Parteienpräferenzen: Am unzufriedensten sind die Anhänger der AfD, von denen nur 68 Prozent gern in Hamburg wohnen. Am besten gefällt es mit 94 Prozent den Anhängern der langjährigen Regierungspartei SPD, dicht gefolgt von den CDU-Anhängern mit 92 Prozent. Die Befragten, die sich den Grünen, Linken oder der FDP nahe fühlen, liegen im Gesamtdurchschnitt.

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Immer wieder berichtet das Abendblatt über Staus, mangelnde Baustellenkoordinierung oder Verspätungen von Bussen und Bahnen. Auch die befragten Hamburger sehen diesen zentralen Bereich des Zusammenlebens in der Stadt besonders kritisch. In einer offenen Abfrage – also ohne Vorgaben – nennen 86 Prozent der Befragten die Verkehrsprobleme insgesamt als das größte Problem in Hamburg.

Genau die Hälfte – 43 Prozent – sehen offensichtlich viele Einzelprobleme und kritisieren die Verkehrslage allgemein. Weitere 14 Prozent bezeichnen den Zustand der Straßen als das größte Pro­blem und 13 Prozent den öffentlichen Personennahverkehr. Der gleiche Anteil sieht die Baustellen als das größte Pro­blem, während nur drei Prozent die viel diskutierten Dieselfahrverbote an die Spitze setzen.

Im Ranking der größten Probleme folgt aus Sicht der befragten Hamburger der Themenkomplex Mieten/Wohnungsangebot mit 56 Prozent auf Platz zwei. Alle weiteren Nennungen werden wiederum mit deutlichem Abstand von jeweils weniger als 20 Prozent angeführt: Schulen/Bildungspolitik (18 Prozent), Umweltprobleme (16 Prozent), soziale Probleme/Armut (elf Prozent) und Kriminalität (zehn Prozent).

Emotional diskutiertes Thema

Den Bereich Ausländer/Flüchtlinge sehen neun Prozent als das größte Pro­blem der Stadt an. Allerdings ergeben sich bei diesem häufig auch emotional diskutierten Thema erhebliche Unterschiede nach den Parteienpräferenzen. 54 Prozent der AfD-Anhänger bezeichnen die Zahl der Ausländer und Flüchtlinge als das größte Problem der Stadt, bei den CDU-Wählern sind es noch 18 Prozent. Deutlich niedriger fallen die Werte bei SPD- und FDP-Anhängern (jeweils acht Prozent) sowie Grünen und Linken (jeweils drei Prozent) aus.

Die Verschmutzung des öffentlichen Raums scheint die Hamburger nicht sonderlich zu interessieren: Nur zwei Prozent sehen den Dreck in der Stadt als das größte Problem. Bemerkenswert: Auch Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit sowie die wirtschaftliche Lage der Stadt sind nur für jeweils zwei Prozent das Problem Nummer eins. Der Unmut über Politiker oder einzelne Parteien hält sich mit acht Prozent ebenfalls in Grenzen.

Veränderung zum Vorteil

Trotz der hohen Identifizierung mit der Stadt fällt die Gesamtbeurteilung ihrer Entwicklung eher negativ aus. Hamburg hat sich im Laufe der vergangenen Jahre zum Vorteil verändert, sagen 32 Prozent, aber 39 Prozent sagen das Gegenteil. Für weitere 28 Prozent ist die Entwicklung weder positiv noch negativ. Frauen sind in ihrer Einschätzung pessimistischer: 42 Prozent sagen, dass sich die Stadt zum Nachteil verändert hat, nur 26 Prozent zum Vorteil. Dagegen kommen 37 Prozent der Männer zu einem positiven Urteil und nur 36 Prozent zu einem negativen.

Bei der Einschätzung der Entwicklung Hamburgs rangieren die Jungen vorn: 33 Prozent der 18- bis 29-Jährigen sprechen von einer vorteilhaften Entwicklung, nur 25 Prozent von einer nachteiligen. In dieser Altersgruppe ist der Anteil des „Weder – noch“ mit 37 Prozent sehr hoch. Von den über 60-Jährigen sagen sogar 36 Prozent, dass die Stadt sich zum Vorteil verändert hat. Allerdings sind 38 Prozent vom Gegenteil überzeugt. Am größten ist die Diskrepanz bei den 30- bis 44-Jährigen: Nur 24 Prozent sehen eine positive Entwicklung, während 38 Prozent vom Gegenteil überzeugt sind.

Parteienpräferenzen wirken sich stark aus

Die Parteienpräferenzen wirken sich bei der Frage nach der Entwicklung der Stadt, die ja politisch erheblich beeinflusst ist, sehr stark aus. 46 Prozent der Anhänger der Senatspartei SPD sehen eine vorteilhafte Entwicklung – das ist der Top-Wert –, und auch bei den Wählern der Grünen – seit 2015 Koalitionspartner der SPD – sind es noch 37 Prozent. Von den SPD-Wählern sehen 26 Prozent, den Grünen-Wählern 28 Prozent eine nachteilige Entwicklung.

Bei Anhängern der Oppositionsparteien ist das Verhältnis umgekehrt. Auch hier ragen AfD-Wähler heraus: 80 Prozent – mit Abstand der höchste Wert – sagen, das sich die Stadt negativ entwickelt hat, nur acht Prozent positiv. Bei den CDU-Anhängern ist das Verhältnis vorteilhafte/nachteilige Entwicklung 32 zu 41 Prozent, im Lager der FDP 29 zu 40 Prozent und der Linken 16 zu 58 Prozent. Die negative Einschätzung ist am linken und rechten Rand des Parteienspektrums am größten.

AfD-Anhänger bewerten Lage am negativsten

Bei der Frage nach den konkreten Ursachen für eine bessere oder schlechtere Entwicklung der Stadt ragen wiederum die beiden Themenkomplexe Verkehr und Wohnen heraus. 40 Prozent der Befragten sagen, die Verkehrssituation sei in den vergangenen Jahren schlechter geworden, 32 Prozent nennen die Lage am Wohnungsmarkt. Da Mehrfachnennungen bei der offenen Abfrage möglich waren, geben noch einmal elf Prozent den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und zehn Prozent die Baustellensituation an. Alle weiteren genannten Themen liegen im einstelligen Prozentbereich.

Fast jeder Fünfte (18 Prozent) sagt, dass sich nichts verschlechtert habe. Dieser Gruppe stehen mehr als doppelt so viele (39 Prozent) gegenüber, für die sich nichts verbessert hat. Am ehesten sehen die Befragten noch eine positive Entwicklung beim ÖPNV – 21 Prozent. Den Ausbau des Radwegenetzes loben elf Prozent und das verbesserte Kulturangebot noch neun Prozent.

Ein im Bundesvergleich hoher Anteil der Befragten – 49 Prozent – geht davon aus, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in Hamburg in den nächsten Jahren unverändert bleiben. 24 Prozent rechnen sogar mit einer Verbesserung, 21 Prozent mit einer Verschlechterung. Männer schätzen die Lage erneut positiver ein als Frauen: 28 Prozent der Männer erwarten eine bessere wirtschaftliche Lage, 24 Prozent eine schlechtere. Bei den Frauen lautet das Verhältnis 19 zu 18 Prozent.

FDP-Anhänger am positivsten gestimmt

Die positivsten Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung haben die 18- bis 29-Jährigen: 47 Prozent rechnen mit einer Verbesserung, nur 13 Prozent mit einer Verschlechterung. Erneut schätzen die AfD-Anhänger die Lage am negativsten ein: 63 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung, nur acht Prozent mit einer Verbesserung. Auch im Lager der Linken überwiegt das Negative: 15 Prozent erwarten eine bessere wirtschaftliche Entwicklung, 34 Prozent eine schlechtere. Am positivsten sind die FDP-Anhänger gestimmt, bei denen das Verhältnis 32 zu 15 Prozent lautet.

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat für diese Untersuchung vom 27. Dezember bis zum 3. Januar 1004 wahlberechtigte Hamburger mithilfe computergestützter Telefoninterviews befragt. Die Fehlertoleranz beträgt plus/minus drei Prozentpunkte.

Grafiken: Frank Hasse