Hamburg. “Hinz&Kunzt“ fordert Sofortmaßnahmen gegen Kältetod. Eine Lösung: Bürger können Busshuttle für Obdachlose anfordern.

Nach dem Tod eines weiteren Obdachlosen fordert Hinz&Kunzt Sofortmaßnahmen für die Menschen auf der Straße. Ein Lösungsvorschlag: Ein Kältebus könnte Obdachlose ins Winternotprogramm bringen.

Die beiden Obdachlosen haben sich in der Nacht auf mehreren Schichten Pappe vor der Haspafiliale an der Grindelallee eingerichtet. Während viele Berufstätige an diesem Morgen gegen 6.30 Uhr schon auf dem Weg zur Arbeit sind, schlafen die beiden unter ihren Wolldecken vor dem Bankautomaten.

Hilfesystem reicht nicht

So wie diese Zwei schlafen nach Schätzungen der Obdachlosenzeitung "Hinz&Kunzt" hunderte Obdachlose auf der Straße. Nicht alle überleben die kalten Nächte in Hamburg: Vier tote Obdachlose innerhalb weniger Wochen alarmieren die Verantwortlichen bei "Hinz&Kunzt". "Dass vier Menschen in Hamburg auf der Straße sterben, ist ein Alarmzeichen, dass die Stadt nicht weiter ignorieren darf", sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Er führt den Tod der Menschen auf die Kälte zurück.

So habe die Stadtreinigung Hamburg am 28. November eine Leiche im Fußgängerdurchgang unter der Lombardsbrücke gefunden. Ende Oktober war eine 43 Jahre alte Frau tot auf einer Parkbank im Stadtteil Niendorf gefunden, eine 64-Jährige Tote Mitte November am Michel sowie einen 47 Jahre alten Toten, der Anfang November auf einem Fabrikgelände in Harburg entdeckt worden war.

Offiziell bestätigt hat die Hamburger Staatsanwaltschaft die Zahl der Kältetoten noch nicht. Bislang steht lediglich fest, dass die Frau aus Niendorf an Unterkühlung gestorben ist. Bei dem Mann, der auf dem Fabrikgelände in Harburg gefunden wurde, haben unbekannte innere Ursachen zum Tod geführt.

Stephan Karrenbauer: "Ganz offensichtlich reicht das bisherige Hilfesystem nicht aus. Deswegen muss jetzt unbedingt nachgesteuert werden." Die Menschen, die nachts auf der Straße schlafen, seien nach Jahren auf der Straße geschwächt. Eine mögliche Lösung: Ein Kältebus nach Berliner Vorbild, der die Obdachlosen aufsucht und in eine Unterkunft fährt oder ihnen einen Schlafsack aushändigt. "Das würde Leben retten", so Karrenbauer.

Der Kältebus funktioniert so: Passanten können den Kältebus ganz einfach anrufen, wenn sie Obdachlose sehen, die hilflos sind und die bei Minusgraden draußen schlafen und es allein nicht in die Unterkunft schaffen. Die Kältebusfahrer holen den Wohnungslosen ab und fahren ihn in eine Unterkunft. "Das ist niedrigschwellig und unkompliziert", so Karrenbauer.

"Hamburg finanziert viele Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter, die obdachlose Menschen ansprechen und dazu motivieren, Schutzräume aufzusuchen sowie Beratungsangebote anzunehmen", teilt dazu die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration auf Anfrage mit. Auch ein Kältebus könnte nicht mehr leisten, denn gegen den Willen eines Obdachlosen könne man ihn nicht ins Winternotprogramm oder zu anderen Beratungsstellen bringen. Die Straßensozialarbeiter/innen würden die Platten kennen und über teils intensive Kontakte zu Obdachlosen verfügen

Obdachloser erster und zweiter Klasse

Das Straßenmagazin will erreichen, dass alle Obdachlose umgehend Zugang zu den Schlafstätten im Winternotprogramm erhalten und dort auch tagsüber vor der Kälte Schutz finden. Bislang müssen die Obdachlosen tagsüber die Unterkünfte verlassen. Das schrecke viele ab. Hinz&Kunzt kritisiert außerdem, dass die Stadt Obdachlose in Bedürftige aufteilt und diejenigen, die in der Heimat noch eine Unterkunft haben und Hamburg eigentlich verlassen sollten. "Doch viele bleiben und müssen die Nacht auf dem harten Boden einer Wärmestube verbringen, oder sie schlafen draußen", so Karrenbauer. Dass die Stadt diesen Menschen kein Bett anbietet, sei lebensgefährlich.

Dazu meint die Sozialbeörde: "Eine Tagesöffnung des Erfrierungsschutzes gibt es nirgendwo in Deutschland. Das Winternotprogramm ist eine nächtliche Ergänzung zu den Tagesaufenthaltsstätten. Es soll weiterhin von allen Obdachlosen genutzt werden können, die sich selbst nicht weiterhelfen können – auch anonym."