Hamburg. Hamburgs Landstromanlage wird kaum genutzt: Nur die “Aidasol“ macht hier bislang fest. Michael Westhagemann ist verschnupft.

Hamburgs neuer Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) ist verärgert über die geringe Nutzung der Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe. "Richtig geärgert hat mich, als ich lesen musste, dass die Anlage jüngst nur zweieinhalb Stunden gelaufen ist", sagte Westhagemann. Grund für diese Teilversorgung ist das von der Bundesnetzagentur eingeführte "Hochlastzeitfenster", das den Stromverbrauch in Deutschland steuern soll. Werde in diesem Zeitfenster Strom bezogen, steigen die Netzentgelte dramatisch an, wie jüngst aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Hamburger Linken hervorging. "Da muss man doch einen Weg finden, dieses Problem schnellstmöglich lösen zu können", appellierte Westhagemann an die Bundesregierung.

Schon für seinen Vorgänger, Ex-Senator Frank Horch (parteilos), war es kaum nachvollziehbar, dass zwei Bundesministerien hier offenbar gegeneinander arbeiteten, wie er dem Radiosender NDR 90,3 sagte. Während das Umweltministerium die Landstromanlage mitfinanziert hatte, mache das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) Vorgaben, wodurch die Anlage kaum genutzt werde. Sie hat rund zehn Millionen Euro gekostet und ist seit Juni 2016 in Betrieb.

"Aidasol" wird als einziges Kreuzfahrtschiff in Hamburg mit Landstrom versorgt

Westhagemann hat als früherer Siemens-Manager und Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Clusters für erneuerbare Energien in Hamburg (EEHH) das Landstrom-Projekt ebenfalls über Jahre begleitet. "Dass wir den aktuellen Zustand haben, aber keiner sagt es uns im Verein, das hat mich ebenfalls geärgert", sagte Westhagemann.

Die Kurzzeit-Versorgung beanspruchte die Reederei Aida Cruises aus Rostock. Sie ist die einzige Kreuzfahrt-Reederei, die bislang in Hamburg Landstrom abnimmt. Während der 10 bis 14 Stunden dauernden Liegezeiten der "Aidasol" an fünf Tagen im September und Oktober wurde der Hotelbetrieb des Schiffes nur zweieinhalb Stunden lang mit Landstrom versorgt, wie der Senat berichtete. Anschließend kamen die Dieselgeneratoren zum Einsatz, was Schadstoffemissionen zur Folge hat. Branchenexperten schätzen, dass Landstrom generell etwa vier Mal teurer ist als schwefelarmer Marinediesel.

"Landstormversorgung war und ist ein richtiger, guter und mutiger Schritt", führte Westhagemann aus. Habe er selbst anfangs Beschimpfungen über das Projekt einstecken müssen, sei die Stimmung später gekippt, erinnerte er sich. "Weil der gesellschaftspolitische Druck von außen immer größer wird." Dies haben in Hamburg anlegende Kreuzfahrtreedereien bereits zu spüren bekommen, da der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hier alljährlich Schwarze Schafe in puncto Abgastechnik und alternativer Antriebe anprangert. "Ja, Klima-, Umweltschutz kostet Geld", sagte Westhagemann. Aber der Druck auf Unternehmen, nachhaltig zu produzieren, werde weiter zunehmen.