Hamburg. Falschgeld, Waffen, Drogen: Mehr Straftaten geschehen in anonymen Foren. Bezahlt wird meist in der Kryptowährung Bitcoin.
Die einen vertreiben gefälschte Banknoten in Massen, die anderen besorgen sich illegale Waffen, wieder andere handeln mit kiloweise Drogen: Immer mehr Kriminelle nutzen das Darknet für ihre illegalen Machenschaften, weil die verschlüsselten Netzwerke willkommene Anonymität versprechen.
Doch mittlerweile stehen solche Taten immer stärker im Fokus der Ermittlungsbehörden. Bei der Hamburger Staatsanwaltschaft gibt es mehrere Verfahren gegen Verdächtige, die offenbar das Darknet für Straftaten nutzen. Es hat bereits Verurteilungen gegeben, teilweise zu Freiheitsstrafen von mehreren Jahren.
Das Darknet als digitales Netz schirmt sich vom sonstigen Internet ab und ermöglicht mit bestimmten technologischen Mitteln, einer Durchleitung und Verschlüsselung durch mehrere „Knoten“, die Anonymität der Nutzer. Diese wird durchaus beim normalen Datenaustausch zwischen Privatpersonen genutzt und beispielsweise zur Vernetzung von Regimekritikern sowie von Enthüllern und Hinweisgebern, die sich aus nachvollziehbaren Gründen schützen müssen. Doch die Anonymität im Darknet bietet vor allem Schlupfwinkel für illegale Taten.
Scheinkäufe, um Täter zu überführen
Es hat sich geradezu eine Untergrundwirtschaft entwickelt. Bezahlt wird in der Regel in der digitalen Währung Bitcoin. „Ermittlungen im Darknet stellen die Strafverfolgungsbehörden vor große Herausforderungen. Da sind oft Geduld und Kreativität gefragt. Manchmal hilft auch der Zufall“, sagte Oberstaatsanwalt Carsten Rinio dem Abendblatt auf Anfrage.
Für die Überwachung oder Entschlüsselung der anonymen Netzwerke gibt es für die Strafverfolgungsbehörden keine technischen Möglichkeiten. In der Regel werden Straftaten im Darknet durch anlassunabhängige Ermittlungen der Polizei im Internet aufgedeckt. „Es gibt auch die sogenannte verdeckte personale Ermittlung, bei der Polizeibeamte etwa Scheinkäufe tätigen, um Täter zu überführen“, so Rinio.
In Hamburg profitieren die Strafverfolgungsbehörden dabei auch von Erkenntnissen des Bundeskriminalamts und anderer Landeskriminalämter. Die entsprechenden Verfahren werden dann entweder in der Abteilung für Computerkriminalität oder in einer der anderen Fachabteilungen, beispielsweise aus dem Betäubungsmittelbereich, geführt.
Bezahlung mit Kryptowährung Bitcoin
Vor allem der Rauschgifthandel floriert über die Anonymität dieses Internetzweigs. Gegen drei mutmaßliche Drogendealer, die über das Darknet ihre Rauschgiftgeschäfte betrieben haben sollen, hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben.
Die Verdächtigen sollen professionell eine Vielzahl von Betäubungsmitteln, darunter Ecstasy, Cannabis, Kokain und Heroin, verkauft haben. Die Bezahlung der bestellten Betäubungsmittel erfolgte jeweils mit der Kryptowährung Bitcoin.
Zum Nachweis, dass die Angeklagten die Betäubungsmittel tatsächlich vorrätig hatten, luden sie laut Anklage im Internet Bilder ihrer Vorräte hoch. Die georderten Betäubungsmittel wurden unmittelbar nach Eingang der jeweiligen Bestellung mittels Paket- und Briefsendung verschickt. Mit einem solchen Vorgehen, wenn es im Prozess nachgewiesen werden kann, hätten die Männer nach der in diesen dunkeln Kreisen üblichen Methode agiert.
1000 Euro kostet eine halbautomatische Waffe
Äußerlich unterscheiden sich die illegalen Plattformen wenig von den üblichen im Netz – nur dass hier keine Kleidung, Haushaltswaren oder DVDs angeboten werden, sondern illegale Waren. Diese werden teilweise auch mit professionellen Fotos möglichst gut in Szene gesetzt, um besonders effizient verkauft werden zu können.
Das gilt für Rauschgift ebenso wie für gefälschte Geldscheine oder Ausweise sowie für Waffen, ebenfalls ein besonders beliebtes Handelsgut im Darknet. So hatte beispielsweise der 18 Jahre alte Attentäter, der bei einem Amoklauf in München im Juli 2016 neun Menschen erschoss und fünf weitere verletzte, seine Pistole im Darknet erstanden.
Zum Einsatz der Waffe ist es in einem Fall von illegalem Waffenhandel im Darknet, den die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt hat, nicht gekommen. Ein Interessent hatte über die anonymen Kanäle des Internets einen Mann kontaktiert, der mit halb automatischen Schusswaffen handelte. Nach Abschluss eines Deals bekam der Käufer eine halb automatische Pistole des Fabrikats Walther PK 380, darüber hinaus Munition sowie einen Schießkugelschreiber.
Dafür bezahlte er in Bitcoins, umgerechnet rund 1000 Euro. Er plante, die halb automatische Pistole zu einer Vollautomatik umzubauen. Das Landgericht verhängte gegen ihn wegen dieser und anderer Straftaten dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe.
Mit Fingerabdruck auf Geldschein überführt
Erfolgreich ermittelt wurde beispielsweise auch gegen einen Angeklagten wegen des Verkaufs von gefälschten 50-Euro-Noten über ein Forum im Darknet. Laut Staatsanwaltschaft hatte der Mann mittels eines Tintenstrahldruckers und illegal beschaffter Hologramme Falschgeld hergestellt.
Er bot die Scheine für 7,50 Euro das Stück an, bei einer größeren Bestellung sollte es Mengenrabatt geben, bei mehr als 251 Stück etwa sollten die falschen 50-Euro-Noten nur noch sechs Euro das Stück kosten. Ihm ist man auf die Schliche gekommen, weil sich auf einem der gefälschten Scheine sein Fingerabdruck befand. Mittlerweile wurde der Mann rechtskräftig zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.
In einem weiteren Fall des Rauschgifthandels über das Darknet hat ein Mann in Hamburg eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren bekommen. Der Angeklagte hatte sich bei einem Forum namens crdcc.cc angemeldet und später über zwei von ihm gestaltete Internetseiten Betäubungsmittel an Personen verkauft.
Bei dem scheinbar guten Geschäft, bei dem der Dealer 122 Gramm Marihuana nach der Bezahlung von 4,47 Bitcoins nach Hamburg geliefert hatte, war der Täter an den Falschen geraten: Der Kunde war ein Kriminalbeamter, der die Ware zum Schein angekauft hatte.