Hamburg . Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) sieht das Tragen als „falsches Signal“. Viele Abendblatt-Leser sind anderer Meinung.
Fahrradhelm ja oder nein – in der Hansestadt wird das Thema nach einem Bericht im Abendblatt am Sonnabend engagiert diskutiert.
Meino Dorbandt gibt dem ADFC Recht, dass Helme keine Unfälle verhindern. „Aber Helme schützen vor schweren Kopfverletzungen. Ich bin mit meinem Fahrrad schwer gestürzt. Nicht auszudenken, welche Kopfverletzungen ich davongetragen hätte ohne Helm.“
Thomas Fetzberger argumentiert ähnlich. „Ich selbst verdanke meine Gesundheit einem Helm. Ich empfehle jedem Radfahrer, dem seine Gesundheit lieb ist, zukünftig das Gleiche zu tun und sich nicht vom ADFC in die Irre führen zu lassen.“
Dirk Lau, Sprecher vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), stellt sich der These entgegen, dass ein Helmträger beim Radfahren sicherer sei. Helme würden Sicherheit vortäuschen, so Lau. „Wer in Kopenhagen unterwegs war, weiß, dass es in einer Fahrradstadt auch anders geht: Dort fährt praktisch niemand mit Helm, weil die Strecken gut ausgebaut sind und sich die Menschen sicher im Straßenverkehr fühlen.“
Joachim Schmidt-zur Borg argumentiert ähnlich und zitiert einen holländischen Witz: „Woran erkennt man einen deutschen Radfahrer? Am Helm.“ Kein Niederländer nutze einen Helm, trotzdem gelte das Land als das sicherste für Fahrradfahrer. „Die Fahrradwege sind breit, farblich abgesetzt und vom Autoverkehr getrennt. Die Niederländer betreiben Unfallverhütung und nicht die Minimierung möglicher Unfallfolgen.“
Ralf Ingswersen findet es richtig, einen Helm beim Radfahren zu tragen: „Wenn ein Helm bei nur einem von 10.000 Unfällen schlimmes Leid verhindert, dann war er sinnvoll. Und zwar nicht nur das eigene Leid, nein, auch das von Angehörigen und Freunden. Von dem abgewendeten Schaden für das Gesundheitswesen mal ganz abgesehen.“
Wolfgang Rose verfolgt diesen Gedanken: „Kein vernünftiger Mensch behauptet, dass Fahrradhelme Unfälle verhindern. Sie schützen nur den Kopf vor der Folgen von Unfällen. Das nützt den Radlern – und allen Krankenversicherten, die mit ihren Beiträgen die Behandlung der Unfallfolgen finanzieren müssen.“
Olaf Harlandt verweist auf seine mehr als 20-jährige Erfahrung als Notarzt. „Fast genauso lange habe ich auf Intensivstationen gearbeitet. Die Zahl der Menschen, die Fahrradunfälle dank eines Helmes überlebt haben, kann ich nicht genau beziffern, aber es waren sehr viele. Jedes Krankenhaus mit einer Neurochirurgie wird bestätigen, dass die Zahl der schweren Schädel-Hirn-Traumen nach Fahrradsturz zurückgegangen ist, seitdem mehr Menschen Helme tragen.“
Marc Auerswald verweist auch auf medizinische Erfahrungen: „Die Maßnahme ‘Fahrradhelm’ wird auch in der internationalen Literatur als geeignet angesehen, ein so genanntes Schädel-Hirn-Trauma zu vermeiden oder zu begrenzen. So konnte 2017 im Rahmen einer Untersuchung aus London gezeigt werden, dass die Nutzung eines Fahrradhelmes einen signifikanten Schutz bei Schädel- wie auch bei Gehirnverletzungen darstellt. Eine aktuelle japanische Studie geht differenzierter vor, und es wurde gezeigt, dass das Tragen eines Helmes das Risiko des Schädelbruches bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und verschiedenen Untergründen ebenfalls verringert. Bislang existieren bis auf die jährliche Verkehrsunfallstatistik Hamburgs keine Zahlen, welche die tatsächliche Situation darstellen. Hier wäre eine Aufarbeitung der tatsächlichen Gegebenheiten sicher erheblich hilfreicher als der undifferenzierte Umgang mit dem Thema Helm.“
Joshi Winter plädiert für eine generelle Helmpflicht bei Radfahrern : „Andere Länder diskutieren erst gar nicht. Da wird beschlossen. Also Helmpflicht auf dem Fahrrad, ansonsten droht ein Bußgeld. Motorradfahrer tragen prinzipiell Helme zum eigenen Schutz.“
Kai Deecke hält Reflektoren für wichtig: „Der Helm suggeriert Schutz. Der Helm verleitet manch erwachsenen Radfahrer zu leichtsinnigem Fahrstil. Gesehen, das heißt wahrgenommen zu werden, ist der beste Schutz im Straßenverkehr. Da hilft der Helm nicht. Dagegen würde das Tragen von Warnwesten mit Reflektoren günstig Abhilfe schaffen.“
Stefan Bick hat eine Bitte an die Politik: „Statt eine generelle Helmpflicht zu fordern, sollte die Politik davon absehen, weiterhin Radwege vom sicheren Bürgersteig auf die Straße zu verlegen.“
Ulrich Reppenhagen ruft zu mehr Rücksicht auf: „Selbstverständlich kann die Kopfbedeckung selbst keine Unfälle verhindern, wohl aber kann sie Unfälle verursachen. Mit der Fokussierung auf das Fahrrad als bevorzugtes Verkehrsmittel im städtischen Raum hat sich eine immer größer werdende Gruppe von Radfahrern gebildet, die offenbar auf den Velo-Routen persönliche Streckenrekorde aufstellen wollen. Bedacht auf die eigene Sicherheit tragen sie Helm (mit Beleuchtung), Warnweste und rückstrahlenden Quergurt über der Schulter. Derart passiv bewaffnet, bahnen sich diese Kampfradler ihren Weg, überholen rücksichtslos, schlängeln sich durch, jagen an Fußgängerampeln und wartendem Querverkehr vorbei, halten auf Falschfahrer gnadenlos zu und reduzieren in keiner Situation ihr Tempo – Aufprallgeschwindigkeit hin oder her. Unfälle sind programmiert und finden statt! Die beste Unfallprävention dürfte daher die mentale Abrüstung sein und eine Rückkehr zu mehr Rücksicht.“
Helmut Koppermann hat eine Forderung an den ADFC: „Anstatt nun auch noch die Helme infrage zu stellen, sollte der ADFC auf die Radfahrer einwirken, die Verkehrsregeln zu beachten: Fahren mit Licht, Respektierung von Ampeln, Rücksicht gegenüber Fußgängern.“
Jürgen Vieth bringt ein Beispiel aus Australien: „Nachdem dort Fahrradhelmpflicht eingeführt wurde, nahm der Radverkehr um bis zu 40 Prozent ab. Gleichwohl sollte jeder Radler bedenken, dass ein Helm schwere Kopfverletzungen bei einem Unfall nicht verhindern, aber abmildern kann.“