Hamburg. Teil 12: Auch Heilpraktiker behandeln Beschwerden im Kreuz, etwa mit Methoden aus der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Heilpraktiker sind umstritten: Ihre Kritiker verweisen auf dünne oder fehlende Wirksamkeitsbelege für Angebote wie Homöopathie und verlangen höhere Vorgaben für die Ausübung des Berufs (siehe auch Text unten). Befürworter hingegen sagen etwa, Heilpraktiker nehmen sich mehr Zeit für Patienten und könnten oft helfen, wenn die Schulmedizin nicht mehr weiterwisse.
Brigitte Rohland gehört zu jenen Vertreterinnen der Zunft, die ihre Kompetenz mit einer langen Lehrzeit und etlichen Weiterbildungen begründen, zugleich aber nicht das Blaue vom Himmel versprechen. Nach der Arbeit als Kinderkrankenschwester und Leiterin eines ambulanten Pflegedienstes habe sie etwa eine dreijährige Ausbildung zur Heilpraktikerin und ein dreijähriges Studium der Traditionellen Chinesischen Medizin absolviert, sagt die 64-Jährige, die seit 20 Jahren in Wandsbek eine Praxis betreibt. Dort behandelt sie auch viele Patienten mit Rückenschmerzen.
Rückenschmerzen: Naturheilverfahren können helfen
Schmerz habe immer mit Stagnationen im Körper zu tun, sagt Rohland. „Der Energiefluss ist dann gestört.“ Um die Ursache dafür zu ergründen, fragt sie den Patienten, wo und wie die Schmerzen auftreten, und untersucht ihn. Außerdem schaut sie sich Untersuchungsberichte an, die der Patient von Ärzten mitgebracht hat. „Ich sehe meine Behandlungen unter anderem als ergänzende Therapie zur Schulmedizin“, sagt Rohland. „Aber zu mir kommen auch Patienten, bei denen Ärzte nicht mehr weitergekommen sind.“
TCM hilft mit Akupunktur und Heilkräutern
Als Behandlungen bietet sie etwa Massagen an, um Gewebe zu lockern, aber auch das Schröpfen und die Wirbelsäulentherapie nach Dorn, beides Verfahren, deren Nutzen wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist. Mehr wissenschaftliche Anerkennung auch unter Ärzten genießt die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), die Brigitte Rohland schwerpunktmäßig anwendet.
Als die beiden wichtigsten Methoden der TCM gelten die Akupunktur und der Einsatz von chinesischen Heilkräutern. Die Akupunktur beruht auf der Vorstellung, dass unseren Körper permanent das lebenswichtige „Qi“ durchströmt, das vielfältige Aufgaben erfüllt. Ist dieser Fluss gestört, kann der Mensch krank werden.
Weil unsere Haut und die inneren Organe über bestimmte Fasern miteinander verbunden sind, sollte es möglich sein, über die Haut Heilreflexe auszulösen, so die Vorstellung. Um das zu erreichen und so wieder einen harmonischen Qi-Zustand herbeizuführen, werden extrem dünne Stahlnadeln an bestimmten Punkten in die Haut eingeführt.
Wirkung der Akupunktur in vielen Studien untersucht
Akupunktur sei die weltweit am häufigsten untersuchte Schmerztherapie, sagt Privatdozent Dr. Sven Schröder. Der Neurologe und TCM-Arzt ist Geschäftsführer des HanseMerkur-Zentrums für TCM am Uniklinikum Eppendorf. Bei Studien zur Wirksamkeit von Akupunktur sei es allerdings schwer, eine gute Verblindung zu bewerkstelligen, sagt Schröder. Mit Verblindung ist gemeint, dass die Beteiligten nicht wissen sollen, welche Behandlungen angewandt werden – ebendies gilt als Goldstandard für Patientenstudien. Nur: Wenn es um Akupunktur geht, bemerkt der Patient es in der Regel leicht, ob er mit Nadeln behandelt wird oder nicht.
Letzteres ist relevant für die Kontrollgruppe, die eine zu bewertende Behandlung nicht erhält, aber auch nichts davon erfahren soll. „Es gibt aber aus vielen Studien starke Hinweise, dass sich Rückenschmerzen durch Akupunktur lindern lassen“, sagt Schröder. Deshalb bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen meist einige Akupunktur-Sitzungen gegen Rückenschmerzen, allerdings nur, wenn Ärzte die Akupunktur anwenden.
Patienten sprechen unterschiedlich gut auf Akupunktur an
Rückenschmerzen können verschiedene Ursachen haben und sich unterschiedlich bemerkbar machen, etwa dumpf, bohrend oder stechend sein, nur an einer Stelle auftreten oder ausstrahlen. „Ein wirksames Akupunktur-Konzept berücksichtigt all diese Kriterien“, sagt Sven Schröder. „Je differenzierter der TCM-Therapeut vorgeht, desto besser sind die Erfolgsaussichten.“
Heilpraktikerin Brigitte Rohland sagt: „Mit Akupunktur kann ich auf das ganze Körpersystem einwirken. Sie hilft meiner Erfahrung nach bei vielen Schmerzen.“ Allerdings sprechen Patienten unterschiedlich gut auf Akupunktur an, sagt Rohland. „Wenn sich der gewünschte Erfolg nicht zeigt, beharre ich nicht auf dieser Methode, sondern spreche mit dem Patienten über Alternativen. Ich finde es wichtig, Grenzen zu kennen.“
In jeder Sitzung nehme sie sich eine Stunde Zeit pro Patient, sagt Rohland. Die Kosten einer heilpraktischen Behandlung können von privaten Versicherern oder im Rahmen einer Zusatzversicherung erstattet werden. Gesetzlich Versicherte dagegen müssen die Kosten alleine tragen.