Hamburg. Bundesfinanzminister Scholz (SPD) will angeblich die Grundsteuer für jede Wohnung einzeln berechnen lassen – das sorgt für Kritik.
Die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für eine Reform der Grundsteuer sorgen für Verunsicherung bei Hamburgs Mietern und Eigenheimbesitzern. Einem „Bild“-Bericht zufolge will Scholz die Grundsteuer künftig für jede Wohnung einzeln berechnen lassen. Grundlage sollen Fläche und Alter und bei Mietwohnungen die Höhe der Miete sein. Das könnte gerade bei Wohnungen mit hohen Mieten in den Großstädten zu einer stärkeren Belastung der Mieter führen – denn auch die zahlen die Grundsteuer indirekt mit.
„Das wird das für die Mietpreise in Hamburg nichts Gutes bedeuten“, sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jörg Hamann. „Denn für Wohnungen mit einer ohnehin hohen Miete würde die individuelle Grundsteuerberechnung einen drastischen Anstieg der Steuerbelastung bedeuten.“ Hamann glaubt sogar, dass die Neuregelung „das Wohnen für alle deutlich verteuern“ werde.
Die FDP zeigt sich ebenfalls besorgt. Jens P. Meyer, der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Fraktion der Liberalen, befürchtet, dass die Orientierung der Grundsteuer an der Miethöhe die bisherige rasante Steigerung der Mietpreise weiter verstärken würde: "Wenn tatsächlich zukünftig jede Wohnung individuell und nach Höhe der Miete berechnet wird, kann dies zum Preis-Beschleuniger für Wohnkosten in Hamburg werden." Meyer wünscht sich von Scholz als ehemaligem Hamburger Bürgermeister "mehr Gespür dafür", welche Folgen diese Pläne "für die Bürger in der Hansestadt hätten".
Aufkommen der Grundsteuer soll gleich bleiben
Auch Andreas Breitner, Direktor des Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (732.000 Wohnungen in Norddeutschland), zeigte sich skeptisch: „Alles was in den verschieden Modellen bisher den Wert eines Grundstücks berücksichtigt hat, führte zu einer hohen Grundsteuerbelastung in guten Lagen. Wenn Scholz jetzt beides kann, den Wert berücksichtigen und eine hohe Belastung vermeiden, dann hat er seinen Job gut gemacht. Aber nur dann.“
Scholz äußerte sich am Montag nicht zu Inhalten seines Vorschlags, den er am Mittwoch und Donnerstag den Länder-Finanzministern vorlegen will. Er versicherte aber, dass das Aufkommen der Grundsteuer von rund 14 Milliarden Euro im Jahr gleich bleiben soll. Innerhalb dieses Rahmens werde es aber natürlich Verschiebungen geben, so Scholz. Einige Bürger werden also mehr zahlen, andere weniger.
Länder ringen seit dem Frühjahr um Neuregelung
Seit das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung im Frühjahr verworfen hatte, ringen die Länder, denen die Grundsteuer zufließt, um eine Neuregelung. Hamburg plädiert zusammen mit Bayern für ein Flächenmodell, in dem allein die Fläche eines Gebäudes oder eines Grundstücks Basis für die Steuerberechnung wäre. Dieses Modell, für das auch Scholz zu seiner Zeit als Bürgermeister in Hamburg plädiert hatte, wäre unabhängig von Wertschwankungen. Dass er nun davon abweicht, nahm Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) mit Zurückhaltung zur Kenntnis: „Ein ausgearbeiteter Vorschlag des Bundesfinanzministeriums liegt uns noch nicht vor“, sagte Dressel dem Abendblatt. „Das Thema Grundsteuerreform wird am Mittwoch und Donnerstag auf der Finanzministerkonferenz beraten. Unsere Argumente liegen auf dem Tisch.“
Deutlicher drückte sich Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) aus. Die nun bekanntgewordenen Pläne „würden Steuererhöhungen, Mieterhöhungen und vor allem mehr Bürokratie bedeuten“, kritisierte er und betonte: „Bayern bleibt dabei: Wir wollen eine einfache, faire und regionalisierte Grundsteuer. Die Grundsteuerreform soll aufkommensneutral erfolgen und keine Steuermehrbelastungen für Eigentümer und Mieter erzeugen.“
Mieterbund befürchtet steigende Mieten
Auch der Deutsche Mieterbund befürchtet, dass der Vorschlag von Scholz zu weiter steigenden Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten führen würde. „So wie der Vorschlag jetzt angelegt ist, wird er insbesondere in den Städten zu einer Anhebung der Grundsteuer führen“, sagte Geschäftsführer Ulrich Ropertz der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Kritik kam auch vom Bund der Steuerzahler. Das wertabhängige Modell von Scholz werde viel zu kompliziert, zu bürokratisch und für viele teurer, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Vor allem in Metropolen, Ballungsräumen und Uni-Städten würde der Staat dann über hohe Grundstückswerte und hohe Mieten kräftig mitverdienen und das Wohnen durch eine hohe Grundsteuer zusätzlich verteuern. Das ist völlig inakzeptabel.“