Hamburg. Käufer sollten möglichst keine Vorkasse bei Autokauf leisten. Gehälter der Mitarbeiter gesichert. Gespräche mit Investoren laufen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg rät Kunden des insolventen Hamburger VW-Händlers Willy Tiedtke zur Vorsicht beim Kauf eines neuen Autos. "Wer dort ein Fahrzeug bestellt, sollte möglichst erst dann zahlen, wenn er den Fahrzeugbrief in den Händen hält", sagte Insolvenzexpertin Kerstin Föller dem Abendblatt. Jeder, der Vorkasse leiste, laufe Gefahr, dass das gezahlte Geld in die Insolvenzmasse falle und möglicherweise nicht mehr zurückgezahlt werde. Dies sei grundsätzlich bei Insolvenzverfahren von Unternehmen der Fall.

Das bereits 1935 gegründete Autohaus Tiedtke hatte am Dienstag beim Amtsgericht Hamburg einen Insolvenzantrag stellen müssen. Dieser Schritt sei erforderlich geworden, „nachdem trotz intensiven Bemühens in den vergangenen Monaten die weitere Finanzierung der Gesellschaft nicht mehr gesichert werden konnte“, teilte das Unternehmen mit. Rund 360 Mitarbeiter an sechs Standorten sind von der Insolvenz in Eigenverwaltung betroffen.

Individuelle Lösungen für Kunden

"Der Geschäftsbetrieb von Willy Tiedtke läuft derzeit uneingeschränkt weiter", betonte der Sanierungsexperte Gerrit Hölzle gegenüber dem Abendblatt. Der Rechtsanwalt ist vom Gericht zusammen mit seinem Kollegen Thorsten Bieg neben dem Chef Alexander Tiedtke in die Geschäftsführung berufen worden, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.

"Alle Kunden, die Fragen zu ihren Fahrzeugen oder zur Gewährleistung haben, wenden sich am besten an die Berater in den Hamburger Autohäusern", so Hölzle. "Wir versuchen dann, für jeden Einzelfall eine Lösung zu finden." Konkrete Einzelfragen könnten Kunden auch an die Email-Adresse willytiedtke@goerg.de richten.

Bleiben Arbeitsplätze und Standorte erhalten?

Die Gehälter der 360 Beschäftigten des Autohauses seien zunächst einmal bis Ende des Jahres gesichert, sagte Hölzle. Ob alle Arbeitsplätze und Standorte dauerhaft erhalten werden könnten, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Es gebe derzeit Gespräche mit möglichen Investoren, die an einem Erwerb des Unternehmens interessiert seien. "Diese Gespräche hatte die Geschäftsführung schon vor dem Insolvenzantrag begonnen, sie werden jetzt weitergeführt." Namen nannte der Rechtsanwalt nicht.

Hölzle hat bereits einige Erfahrung mit der Rettung von angeschlagenen Autohändlern in Deutschland. So gelang es ihm nach eigenen Angaben, die Standorte des insolventen Händlers Max Moritz in Nordrhein-Westfalen zu erhalten – allerdings nur, indem sie an verschiedene Investoren veräußert wurden.

Welche Rolle spielt der Dieselskandal?

Bei der Frage, wie es zu der massiven Schieflage bei Willy Tiedtke kommen konnte, stehen die Sanierungsexperten noch ganz am Anfang. Er könne zwar nicht ausschließen, dass der VW-Dieselskandal mit den aktuellen Problemen zu tun habe, sagte Hölzle. Dies als Hauptgrund zu bezeichnen, sei aber sicher nicht richtig. "Die Ursachen werden wir erst in den kommenden Wochen ermitteln."

Nach Einschätzung von Insidern haben die Hamburger – wie viele andere Händler auch – Probleme mit dem aktuellen Rückkaufswert von Diesel-Leasingfahrzeugen bekommen. In der Regel müssen die Autohäuser die Wagen nach Vertragsende zu festgelegten Preisen zurücknehmen. Preise, die am Gebrauchtmarkt für Diesel derzeit nicht mehr zu erzielen sind. Auf den Verlusten bleiben die Händler dann sitzen.