Hamburg. Bundesfinanzminister Scholz legt sein Reformmodell vor. Entwarnung für Großstädte. Senator Dressel bleibt skeptisch.
Die Reform der Grundsteuer soll auch in Großstädten wie Hamburg nicht zu flächendeckend höheren Belastungen der Bürger führen. Das hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach Abendblatt-Informationen im Rahmen der Finanzministerkonferenz in Berlin betont.
Anfang der Woche hatten Berichte für Wirbel gesorgt, wonach Scholz ein Modell plant, das die Grundsteuer in Großstädten stark erhöhen könnte. Die Reform ist nötig, weil das Bundesverfassungsgericht das bisherige Modell kassiert hatte und eine Neuregelung angeordnet hatte, die bis Ende 2019 beschlossen und bis 2024 eingeführt sein muss.
Allerdings ist auch nach dem Treffen in Berlin noch unklar, ob und wie das Ziel, die Bürger nicht über Gebühr zu belasten, erreicht werden kann. „Die Zeit drängt, und viele Fragen sind nach wie vor offen“, sagte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) im Anschluss an die Gespräche.
Finanzministerium legt zwei Grundsteuermodelle vor
Anders als bislang berichtet, habe das Bundesfinanzministerium (BMF) nicht nur ein, sondern zwei Modelle vorgelegt: zum einen das von Hamburg und Bayern favorisierte Flächenmodell, in dem die Grundsteuer allein nach der Fläche einer Wohnung oder eines Grundstücks berechnet wird – dieses Modell hatte Scholz selbst zu seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister noch vertreten. Und zweitens ein wertabhängiges Modell, in dem die Werte aller Grundstücke und Immobilien bundesweit neu berechnet werden müssten – denn sie stammen im bisherigen Modell noch aus den Jahren 1935 (Ost) und 1964 (West).
Damit das nicht zu exorbitanten Steigerungen der Grundsteuer führt, will Scholz im Gegenzug die sogenannte Steuermesszahl „radikal“ absenken, wie es in einem Papier aus seinem Haus heißt. Dieser Faktor, der derzeit je nach Immobilie, Lage und Nutzung zwischen 2,6 und 10,0 Prozent liegt, wird mit dem Einheitswert der Immobilie multipliziert. Je niedriger die Messzahl, desto niedriger die Steuerbelastung.
Zu prüfen sei ferner, ob für Großstädte mit besonders hoher Wertentwicklung auf dem Immobilienmarkt „eine zusätzliche Ausgleichskomponente“ nötig sei, so das Ministeriumspapier, aus dem deutlich hervorgeht, dass Scholz dieses Model präferiert. Ob das praktikabel und in der vorgegebenen Zeit umsetzbar ist, sieht Dressel skeptisch: „Wie genau die Auswirkungen der Modelle – insbesondere des wertabhängigen Modells – auf Hamburg sind, wird noch genau zu untersuchen sein. Dass die Auswirkungen der Neuregelung nach dem wertabhängigen Vorschlag für Hamburg per Saldo kaum ins Gewicht fallen sollen, so das BMF, wird sehr detailliert zu hinterfragen und konkret nachzurechnen sein.“
Grundsteuer geht voll an die Kommunen
Offene Fragen seien zum Beispiel, ob und wie sich der Aufwand für Verwaltung und Bürger erhöhe, welche Bevölkerungsgruppen stärker und welche geringer belastet werden und wie die Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich sind. Dressel: „Hier gibt es noch viele Fragen.“
Hamburg plädiere daher auch dafür, das einfach umsetzbare Flächenmodell weiter zu verfolgen, so der Finanzsenator: „Auch wenn der Bundesfinanzminister eine Präferenz für das wertabhängige Modell hat erkennen lassen, haben wir gemeinsam mit vielen anderen Ländern dafür plädiert, weiter beide Modelle gleichermaßen auf ihre technische und rechtliche Machbarkeit sowie auf ihre Bezahlbarkeit für Mieter und Eigentümer hin zu prüfen.“
Erfreut zeigte er sich, dass immerhin „einige Irritationen der letzten Tage“ ausgeräumt wurden: So solle die Grundsteuer doch nicht für jede Mietwohnung einzeln erhoben werden. Die Grundsteuer fließt vollständig den Kommunen zu – in einem Stadtstaat wie Hamburg also der Stadt. Einig sind sich Scholz und die Länder, dass das Gesamtaufkommen aus der Steuer von zuletzt rund 14 Milliarden Euro im Jahr nicht erhöht werden soll. Da die Reform aber gerade die Aufgabe habe, die bisherigen Ungerechtigkeiten bei der Besteuerung zu beseitigen, werde es in jedem Fall für einige Bürger teurer und für einige günstiger.