Hamburg . Ermittlungen gegen elf Verdächtige in acht Stadtteilen. Es geht um 20- und 50-Euro-Scheine. Wie Sie echte Banknoten erkennen.
Das Darknet ist eine Art abgeschotteter, finsterer Hinterhof des frei zugänglichen Internets. Waffen, Drogen, gefälschte Ausweise – alles ist hier zu kriegen. Ein geheimes Netzwerk, das buchstäblich kriminelle Blüten treibt. Denn inzwischen gilt das Darknet auch als Hauptumschlagsplatz für Falschgeld, wie der nach Hamburg reichende Fall eines 32 Jahre alten Österreichers beispielhaft zeigt.
Monatelang handelte er auf illegalen Darknet-Marktplätzen mit selbst hergestellten Blüten. Abhängig von der Qualität verschickte er die Falsifikate zu 15 bis 40 Prozent des tatsächlichen Wertes an Empfänger in ganz Europa. Als Ermittler dem Mann auf die Schliche kamen und seine Fälscherwerkstatt in der Steiermark aushoben, stießen sie auch auf die Adressen der Abnehmer.
Razzia auch in Bergedorf, Langenhorn, Niendorf
Zu den „Kunden“ des 32-Jährigen zählten mutmaßlich auch elf Männer aus Hamburg im Alter von 18 bis 36 Jahren, wie das Abendblatt jetzt erfuhr. Bereits am 7. Dezember durchsuchten Hamburger Polizisten deren Wohnungen, gleichzeitig lief unter Federführung der Zentralstelle Cybercrime Bayern und des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) eine europa- und deutschlandweite Falschgeld-Razzia, Operationsname: „Greenheart“. Allein in Deutschland filzten die Ermittler 160 Wohnungen, in ganz Europa waren es 300.
Bei der Razzia in Hamburg durchsuchte die Polizei, mit 70 Beamten im Einsatz, Wohnungen in Bergedorf, Lohbrügge, Horn, Langenhorn, Rahlstedt, Winterhude, Niendorf und Hamm. Vier Tatverdächtige wurden angetroffen, 50 falsche 20-Euro-Scheine sichergestellt. Dazu Datenträger, eine Schreckschusswaffe und ein wenig Rauschgift. In dem Fall ermittelt jetzt das LKA 52, das Fachdezernat für spezielle Delikte im Zahlungsverkehr. Sollte den Verdächtigen eine Geldfälschung nachgewiesen werden, gehen sie für mindestens ein Jahr ins Gefängnis.
Hamburg ist Falschgeld-Hochburg
Hamburg gilt als „Blüten-Hochburg“ in Deutschland. 2017 wurden in der Hansestadt fast 3500 Falsifikate sichergestellt. Das Falschgeldaufkommen habe zwar leicht abgenommen, befinde sich aber nach wie vor auf einem hohen Niveau, so die Polizei.
Bei 72 Prozent der in Hamburg beschlagnahmten Noten handele es sich um gefälschte 50-Euro-Scheine aus der ersten Serie, die zweite, deutlich fälschungssicherere Serie mit EU-Banknoten startete 2013. Am zweithäufigsten wird die 20-Euro-Note gefälscht – Zwanziger und Fünfziger zusammen machen fast 90 Prozent des in Hamburg sichergestellten Falschgeldes aus. Größere Scheine werden nur selten gefälscht, da beim Bezahlen genauer auf die Echtheit geachtet wird.
Der offiziell durch Euro-Blüten verursachte Schaden in Deutschland sank im Vorjahr zwar leicht auf 4,1 Millionen Euro. Tatsächlich dürfte er deutlich höher liegen, da die Schadenssumme lediglich auf dem Nennwert der aus dem Verkehr gezogenen Blüten beruht. Nur noch die wenigsten Falsifikate haben indes die Qualität von „Napoli-Blüten“, die jahrelang aus Druckmaschinen im Raum Neapel flatterten. Diese Maschinen kosten Hunderttausende Euro – warum teuer, wenn es auch günstig geht?
Klassische Tatorte sind Weihnachtsmärkte
Meist nutzen Geldfälscher handelsübliche Kopierer oder Farbdrucker. Auf die gefälschten Banknoten werden dann die überwiegend in chinesischer Massenproduktion hergestellten und ebenfalls im Darknet erhältlichen Sicherheits-Hologramme geklebt – fertig. In mehr als der Hälfte der Fälle, so die Polizei, werden die „falschen Fuffziger“ oder auch Zwanziger über die dunklen Kanäle des Internets vertrieben. „Täter sind häufig junge IT-affine, männliche Personen, die insbesondere die vermeintliche Anonymität des Darknets nutzen“, sagt Polizeisprecherin Laura John.
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, so können Bürger praktisch überall unwissentlich an Falschgeld geraten. Zu den klassischen Tatorten gehören aktuell auch die Weihnachtsmärkte – hier herrscht Trubel, und in der Regel ist die Beleuchtung gedämpft, sodass die Blüten nicht leicht als solche zu erkennen sind. Ähnliche Situationen stellen sich in Bars oder Diskotheken ein.
Vorsicht bei teuren Artikeln
Vorsicht ist auch beim Verkauf von hochwertigen Artikeln, beispielsweise Laptops, auf Internet-Plattformen wie Ebay-Kleinanzeigen geboten. Hier werden arglosen Verkäufern mitunter Blüten im Tausch gegen die Geräte untergejubelt – häufig am Abend, bei schummrigem Licht. Die Polizei rät dringend, bei solchen Verkäufen auf die Sicherheitsmerkmale zu achten oder das Geld sofort in einer Bank überprüfen zu lassen. „Auch sollte man sich den Ausweis des Käufers zeigen lassen und die Daten notieren“, sagt John.
Wer unwissentlich Falschgeld weitergibt, handelt nicht vorsätzlich, macht sich nicht strafbar. Anders verhält es sich, wenn man wider besseren Wissens mit einer Blüte bezahlt. Bürger, denen Falschgeld angedreht wurde, gehen leer aus, sofern der Täter nicht gefasst wird: Die Blüten werden von der Polizei beschlagnahmt. Und zwar ersatzlos.
Wie man echte Noten erkennt
Stichtiefdruck: Jede Euro-Banknote enthält eine fühlbare Erhebung im Papier, die man mit dem Fingernagel ertasten kann. Bei den alten Euronoten befinden sie sich in der Raute vor der Wertzahl auf der Vorderseite, bei den neuen in der Wertzahl auf der Vorderseite.
Farbumschlag: Kippt man die Euronoten der ersten Serie ab 50 Euro, verlaufen die Farben von purpurrot bis olivgrün. Bei 20 Euro ist ein Perlglanzstreifen auf der Rückseite zu sehen.
Smaragdzahl: Vorderseite unten links auf allen neuen Euronoten – beim Kippen wechselt die Farbe der Wertzahl von grünlich auf bläulich. Zudem wird ein Lichtbalken erkennbar.
Wasserzeichen: Im Licht schimmern Wertzeichen und Bauwerk, bei den neueren Noten auch die Göttin Europa durch.
Sicherheitsfaden: Dieser wird bei allen Noten im Papier eingearbeitet, bei gefälschten Banknoten ist dieser in der Regel nur aufgedruckt oder fehlt gänzlich.