Hamburg . Nach einem Einspruch der Unesco-Berater scheint alles wieder offen – doch das ist nicht das einzige Problem bei den Planungen.

Gerade erst hatte die Stadt bekannt gegeben, dass das Unesco-Welterbezentrum bei einem Abriss des City-Hofs keine möglichen negativen Auswirkungen auf die Welterbestätte Kontorhausviertel und Speicherstadt sehe, da widerspricht das Unesco-Beratungsgremium Icomos dieser Darstellung. In einem Statement sprechen die Berater von "bedauerlichen Fehlern", die dem Senat in seiner Mitteilung vom Dienstag unterlaufen seien.

Die Darstellung der Stadt, die Unesco stimme dem Abriss des City-Hofs zu, entspreche nicht den Tatsachen, heißt es in dem Statement. Es sei zwar korrekt, dass weder der City-Hof noch die "Pufferzone", zu der er gehört, direkt zum OUV (dem außergewöhnlichen universellen Wert) der Welterbestätte beitragen. Allerdings unterstützten beide diesen.

Abriss des City-Hofs könnte sehr wohl negativen Einfluss haben

Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, verweist darauf, dass das von Icomos beanstandete Zitat nicht von der Stadt, sondern vom Auswärtigen Amt stamme. Aus dem Icomos-Bericht habe die Stadt gar nicht selbst zitieren können, da er ihr bislang nicht vorliege, erläutert er: "Bis heute haben wir von Icomos als unserem Vertragspartner der durchgeführten Advisory-Mission weder den offiziellen Berichts-Entwurf noch einen abschließenden Bericht erhalten."

Im Statement des Auswärtigen Amtes war anhand eines Berichts-Entwurfs von Icomos der Schluss gezogen worden, dass die Unesco den Abriss des City-Hofs als nicht relevant für den Welterbestatus erachte. Daher sehe die Unesco keinen Grund, sich weiter mit dem Abriss des City-Hofs zu befassen. "Diese Frage galt es zu klären und nicht, ob es bedauerlich ist, dass ein Denkmal abgerissen wird", so Isermann.

City-Hof-Befürworter warnen vor Verlust eines Kulturdenkmals

Icomos bestätigt zwar, dass das Thema nicht auf der Tagesordnung der nächsten Unesco-Sitzung im Sommer stehe. Das würde aber nicht darauf hindeuten, dass das Welterbezentrum keine negativen Folgen eines Abrisses sehe. Sondern vielmehr, dass die Unesco eine Lösung auf nationaler Ebene erwarte. Weil der City-Hof in der Pufferzone zur Welterbestätte liegt, könne ein negativer Einfluss auf den Status von Speicherstadt und Kontorhausviertel bei einem Abriss nicht ausgeschlossen werden.

"Um den unwiederbringlichen Verlust eines Kulturdenkmals, einen langwierigen Streit mit der Unesco und eine jahrelange Baubrache zu vermeiden, wäre der Senat gut beraten, endlich Abstand von seinen Plänen zu nehmen", sagt Marco Hosemann von vom Verein City-Hof, der sich für den Erhalt der Gebäude einsetzt. Das könne mit dem jüngsten Statement von Icomos geschehen. Denn wie es in einer Aussage des Senats zu Beginn des Jahres hieß, werde er sich erneut mit dem Thema befassen, sollten entgegen allen Erwartungen doch Einsprüche vorgetragen werden. Dadurch wachse laut Hosemann der Druck auf den Senat.

"Blinde Abrisswut", "Fake News": Harsche Kritik aus der Opposition

Die Oppositionsfraktionen reagieren mit herber Kritik auf die neuesten Entwicklungen. „Der Senat hat sich gründlich blamiert. Indem er Icomos falsch zitierte, versuchte er Fakten zu schaffen“, sagt Dietrich Wersich, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Dieses Vorgehen ist verantwortungslos, kindisch und ein Schlag ins Gesicht des Denkmalschutzes", so Wersich weiter.

Heike Sudmann von den Linken spricht von „blinder Abrisswut“: „Mit Fake News und falschen Aussagen so schnell wie möglich Fakten schaffen zu wollen, ist ungeheuerlich.“ Sie wirft dem Senat "unredliches Tun" vor und fordert, das Verfahren "ohne weitere Mauscheleien und Druck Hamburgs oder des Auswärtigen Amtes" auf Icomos zu Ende zu führen. Jens P. Meyer von der FDP sagt: "Anscheinend hat der Senat den Bericht nach seinen eigenen Wünschen umgesetzt, um den von Anfang an favorisierten Abriss der City-Hof-Häuser vollziehen zu können."

Planungen für den City-Hof werden sich ohnehin verzögern

Nach Abendblatt-Informationen werden sich die Planungen am Klosterwall ohnehin verzögern. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hat am 26. November in einem Schreiben darauf hingewiesen, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan nicht, wie bislang angenommen, nach Paragraf 13 a (der bei Nachvedichtungen ein beschleunigtes Verfahren erlaubt) durchgeführt werden kann. Stattdessen müssten die Planungen auf ein so genanntes Vollverfahren umgestellt werden, das die Beteiligung von Bürgern und Behörden vorsieht.

Das Planverfahren wie bisher weiter zu führen, wäre aus mehreren Gründen nicht möglich, so das Bezirksamt. Die Einschätzung, dass mangels betroffener Schutzgüter (Stadtbild, Landschaft oder Sach- und Kulturgüter) eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtbar sei, müsse revidiert werden. Das habe die Prüfung einer am 19. November eingegangenen Stellungnahme des Denkmalschutzamtes ergeben. Dessen Belange wären durch die Planungen betroffen. Bisher sei man davon ausgegangen, dass die Entscheidung zum Abriss des Denkmals sowie die Abwägung zwischen Belangen des Denkmalschutzes und den Interessen an einer Neubebauung aus städtebaulichen Gründen außerhalb des Bebauungsplanverfahrens hätten vorgenommen werden können.

Am 10. Dezember soll sich ein Arbeitskreis erneut mit der Problematik auseinandersetzen. Dann werden auch die bereits vorliegenden Stellungnahmen Beachtung finden, etwa die der Straßenverkehrsbehörde. Diese hat bereits erklärt, die derzeit aktuelle Straßenplanung nicht mitzutragen