Hamburg. Fast 80.000 Tiere leben schon in Hamburg – so viele wie nie. Besitzer berichten, wie sie an ihre Hunde gekommen sind.
Nie zuvor war das Interesse der Hamburger an den Tieren so groß wie derzeit, inzwischen leben fast 80.000 in der Stadt. Das Abendblatt hat Besitzer gefragt, auf welchem Weg sie an ihre Vierbeiner gekommen sind.
Vom Züchter – Rassehund Flóki für 1800 Euro
Nach einigen Diskussionen hatte Christina Melzer es Anfang vergangenen Jahres geschafft und auch ihren Mann von der Anschaffung eines Hundes überzeugt. Sofort begann die Hamburgerin im Netz (unter anderem beim Verband für das Deutsche Hundewesen) nach der passenden Rasse zu recherchieren. „Klar war, wir brauchen ein Tier, das ich jeden Tag zur Arbeit mitnehmen kann.“ Die junge Frau ist Inhaberin eines Kosmetikstudios, ihr Mann als Musiker viel unterwegs, die 17-jährige Tochter steht kurz vor dem Abitur. „Unser Hund wäre zu lange allein zu Hause gewesen. Also sollte es ein nicht zu großes Tier sein. Und ein Jagdinstinkt wäre auch nicht gut gewesen.“
Schnell stieß sie auf die sogenannten Begleithunde. „Die haben keinen Arbeitsauftrag. Also die idealen Tiere für uns.“ Nachdem die erste Entscheidung gefallen war, ging die Suche weiter. Nicht zu viel Fell sollte er haben, und nicht so anfällig für Krankheiten sein. „Bei einigen Rassen findet man haarsträubende Geschichten im Netz. So ein Tier wollten wir auf keinen Fall anschaffen.“
Melzer entdeckte bei ihrer Recherche den dänischen Hofhund (Dansk-Svensk Gårdshund) und war sofort begeistert. „Diese Rasse ist hier nicht verbreitet und deshalb sind die Tiere nicht so überzüchtet.“ Nur die Suche nach einem Züchter war nicht leicht, die meisten wohnen in Dänemark. Und diese Hunde dürfen erst nach Deutschland eingeführt werden, wenn sie 15 Wochen alt sind – was Christina Melzer vermeiden wollte.
Die Familie aus Poppenbüttel entdeckte eine Frau in Rostock. Wenig später fuhren alle drei zusammen hin, „um zu schauen, ob uns die Tiere sympathisch sind“. Waren sie sofort. Selbst der eher skeptische Ehemann konnte dem Charme der Hunde nicht widerstehen. „Das sind so nette, freundliche und unaufgeregte Tiere. Die musste man mögen“, sagt er. Die Entscheidung für den Hofhund war gefallen. Nun hieß es warten, bis das passende Tier dabei war. „Wir wollten einen Rüden. Und da es nur wenige Züchter gibt, ist der Andrang groß.“
Doch die Melzers hatten Glück und schon nach wenigen Monaten kam ein Anruf aus Rostock. Kurz darauf dann einige Bilder per WhatsApp. Die drei sollten sich auf den Fotos einen kleinen Jungen aussuchen. „Als er fünf Wochen alt war, sind wir einmal hingefahren, um ihn kennenzulernen.“ Mit neun Wochen, im März diesen Jahres, zog Flóki dann in Poppenbüttel ein.
Alle drei sind „schockverliebt“, wie sie sagen. Der junge Hund ist längst ein fester Bestandteil der Familie. „Ich würde es immer wieder so machen“, so Melzer. „Denn nur so weiß ich ja in etwa, was mich später zu Hause erwartet.“ Bleibt die Frage, was die Melzers für den Rassehund bezahlt haben. Die Antwort: 1800 Euro.
Bei Ebay gefunden – der kleine Fiete, „eine Wundertüte“
Ein Leben ohne Hund kann Tina Hanf sich eigentlich nicht vorstellen. Immer schon hatte die junge Frau einen Boxer an ihrer Seite. Doch nachdem vor einigen Jahren das letzte Tier an Krebs gestorben war, stand für sie und ihren Mann fest: Es muss eine andere Rasse werden. „Aber keine hat uns so richtig begeistert“, sagt die 40-Jährige. „Außerdem hatte ich irgendwie auch das Gefühl, dass Rassehunde nicht unbedingt das halten, was sie versprechen.“
Auf der Suche nach einem Mischling stellte Hanf schnell fest: Heute läuft viel über die Verkaufsplattform Ebay. Wochenlang durchstöberte sie im Internet Hunderte Anzeigen. „Es ist gar nicht so einfach, wenn man nicht genau weiß, was man sucht.“ Mal waren die Welpen zu groß, mal zu klein. Es steckten die falschen Rassen drin oder der Zeitpunkt passte nicht. „Auf unser Gesuch bei Ebay-Kleinanzeigen meldeten sich Tierrettungsorganisationen, die uns einen Hund aus Rumänien, Griechenland oder Zypern vermitteln wollten, aber das kam für uns nicht infrage. Wir wollten einen ganz jungen Welpen, und Tiere aus dem Ausland dürfen frühestens mit vier Monaten einreisen“, so Hanf.
Und dann entdeckte sie Fiete, wie er heute heißt. Bei dem Wurf aus Hagen schien alles zu stimmen: Rasse und Größe der Eltern, der Zeitpunkt. Hanf nahm Kontakt zu den Anbietern auf und fuhr mit ihrer jüngsten Tochter zu einem ersten Besuch nach Nordrhein-Westfalen, um sich den vier Wochen alten Welpen anzusehen. „Ich muss zugeben, das war schon etwas anders als bei einem Züchter. Aber der Kleine gefiel uns ausgesprochen gut“, sagt sie. Zur Sicherheit schickte Hanf ihre Mutter gemeinsam mit ihrer ältesten Tochter noch einmal nach Nordrhein-Westfalen. Auch diesen Test bestand der Hund. Und so entschieden die Hanfs: Fiete soll bei uns einziehen.
Direkt nach dem Ende der Sommerferien fuhr dann die gesamte Familie nach Hagen, um das Tier abzuholen. Hanfs Mann lernte Fiete übrigens erst auf der Rückfahrt im Auto kennen, was der Liebe zu dem frechen Tier keinen Abbruch tut. Bisher sei die Entscheidung für den Ebay-Hund die richtige gewesen, sagt die Halterin. Fiete habe sich wunderbar eingelebt und bereite allen viel Freude. Wie groß er allerdings wird und wie er am Ende aussieht, das weiß die Familie nicht. „Wir haben ja auch eine Wundertüte eingekauft“, sagt Tina Hanf. Aber Pläne hat sie schon mit ihm. Fiete soll zum Therapiehund ausgebildet werden. Hanf möchte ihn künftig bei ihrer Arbeit als Familienberaterin und Elterncoach einsetzen. Und eine weitere Anmerkung ist ihr zudem wichtig: Nur weil der Kleine ein Mischling ist, war es kein günstiger Hund. 600 Euro hat er gekostet, darin enthalten waren die Nahrung der ersten Wochen und eine Impfung.
Aus dem Ausland – der Labrador-Mischling Benni
Der Labrador-Mischling von Familie Erbut stammt aus Zypern und ist auf einem eher ungewöhnlichen Weg zu ihnen gekommen. „Benni ist sozusagen zweimal nach Hamburg gekommen“, sagt Julia Erbut. Der Hund lebte zunächst als Welpe in einem Hotel auf der Mittelmeerinsel. Hier entdeckte eine Hamburger Familie den Kleinen mit seinen Geschwistern und seiner Mama vor rund sieben Jahren in einem Urlaub. Sie verliebten sich in den Hund, so berichtet Erbut heute. Und entschieden: Benni muss unbedingt mit uns nach Deutschland kommen.
Mit Hilfe einer Tierschutzorganisation holten sie das Tier mit zweieinhalb Monaten in die Hansestadt, wie es viele Hundebesitzer machen, die Tieren in Not helfen wollen. „Doch dort lebte bereits ein Hund. Und weil die Eltern noch ein sehr kleines Kind hatten, stand schnell fest, dass die Zeit fehlte, um sich ausreichend um das neue Familienmitglied zu kümmern.“ Genau in diesem Moment traten sie und ihr Mann auf den Plan – allerdings durch einen Zufall.
Die fröhliche Frau aus Klein Borstel traf Benni nämlich eines Tages beim Spazierengehen mit einer Hundesitterin im Park. Genau zu dem Zeitpunkt, als sie und ihr Mann auf der Suche nach einem Hund waren. „Und Benni hat mich sofort angesprochen, denn er war etwas kleiner als ein klassischer Labrador“, sagt sie. Also habe sie die junge Frau angesprochen und ausführlich über den Hund ausgefragt. Die Antwort war dann so überraschend wie passend: „Das ist Benni, und er sucht ein neues Zuhause.“ Erbut tauschte sofort Telefonnummern aus.
Wenige Tage später besuchten sie und ihr Mann die Familie. „Wir haben Benni einen Tag zur Probe mitgenommen. Wir wollten sehen, ob wir uns verstehen“, so Erbut. Das taten sie. Und eine Woche später zog Benni endgültig bei den beiden ein. Das Paar erstattete der Familie die Kosten für die ersten Impfungen und die Überführung aus Zypern.
Erbut und ihr Mann sind bis heute dankbar, dass ihnen Benni auf diesem ungewöhnlichen Weg begegnet ist. „Aber uns war von Anfang an klar, dass wir da auch eine kleine Wundertüte bekommen“, sagt sie. Einerseits sei der Hund total lieb und geduldig, pflegeleicht und zugewandt. Andererseits sehr zurückhaltend, wenn er auf andere Hunde treffe. Und allein sein mag er bis heute auch nicht.
Erbut weist darauf hin, dass Benni kein klassischer Auslandshund ist. „Normalerweise vermitteln spezielle Organisationen ein Tier aus dem Ausland. Oftmals werden die Hunde, um sie schnell aus größter Not zu retten, erst einmal in Pflegefamilien gegeben, bevor sie dann an ihre endgültige Familie vermittelt werden.“
Mira – die Hündin aus dem Abendblatt und dem Tierheim
Solange sie denken können, haben Gabriele Ewert und ihre Eltern Hunde in ihrem Mehrgenerationenhaus in Harburg gehabt. Als allerdings der letzte im November vergangenen Jahres starb, beschloss die Familie klar: Nun ist Schluss. Doch bereits nach wenigen Wochen war es allen im Haus viel zu still. „Also haben wir gemeinsam überlegt, dass wohl doch wieder ein Hund her muss“, sagt Gabriele Ewert.
Aber es habe sich keine Gelegenheit ergeben, ein Tier zu retten. „In den Jahren zuvor hatten wir immer Hunde übernommen, deren Besitzer sie nicht mehr behalten konnten oder wollten.“ Ewerts Mutter, eine Abendblatt-Leserin, hatte zunächst bewusst jeden Mittwoch die Zeitungsseite überblättert, auf der Bilder mit Tieren aus dem Tierheim veröffentlich werden, die ein neues Zuhause suchen. Nur am 4. Juli nicht: An diesem Tag war die Hündin Mira im Abendblatt abgebildet. „Meine Mutter hat Mira gesehen, und es war um sie geschehen“, sagt Gabriele Ewert. Zwei Tage lang habe sie dieses Gefühl mit sich herumgetragen. Bis am Freitag das Abendblatt vom Mittwoch noch einmal im Briefkasten steckte, ein Versehen. „Das ist noch nie passiert“, sagt Ewert. „Deshalb hat meine Mutter es als Zeichen gewertet, uns von dem Hund erzählt und gesagt: Ruft im Tierheim an!“
Auch Ewert selbst hatte das Bild berührt. Deshalb fuhr die 53-Jährige mit ihrem Lebensgefährten in die Süderstraße, um mehr über das Tier zu erfahren. Die Hündin stammt aus Rumänien und wurde dort vor dem Tod gerettet. Einige Wochen zuvor war sie nach Hamburg gekommen. Auf etwa sechs Jahre schätzten die Ärzte sie. „Wir hatten ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin“, sagt Ewert. „Die wollte wissen, wie Marianna, wie die Hündin damals hieß, bei uns leben würde. Und wie unsere Erfahrungen mit Tieren sind.“ Richtig abgeklopft wurden sie, sagt Ewert. Zu Recht, wie sie findet. Danach habe man ihnen den Hund gebracht, für ein erstes Kennenlernen. Doch ein Treffen habe dem Tierheim nicht gereicht. „Wir mussten mit allen Familienmitgliedern wiederkommen, damit jeder sie kennenlernen konnte.“ Erst beim vierten Besuch hätten sie den Hund mitnehmen dürfen.
Aus Marianna wurde Mira. Und schnell ein festes Familienmitglied. „Die geben wir nie wieder her, das war uns schnell klar.“ Dennoch möchte Ewert darauf hinweisen, wie viel Arbeit und Geduld ein Tier mit einer ungewissen Vorgeschichte bedarf. Spazierengehen an der Leine kannte Mira nicht. Scheu ist sie und braucht viel Ruhe. „Als habe sie in den Jahren zuvor nie welche gehabt.“ Dennoch, die Hündin sei gut angekommen. Liebe den Garten und habe zunehmend Spaß an Ausflügen. „Mira ist ein toller Hund, der perfekt zu unserer Familie passt. “