Hamburg. 81-Jähriger stirbt bei Unfall. Der private Rettungswagen, der ihn mutmaßlich verschuldet hat, war auf dem Weg zu einem Einsatz.

Die Kreuzung an der Saseler Chaussee ist ein Trümmerfeld, aus dem Wrack eines Rettungswagens steigt Dampf in die kalte Nachtluft, Feuerwehrleute laufen über Splitter. Sie versorgen die Verletzten. Ein Mann wird auf eine Trage gehievt, aber seine Wunden werden sich als zu schwer erweisen. Es sind Szenen eines verheerenden Unfalls, der als Rettungsfahrt begonnen hatte. Ein 81-Jähriger starb, drei weitere Menschen wurden verletzt.

Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war eine Rettungswagen-Besatzung des Dienstleisters GARD offenbar für die Kollision verantwortlich. Sie war gegen 23 Uhr auf der Fahrt zu einem Notfalleinsatz. Laut einem Augenzeugen soll der Rettungswagen mit Blaulicht, aber ohne Martinshorn unterwegs gewesen sein und die Kreuzung bei Rot überquert haben. Ungebremst prallte das Einsatzfahrzeug mit einem VW Polo zusammen, in dem eine 83-Jährige am Steuer und ein zwei Jahre jüngerer Mann auf dem Beifahrersitz saßen und die Kreuzung in Höhe Frahmredder überqueren wollten. Der Rettungswagen prallte gegen eine Ampel, der Kleinwagen wurde über die Kreuzung geschleudert und erst durch ein Gitter am Fahrbahnrand gestoppt.

Unfallopfer wurden notoperiert

Die Feuerwehr rückte mit schwerem technischen Gerät an: „Um die Fahrerin retten zu können, wurde das Dach des Autos abgetrennt“, so ein Feuerwehrsprecher. Sie wurde ebenso wie der Mann in ein Krankenhaus gebracht und notoperiert. Während die Ärzte das Leben der Frau retten konnten, starb der Mann in der Nacht in der Klinik. Die 30 Jahre alte Fahrerin des Rettungswagens und ihr 23 Jahre alter Beifahrer erlitten einen Schock und wurden ambulant betreut.

Ob der Rettungswagen wirklich ohne Martinshorn unterwegs war, ist noch Gegenstand der Ermittlungen – nach Angaben von Feuerwehr und Polizei wäre es aber eindeutig die Pflicht der Rettungswagen-Besatzung gewesen, mit Blaulicht und Sirene über die Kreuzung zu fahren. Nur wenn beide Systeme eingeschaltet sind, haben Rettungswagen die Sonderrechte, auch rote Ampeln überfahren zu dürfen. In der Ausbildung lernen Sanitäter außerdem, auch mit eingeschalteten Alarmzeichen nicht mit voller Geschwindigkeit über Kreuzungen zu fahren, sondern jeweils leicht abzubremsen und auf andere Fahrzeuge zu achten.

GARD steht vor der Einbindung in den Notruf 112

Ein Sprecher von GARD wollte sich zu Einzelheiten der Unfallfahrt nicht äußern und verwies auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen. Die Tragödie kommt für das Unternehmen zur Unzeit: Der Dienstleister steht nach einem richterlichen Vergleich mit der Feuerwehr davor, erstmals systematisch in die Notfallrettung der Stadt eingebunden zu werden.

Voraussichtlich werden vom 3. Dezember an acht Rettungswagen der Firma über die Feuerwehr-Notrufnummer 112 im Einsatz sein – auch im Bereich um die GARD-Wache in Poppenbüttel nahe der jetzigen Unfallstelle.

Bislang fuhren die Sanitäter des Dienstleisters etwa nur dann mit Blaulicht und Sirene zu Einsätzen, wenn sich ein Krankentransport plötzlich zu einem Notfall entwickelt. Ein derartiger Fall lag offenbar auch der Einsatzfahrt am Mittwochabend zugrunde. Wie es bei GARD heißt, seien die Mitarbeiter durchaus erfahren darin, auch mit Sonderrechten unterwegs zu sein: Täglich gebe es etwa zehn bis 20 dieser Notfalleinsätze, also etwa ein bis zwei Fahrten mit Martinshorn pro Rettungswagen und Schicht.

Wie oft es in Hamburg Unfälle mit Rettungswagen gibt

Immer wieder kommt es auf Hamburgs Straßen auch zu Kollisionen von städtischen Einsatzfahrzeugen mit Autos, Fahrrädern und Fußgängern. 51 derartige Unfälle von Rettungswagen und Notärzten der Berufsfeuerwehr wurden allein von Anfang Januar bis Ende April dieses Jahres registriert, wie eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz an den Senat ergab. Dabei wurden 15 Menschen verletzt, darunter drei Feuerwehrleute.

  • Im gleichen Zeitraum kam es auch zu 21 Kollisionen mit größeren Feuerwehrwagen und 27 Unfällen mit Polizeifahrzeugen in Hamburg – es blieb zunächst bei Blechschäden.
  • Seit dem Frühjahr kam es jedoch auch zu mehreren schweren Unfällen mit Einsatzfahrzeugen. Im Mai erfasste ein Streifenwagen einen 24-Jährigen auf der Harburger Chaussee. Der Mann starb.
  • Im Juli kollidierte ein Rettungswagen mit einer Schwangeren an Bord auf dem Jahnring mit einem Auto und fiel auf die Seite. Die Frau konnte mit leichten Verletzungen gerettet werden.