Hamburg. Datenschutzbeauftragter Caspar will Einsatz der Software verbieten lassen. Innensenator beharrt aber auf dem Programm.

Der Streit um die neue Software zur Gesichtserkennung der Hamburger Polizei muss voraussichtlich vor dem Verwaltungsgericht geklärt werden. Der Datenschutzbeauftragte der Hansestadt, Johannes Caspar, hält das Programm für so bedenklich, dass er gerade eine Anordnung erarbeitet, um den Einsatz der Software zu untersagen. Diese solle in Kürze erlassen werden, sagte er dem Abendblatt.

Die Innenbehörde beharrt aber auf der Verwendung des Programms und will Widerspruch gegen die Anordnung einlegen. "Wir setzen auf eine rechtliche Klärung", erklärte Behördensprecher Daniel Schaefer. Dafür sei man auch bereit, vor Gericht zu gehen.

Automatische Auswertung von Bildmaterial

Hintergrund des Streits sind die umfangreichen Ermittlungen nach den Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel im vergangenen Jahr. Um der enormen Fülle an Video- und Bildmaterial Herr zu werden, hat die Polizei ein spezielles Computerprogramm angeschafft, mit dem sich automatisch Personen identifizieren lassen.

Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich festzustellen, ob ein mutmaßlicher Straftäter noch auf anderen Aufnahmen von Überwachungskameras auftaucht. So können diesem mögliche weitere Straftaten nachgewiesen werden. Das Programm soll nach der offiziellen Auflösung der Soko "Schwarzer Block" auch bei anderen Großereignissen zum Einsatz kommen.

Innensenator: Software ist rechtlich zulässig

Innensenator Andy Grote (SPD).
Innensenator Andy Grote (SPD). © dpa

Vor dem Innenausschuss der Bürgerschaft verteidigte Innensenator Andy Grote am Donnerstagabend den Einsatz der Software. Ohne das Programm hätte es kaum Ermittlungserfolge gegeben, erklärte der SPD-Politiker laut NDR 90,3. Ein einzelner Beamter hätte 60 Jahre ohne Pause benötigt, um eine derartig große Menge an Material zu sichten. Es gehe nicht um Bilder oder personenbezogene Daten, sondern um mathematische Formeln zur Berechnung von Ähnlichkeiten. Außerdem habe man die Anwendung rechtlich geprüft, so Grote.

Speicherung von Daten unbescholtener Bürger

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar
Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar © dpa | Maja Hitij

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte sieht das anders. Es gehe sehr wohl um die Verarbeitung personenbezogener Daten, so Johannes Caspar zum Abendblatt. "Durch die Software werden massenhaft maschinenlesbare biometrische Profile von unbeteiligten Personen erstellt und gespeichert, die aus gänzlich unterschiedlichen Bild- und Videosequenzen stammen." Dafür gebe es derzeit keine rechtliche Grundlage.

"Wir reden hier von einer grundsätzlich unbegrenzten Speicherung biometrischer Daten von Personen, die hierzu keinen Anlass gegeben haben", so Caspar weiter. " Die Strafverfolgung im Rechtsstaat misst sich nicht am technisch Machbaren, sondern am rechtlich Zulässigen."

FDP kritisiert Innensenator

Die FDP-Bürgerschaftsfraktion kritisierte die konfrontative Haltung des Innensenators in dem Streit. „Die Nutzung der Gesichtsanalysesoftware ist ein wichtiges Instrument zur Verbrechensaufklärung. Ihr Einsatz ist aber auch verbunden mit einem starken Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aller aufgenommenen Personen", sagte die datenschutzpolitische Sprecherin der Liberalen, Anna von Treuenfels-Frowein. "Solche Grundrechtseingriffe brauchen eine spezifische Rechtsgrundlage."

Umso unverständlicher sei es, dass es der Innensenator nun auf einen Rechtsstreit ankommen lasse, an dessen Ende möglicherweise die gerichtliche Untersagung des Einsatzes der Software stehe. Die Freien Demokraten setzten stattdessen auf eine spezifische Regelung, die unter Beachtung der Sicherheitsinteressen und der Grundrechte der Betroffenen den automatisierten Abgleich biometrischer Daten ermögliche.