Hamburg. Im Hotel The Westin stand ein Wäschewagen lichterloh in Flammen. Der 57-jährige Angeklagte bestreitet die Tat vor Gericht.

Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Am 30. Juli 2017 stand in einem sieben Quadratmeter großen Serviceraum des Hotels The Westin, hoch oben im 17. Stock der Elbphilharmonie, ein Wäschewagen lichterloh in Flammen. Die Feuerwehr rückte an, nach wenigen Minuten war der mit massiver Rauchentwicklung einhergehende Brand gelöscht. Der Wäschewagen wurde komplett zerstört, jedoch niemand verletzt, auch griffen die Flammen nicht auf den 866-Millionen-Euro-Bau über. Später entdeckten die Ermittler am Brandort jedoch ein benutztes Streichholz: Das Feuer, so ihr Befund, hat jemand vorsätzlich gelegt.

Angeklagter vielfach vorbestraft

Dieser Jemand soll, davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, Michael F.-E. gewesen sein, inzwischen entlassener Haustechniker des Westin. Seit Mittwoch steht der 57-Jährige wegen versuchter schwerer Brandstiftung vor dem Schöffengericht – er bestreitet die Tat. Allein ein Motiv sei für seinen Mandanten nicht im Ansatz erkennbar, sagt sein Verteidiger.

Für Michael F.-E., vielfach vorbestraft wegen diverser Vermögens- und Betrugsdelikte, sei der Job wie ein „Sechser im Lotto“ gewesen. Er habe alles daran gesetzt, ihn zu behalten. Ein Führungszeugnis mit den strafrechtlichen Vorbelastungen hat Michael F.-E. nach eigenen Angaben vor seiner Einstellung nicht vorlegen müssen. Auch habe ihm das Bundeskriminalamt (BKA) eine Sicherheitsfreigabe für das Westin während des G20-Gipfels erteilt. In dem Luxushotel war unter anderem die saudische Delegation abgestiegen. Die Amtsrichterin spricht in diesem Zusammenhang von „etwas abenteuerlichen Umständen der Einstellung“ des Angeklagten.

Türen zur Abstellkammer aus Bequemlichkeit manipuliert

Die Türen im Westin, auch die Tür zum Serviceraum, lassen sich nur mittels eines Transponders öffnen. Wird die auf den jeweiligen Benutzer ausgestellte Karte verwendet, protokolliert das hausinterne Sicherheitssystem den Zugriff. Immer wieder habe das Reinigungspersonal die Türen zur Abstellkammer und anderen Räumen aus Bequemlichkeit so manipuliert, dass der Schnapper ausgefahren blieb und die Tür nicht ins Schloss fallen konnten, sagt der Angeklagte. Weil das jedoch streng untersagt war, habe er jedes Mal mit seinem Transponder den Schließmechanismus ausgelöst, damit der Schnapper zurück ins Schloss glitt.

So auch am 30. Juli 2017. Zunächst habe er um 18.34 Uhr die blockierte Tür zu Serviceraum 1750 geschlossen. Doch schon um 19.02 Uhr sei die Tür erneut lediglich angelehnt gewesen, da habe er seinen Transponder wieder benutzt. „In dem Raum war Licht an, aber ich habe dort niemanden wahrgenommen“, sagt der 57-Jährige.

Rätselhaft ist auch die zeitliche Abfolge

Wie aus dem Schließprotokoll hervorgeht, hatte nach einem Zugriff durch einen „Cleaner“ um 17.24 Uhr nur der Angeklagte am Abend die Tür mit seiner Karte betätigt – zehn Minuten nach der letzten Nutzung schlugen die Rauchwarnmelder Alarm. „Da muss sich noch jemand im Raum aufgehalten haben“, sagt der Angeklagte. Anders könne er sich das nicht erklären. Von innen habe sich die Tür jedoch problemlos öffnen lassen – ohne Karte. Warum jemand, der den Raum ohne Weiteres verlassen konnte, die Tür angelehnt haben soll, bleibt eine der offenen Fragen in diesem Verfahren.

Rätselhaft ist auch die zeitliche Abfolge: Um 19.04 Uhr hatte der Angeklagte den Abschluss einer Reparatur in einem entlegenen Hotelzimmer gemeldet – der Zugriff des Angeklagten auf die Tür zum Serviceraum wurde jedoch schon um 19.02 registriert. Offenbar um den Brand wie einen Unfall aussehen zu lassen, waren zudem fünf Zigarettenstummel nachträglich im Bereich der Tür zum Serviceraum abgelegt worden – durch eine brennende Kippe sei der Brand jedoch nicht verursacht worden, sagte ein als Zeuge geladener Ermittler am Mittwoch. Der Prozess wird am 11. Januar fortgesetzt.