Hamburg. Seine Papiere sind da: Der in Fuhlsbüttel einsitzende Marokkaner wird sofort abgeschoben. Verurteilung wegen Anschlägen von 2001.

Mounir el Motassadeq, der in Hamburg einsitzende Terrorhelfer vom 11. September 2001, könnte am Montag aus der Haft entlassen und dann sofort in sein Heimatland abgeschoben werden. Nach Informationen des Abendblatts trafen Ende vergangener Woche die benötigten Passersatzpapiere aus Marokko bei der Ausländerbehörde ein. Der wegen Beihilfe zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zu 15 Jahren Haft verurteilte Marokkaner sitzt in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel. Er hat seine Strafe fast vollständig verbüßt; seine reguläre Haftzeit würde im November enden. Den genauen Termin wollten die Behörden nicht nennen.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums hatte betont, dass Abschiebungen dieser Art immer in enger Abstimmung zwischen Länder- und Bundesbehörden geplant würden. Rückführungen nach Marokko seien etwas komplizierter, weil das nordafrikanische Land grundsätzlich keine Charterflüge bei Abschiebungen zulasse. Zuletzt hatte es Probleme bei der Beschaffung der Passersatzpapiere gegeben, doch die sind nun da.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass der verurteilte Terrorhelfer „frühestens vom 15. Oktober an“ und „ausschließlich zum Zwecke des Vollzugs seiner Abschiebung aus der Haft entlassen“ werden könne. Nach Informationen des Abendblatts wollen die Hamburger Behörden keine Zeit verstreichen lassen, bevor sie Motassadeq in seine Heimat abschieben.

Motassadeq gehörte zur Hamburger Terrorzelle

Mit der Haftentlassung des 44-Jährigen geht ein Kapitel der Aufarbeitung Hamburger Beteiligung an den Terroranschlägen vom 11. September zu Ende. Motassadeq war der Erste, der wegen der Anschläge verurteilt wurde. Er war Mitglied der sogenannten Hamburger Zelle um den Todespiloten Mohammed Atta, der eines der Flugzeuge in das New Yorker World Trade Center steuert hatte. Der Hamburger Gruppe gehörten noch zwei weitere der insgesamt vier Terrorpiloten und neben Motassadeq noch mindestens fünf Unterstützer an.

Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) sprach den damals 33-Jährigen im Jahr 2007 unter anderem wegen Beihilfe zum Mord an den 246 Passagieren der beteiligten Flugzeuge sowie Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig. Nach Überzeugung des zuständigen Senats hatte Motassadeq gewusst, dass die Gruppe um Mohammed Atta Anschläge mit Passagierjets geplant habe.

Zuvor hatte es bereits in derselben Sache zwei Verfahren gegeben, deren Urteile jeweils vom Bundesgerichtshof aufgehoben wurden. 2004, nach seiner vorübergehenden Freilassung, wohnte Motassadeq wieder in Harburg nur ein paar Schritte von der Wohnung in der Marienstraße entfernt, in der die Terrorzelle die Anschlage vorbereitet hatte. Fahnder des Bundeskriminalamts hatten sich gegenüber in der ehemaligen Feuerwache einquartiert, um seine Wohnung zu beobachten.

Einreiseverbot gilt bis 2064

Der 44-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. In der Haft soll er sich unauffällig, ruhig und höflich verhalten haben. Trotzdem gilt er aus Sicht der Behörden weiterhin als Gefährder, der noch immer sehr beeinflussbar und nicht von seiner „islamistisch-dschihadistischen Einstellung“ abgerückt sei.

Dass Motassadeq überhaupt einige Wochen früher als zu seinem offiziellen Strafende aus der Haft kommen könnte, wenn er sofort in sein Heimatland abgeschoben wird, hat die Bundesanwaltschaft entschieden – und gleichzeitig einen Haftbefehl erlassen für den Fall, dass er je in die Bundesrepublik zurückkehren wolle. „Sollte er einen Fuß über die Grenze setzen, haben wir einen Haftbefehl, laut dem er noch vier oder fünf Wochen ins Gefängnis müsste“, sagte Frauke Köhler, Sprecherin der Bundesanwaltschaft, dem Abendblatt.

Dies würde den Behörden Zeit verschaffen zu entscheiden, welche Maßnahmen zu ergreifen wären. „Wir gehen da auf Nummer sicher“, so die Oberstaatsanwältin. Motassadeq hat ein Einreise- und Aufenthaltsverbot bis zum 3. April 2064. An dem Tag würde er 90 Jahre alt.